Die Lithiumreihe verstehen: Fall 2

Von Mahesh Gandhi

Abkürzungen: MG: Mahesh Gandhi; P: Patient; HG: Handgeste. Die Fälle sind aus Gründen der Lesbarkeit gekürzt.

Fall 2

In diesem Fallbeispiel geht es um eine 19-jährige junge Frau mit Epilepsie und Panikattacken, die mit Antiepileptika undBarbituraten behandelt wird. Die Mutter, die ihre Tochter zum Termin begleitete, erzählte uns, dass ihre Tochter aufgrund ihrer Anfälle Angst davor hat, das Haus alleine zu verlassen. Zu Hause fühlt sie sich deutlich wohler und entspannter. Zuweilen machen sich im Vorfeld eines Anfalls Schwindel und Aura bemerkbar. Die Anfälle selbst werden meist durch helles Licht ausgelöst, wie z.B. beim Fernsehen oder vor dem Computer. Auch rotierende Ventilatoren oder die vorbeifahrende Landschaft in einem Zug können einen epileptischen Anfall auslösen. Sie fühlt sich dann schwindelig und beschreibt das Gefühl so, als würde der Boden unter ihren Füßen durch ein leichtes Erdbeben erschüttert.

Auch der bloße Anblick einer Menschenansammlung versetzt sie in eine Art Trance, in der ihre Wahrnehmung stark eingeschränkt ist. Die Mutter erzählte, dass der erste Anfall im Alter von 16 Jahren aufgetreten sei, der zweite folgte innerhalb von sechs Monaten. Während des zweiten Anfalls verdrehten sich die Augen und der Hals nach links und das Mädchen war 15 Minuten lang bewusstlos. Nach diesem Vorfall riet die Mutter ihrer Tochter, nicht mehr alleine aus dem Haus zu gehen, was sich die Tochter seither auch nicht mehr traut.

Aufgrund ihrer Konvulsionen hat die junge Frau große Angst vor dem Verreisen. Sie befürchtet, dass etwas passieren könnteund niemand da sei um ihr zu helfen. An dieser Stelle erzählte die Patientin spontan, dass sie Angst vor Menschenmengen habe und bei diesen ohnmächtig wird. Sie glaubt, von anderen beobachtet zu werden; dieser Gedanke macht ihr Angst. Sie fällt dann in einen Trance-ähnlichen Zustand, die Augen sind geöffnet, ihre visuelle Wahrnehmung ist aber stark eingeschränkt. Sie meidet also Menschenansammlungen, weil diese Situationen für sie sehr erdrückend sind.

Anschließend sprach die Patientin von ihren Prüfungen, auf die sie sich gründlich vorbereitet, aber dennoch das Gefühl hat, die Fragen nicht beantworten zu können. Sie sagt, dass sie am Unterricht nicht teilnehmen könne, weil es ihr wegen der Computerbildschirme schwindelig wird und das zu einer Trance führt, mit eingeschränkter visueller Wahrnehmung. Ihre Mutter ist eine große Hilfe für sie, gibt ihr Selbstvertrauen und baut sie auf. Andere haben kein Verständnis für ihre Beschwerden, auch der Vater und der Bruder nicht. Sie ist ausgesprochen hypochondrisch und fürchtet sich vor Krankheiten, die in ihren Körper eindringen könnten. Sie reagiert panisch auf Kleinigkeiten: z.B. hatte sie einmal Kopfschmerzen und wurde panisch, weil sie dachte an Lepra erkrankt zu sein und sterben zu müssen.

Zurzeit beschäftigt sie sich damit, was sie beruflich machen möchte und ist sehr unentschlossen. Sie glaubt, nicht normal zu sein und dass andere Leute sie für komisch halten, weil etwas mit ihr nicht stimme. Sie glaubt, dass die Leute sie für geistig behindert halten. Sie selbst hält sich für eine Außenseiterin, die von anderen sehr abhängig ist, z. B. von ihrer Mutter.

