Hypericum hilft … auch Jahre später noch!

Von Kelly Callahan

E.B. ist eine schmale, dunkelhaarige Frau mit großen, braunen Augen, die aus dem eckigen Gesicht hervorstechen. Sie ist sehr humorvoll, schnell und bodenständig. Ich bin ihr schon öfters im Büro begegnet, außerdem treffen sich unsere Wege ab und zu in einem gemeinsamen Freundeskreis. Sie ist eine Stimmungskanone und ihre Freundinnen können sich oft vor Lachen kaum mehr halten.

In der Erstanamnese spricht sie zuallererst über ihr Temperament, sie kann aufbrausend und hitzig sein und äußert den Wunsch, die Dinge etwas langsamer anzugehen. „Es fällt mir schwer, mich zu fokussieren. Ich kann meinen Rhythmus nicht finden und weiß nicht so recht, was als nächstes kommt.“ Sie sagt, dass sich dies vor allem auf ihre Beziehungen auswirkt und auf die Menschen, die ihr nahe sind. „Es fällt mir schwer, um Hilfe zu bitten. Wenn ich am Ertrinken wäre, würde ich es vielleicht schaffen, aber ich würde die Tatsache hassen, dass sie mir einen Rettungsring zuwerfen müssen. Es fällt mir schwer, zuzugeben, dass ich etwas nicht alleine schaffe. Ich habe gerne alles unter Kontrolle. Für mich ist es eine Herausforderung, darüber nachzudenken.“

„Ich tobe und schimpfe dann, bin sauer und wütend. Oft gelingt es mir dann zu sagen: „OK, ich habe Stress“, aber der Schaden ist schon angerichtet. Innerlich fühle ich mich heiß, es sprudelt aus mir heraus und dann merke ich, dass das nicht das ist, was ich brauche. Wenn ich die Zeit finde, allein zu sein oder spazieren zu gehen, dann kann ich das mit mir selbst ausmachen. Aber ich finde nicht immer einen Ausweg. Einen Raum finden, Platz zum Atmen, oder was auch immer.“

E.B. wuchs im Mittleren Westen Amerikas mit einer Schwester und zwei Halbschwestern auf. Die beiden Halbschwestern sind zehn und zwölf Jahre älter als sie und E.s Mutter war erst 21 als sie Stiefmutter wurde. E.B. sagt, ihre Mutter sei noch nicht bereit gewesen für ihre Rolle und sie kann sich nicht an eine ruhige, liebevolle und fürsorgliche Mutter erinnern.

„Ich stehe ihnen (den Schwester) schon nahe, aber eher auf oberflächliche Art… sie sind ganz anders als ich. Sie konsumieren, haben schicke Häuser. Ich wollte das nicht. Ich habe keine Unterstützung oder Ermutigung für einen anderen Weg erfahren.“

„Als ich 18 war, hatte ich einen Autounfall. Es war schlimm, an vieles kann ich mich nicht erinnern (sie fängt an zu weinen). Es ist hart manchmal. Ich glaube nicht, dass ich überhaupt alles weiß, sondern nur Bruchstücke. Manchmal kann ich mich an Ausschnitte erinnern, aber klar sehen kann ich es nicht. Das ist eine Nachwirkung… ich bin nach hinten aus dem Auto geflogen, es hat sich mehrmals überschlagen. Ich hatte mir den Kiefer gebrochen, die Schultern und die Rippen. Meine Lunge kollabierte, mein Becken war an vier verschiedenen Stellen gebrochen und mein Steißbein war zerquetscht. Eine Kopfverletzung hatte ich auch. Eine Schwellung, ich musste aber nicht operiert werden. Ich war drei oder vier Tage lang im künstlichen Koma. Keine inneren Verletzungen außer der kollabierten Lunge. Ich hatte Glück. Den Großteil meines letzten Jahres an der Schule habe ich verpasst, aber meine Noten waren gut genug. Meinen Schulabschluss habe ich trotzdem geschafft. Ich ging dann zwei Jahre auf das College. Im ersten Jahr war ich von den Schmerzmitteln abhängig. Meine Mama kam dann und hat mir geholfen von den Schmerztabletten loszukommen. Es war ein langer Weg, es dauerte Jahre.“

„Seitdem habe ich keine Schmerzmittel mehr genommen. Ich leide unter chronischen Rückenschmerzen. Manchmal schmerzt es so sehr, dass ich kaum aus dem Bett komme. Es ist sehr schmerzempfindlich. Die Geburt war sehr schmerzhaft. Seitdem habe ich nichts genommen. Ich komme mit Arnica und Ibuprofen klar… ich habe große Angst. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Medikamente nehmen würde, aber das war eine schlimme Zeit in meinem Leben. Es hat mir Angst gemacht, wie bei jedem anderen Junkie auch. Wenn du die Sucht einmal überwunden hast, dann ist es schrecklich daran zu denken, dass man diesen Weg noch einmal einschlagen könnte.“

Bei ihrer Mutter war vor kurzem Lungenkrebs diagnostiziert worden und sie weiß jetzt, dass ihre Mutter sterben wird. Sie erwähnt, dass ihre eigene Tochter alt genug ist, um sich erinnern zu können. Sie sagt: „aber ich habe keine Erinnerungen. Ich setze diese große, starke Fassade auf… das ist zwar nicht immer ehrlich, aber man muss ja irgendwie zurechtkommen. Es funktioniert für mich aber nicht. Ich will das nicht mehr machen.“

Als ich sie frage, ob sie schnell weint, antwortet sie: „Nie. Mit meiner Mutter und meinen Schwestern habe ich kein einziges Mal geweint. Ich werde wütend, das ist meine Krücke. Manchmal bin ich überwältigt und traurig: an diesen Tagen lasse ich das an meinem Mann, meinen Kindern und meiner Mutter aus. Ich kann nicht einfach sagen, dass ich ein wenig Zeit für mich brauche, dass ich einen schlechten Tag habe und einfach mal einen Spaziergang machen möchte. Nein, ich bin abends zur Schlafenszeit einfach schlecht gelaunt und mache allen das Leben schwer. Mein Mann hat viele Fehler, wie alle Menschen, aber er liebt mich und würde alles für mich tun. Er ist wie ein treuer Labrador. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft wir zusammen geweint haben. Ich wüsste zu gerne, welche Art der Unterstützung ich eigentlich von ihm brauche. Wissen, was ich brauche und nicht immer nur wissen, was ich nicht