Sie träumt davon, viele Orte zu bereisen, kann das aber nicht alleine tun und ist auf die Begleitung ihrer Mutter angewiesen. Sie träumt auch von Gespenstern. Sie kann kein Blut sehen, der Anblick macht sie schwindelig und sie hat Angst, einen Unfall oder eine Beerdigung sehen zu müssen. Sie kann keine Horrorfilme anschauen, auch den Anblick eines Leichentuchs kann sie nicht ertragen. Sie hat große Angst vor Kakerlaken, Eidechsen und Hunden, die sie beißen könnten.

Das zentrale Thema in diesem Fall ist offensichtlich das Klammern und das Bedürfnis nach Halt (Mutter) und moralischer Unterstützung. Die Patientin fühlt sich einzig von ihrer Mutter verstanden. Auch äußert sie das Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimme, dass sie nicht in Ordnung sei, vielleicht geistig behindert. Ihre Krankheit hat ihr das Selbstwertgefühl genommen. Das ist die Sprache des Mineralreichs – die junge Frau empfindet sich nicht als unabhängig, sondern ist völlig auf ihre Mutter angewiesen.

Ihre Individualität wird zusätzlich von der Erfahrung geprägt, dass sie fallen wird, sobald sie alleine unterwegs ist; sie braucht ihre Mutter, an der sie sich festhalten kann. Wir registrieren also die Panik der Patientin, die schon aufgrund von Kleinigkeiten ausbricht und auch immer dann, wenn sie alleine ist. Hier geht es hauptsächlich um akute Situationen, in denen das Bedürfnis besteht, sich festzuhalten. Das ist die Essenz des vorliegenden Falles. Die Panik wird als Erdbeben empfunden, als wäre der Boden unter den Füßen nicht stabil. Diese Panik, die immer dann auftritt, wenn man alleine ist, ist ein charakteristisches Merkmal der Lithiumreihe [4].

Der zweite Aspekt des Falles ist Verwirrung. Die junge Frau weiß nicht, welchen Weg sie im Leben einschlagen soll. Verwirrung ist ein wichtiges Thema der Mittel, die in Spalte 3 des Periodensystems angesiedelt sind (Alumina, Scandium, Yttrium – diese Patienten sind verwirrt und zweifeln viel). Ein weiterer Schlüsselaspekt ist die eingeschränkte visuelle Wahrnehmung, von der die Patientin wiederholt berichtet. Diese Empfindung steht symbolisch für die Situation im Mutterleib – man ist völlig eingeschlossen und muss plötzlich nach draußen. Man kennt die neue Umgebung aber noch nicht und versucht, an vertrauten Dingen festzuhalten. Das Mittel, bei dem dieser Aspekt besonders stark ausgeprägt ist – sich in Momenten der Panik festzuklammern, als würde der Boden unter den Füßen weggezogen, gekoppelt mit Verwirrung und eingeschränkter Wahrnehmung - steht in Reihe 2 des Periodensystems und in Spalte 3: Bor. [5]

Verschreibung: Borium metallicum C200

Follow-up: Die Patientin reagierte sehr positiv auf das Mittel. Die Angst, das Haus zu verlassen, verschwand vollständig. Sie empfindet sich nicht länger als abnormal. Die epileptischen Anfälle und Trance-ähnlichen Zustände hörten auf. Sie muss keine Medikamente mehr einnehmen. Ihre Eltern finden, dass es ihr zu 100% besser geht.

Die Fälle wurden von SnehaVyas und Devang Shah bearbeitet und zusammengestellt.

Quellen:

4 – Rajan Sankaran, Structure, Volume 1, Row 2

5 - Rajan Sankaran, Structure, Volume 1, Row 2, Boron

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Fotos: Shutterstock
Green two-way sign;iQoncept
Single soap bubble; PanicAttack

Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Angststörung, Panikattacken, Schizophrenie, Trauma, Katastrophe, Konvulsionen, Verwirrung, Hysterie, Lithiumreihe, Ersticken, Trennung.

Mittel: Borium metallicum, Calcium nitricum, Lithium muriaticum, Nitrogenium, Oxygenium

Originalartikel: Interhomeopathy.org

Die Lithiumreihe verstehen: Fall 2

Von Mahesh Gandhi

Abkürzungen: MG: Mahesh Gandhi; P: Patient; HG: Handgeste. Die Fälle sind aus Gründen der Lesbarkeit gekürzt.

Fall 2

In diesem Fallbeispiel geht es um eine 19-jährige junge Frau mit Epilepsie und Panikattacken, die mit Antiepileptika undBarbituraten behandelt wird. Die Mutter, die ihre Tochter zum Termin begleitete, erzählte uns, dass ihre Tochter aufgrund ihrer Anfälle Angst davor hat, das Haus alleine zu verlassen. Zu Hause fühlt sie sich deutlich wohler und entspannter. Zuweilen machen sich im Vorfeld eines Anfalls Schwindel und Aura bemerkbar. Die Anfälle selbst werden meist durch helles Licht ausgelöst, wie z.B. beim Fernsehen oder vor dem Computer. Auch rotierende Ventilatoren oder die vorbeifahrende Landschaft in einem Zug können einen epileptischen Anfall auslösen. Sie fühlt sich dann schwindelig und beschreibt das Gefühl so, als würde der Boden unter ihren Füßen durch ein leichtes Erdbeben erschüttert.

Auch der bloße Anblick einer Menschenansammlung versetzt sie in eine Art Trance, in der ihre Wahrnehmung stark eingeschränkt ist. Die Mutter erzählte, dass der erste Anfall im Alter von 16 Jahren aufgetreten sei, der zweite folgte innerhalb von sechs Monaten. Während des zweiten Anfalls verdrehten sich die Augen und der Hals nach links und das Mädchen war 15 Minuten lang bewusstlos. Nach diesem Vorfall riet die Mutter ihrer Tochter, nicht mehr alleine aus dem Haus zu gehen, was sich die Tochter seither auch nicht mehr traut.

Aufgrund ihrer Konvulsionen hat die junge Frau große Angst vor dem Verreisen. Sie befürchtet, dass etwas passieren könnteund niemand da sei um ihr zu helfen. An dieser Stelle erzählte die Patientin spontan, dass sie Angst vor Menschenmengen habe und bei diesen ohnmächtig wird. Sie glaubt, von anderen beobachtet zu werden; dieser Gedanke macht ihr Angst. Sie fällt dann in einen Trance-ähnlichen Zustand, die Augen sind geöffnet, ihre visuelle Wahrnehmung ist aber stark eingeschränkt. Sie meidet also Menschenansammlungen, weil diese Situationen für sie sehr erdrückend sind.

Anschließend sprach die Patientin von ihren Prüfungen, auf die sie sich gründlich vorbereitet, aber dennoch das Gefühl hat, die Fragen nicht beantworten zu können. Sie sagt, dass sie am Unterricht nicht teilnehmen könne, weil es ihr wegen der Computerbildschirme schwindelig wird und das zu einer Trance führt, mit eingeschränkter visueller Wahrnehmung. Ihre Mutter ist eine große Hilfe für sie, gibt ihr Selbstvertrauen und baut sie auf. Andere haben kein Verständnis für ihre Beschwerden, auch der Vater und der Bruder nicht. Sie ist ausgesprochen hypochondrisch und fürchtet sich vor Krankheiten, die in ihren Körper eindringen könnten. Sie reagiert panisch auf Kleinigkeiten: z.B. hatte sie einmal Kopfschmerzen und wurde panisch, weil sie dachte an Lepra erkrankt zu sein und sterben zu müssen.

Zurzeit beschäftigt sie sich damit, was sie beruflich machen möchte und ist sehr unentschlossen. Sie glaubt, nicht normal zu sein und dass andere Leute sie für komisch halten, weil etwas mit ihr nicht stimme. Sie glaubt, dass die Leute sie für geistig behindert halten. Sie selbst hält sich für eine Außenseiterin, die von anderen sehr abhängig ist, z. B. von ihrer Mutter.

Sie träumt davon, viele Orte zu bereisen, kann das aber nicht alleine tun und ist auf die Begleitung ihrer Mutter angewiesen. Sie träumt auch von Gespenstern. Sie kann kein Blut sehen, der Anblick macht sie schwindelig und sie hat Angst, einen Unfall oder eine Beerdigung sehen zu müssen. Sie kann keine Horrorfilme anschauen, auch den Anblick eines Leichentuchs kann sie nicht ertragen. Sie hat große Angst vor Kakerlaken, Eidechsen und Hunden, die sie beißen könnten.

Das zentrale Thema in diesem Fall ist offensichtlich das Klammern und das Bedürfnis nach Halt (Mutter) und moralischer Unterstützung. Die Patientin fühlt sich einzig von ihrer Mutter verstanden. Auch äußert sie das Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimme, dass sie nicht in Ordnung sei, vielleicht geistig behindert. Ihre Krankheit hat ihr das Selbstwertgefühl genommen. Das ist die Sprache des Mineralreichs – die junge Frau empfindet sich nicht als unabhängig, sondern ist völlig auf ihre Mutter angewiesen.

Ihre Individualität wird zusätzlich von der Erfahrung geprägt, dass sie fallen wird, sobald sie alleine unterwegs ist; sie braucht ihre Mutter, an der sie sich festhalten kann. Wir registrieren also die Panik der Patientin, die schon aufgrund von Kleinigkeiten ausbricht und auch immer dann, wenn sie alleine ist. Hier geht es hauptsächlich um akute Situationen, in denen das Bedürfnis besteht, sich festzuhalten. Das ist die Essenz des vorliegenden Falles. Die Panik wird als Erdbeben empfunden, als wäre der Boden unter den Füßen nicht stabil. Diese Panik, die immer dann auftritt, wenn man alleine ist, ist ein charakteristisches Merkmal der Lithiumreihe [4].

Der zweite Aspekt des Falles ist Verwirrung. Die junge Frau weiß nicht, welchen Weg sie im Leben einschlagen soll. Verwirrung ist ein wichtiges Thema der Mittel, die in Spalte 3 des Periodensystems angesiedelt sind (Alumina, Scandium, Yttrium – diese Patienten sind verwirrt und zweifeln viel). Ein weiterer Schlüsselaspekt ist die eingeschränkte visuelle Wahrnehmung, von der die Patientin wiederholt berichtet. Diese Empfindung steht symbolisch für die Situation im Mutterleib – man ist völlig eingeschlossen und muss plötzlich nach draußen. Man kennt die neue Umgebung aber noch nicht und versucht, an vertrauten Dingen festzuhalten. Das Mittel, bei dem dieser Aspekt besonders stark ausgeprägt ist – sich in Momenten der Panik festzuklammern, als würde der Boden unter den Füßen weggezogen, gekoppelt mit Verwirrung und eingeschränkter Wahrnehmung - steht in Reihe 2 des Periodensystems und in Spalte 3: Bor. [5]

Verschreibung: Borium metallicum C200

Follow-up: Die Patientin reagierte sehr positiv auf das Mittel. Die Angst, das Haus zu verlassen, verschwand vollständig. Sie empfindet sich nicht länger als abnormal. Die epileptischen Anfälle und Trance-ähnlichen Zustände hörten auf. Sie muss keine Medikamente mehr einnehmen. Ihre Eltern finden, dass es ihr zu 100% besser geht.

Die Fälle wurden von SnehaVyas und Devang Shah bearbeitet und zusammengestellt.

Quellen:

4 – Rajan Sankaran, Structure, Volume 1, Row 2

5 - Rajan Sankaran, Structure, Volume 1, Row 2, Boron

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Fotos: Shutterstock
Green two-way sign;iQoncept
Single soap bubble; PanicAttack

Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Angststörung, Panikattacken, Schizophrenie, Trauma, Katastrophe, Konvulsionen, Verwirrung, Hysterie, Lithiumreihe, Ersticken, Trennung.

Mittel: Borium metallicum, Calcium nitricum, Lithium muriaticum, Nitrogenium, Oxygenium

Originalartikel: Interhomeopathy.org



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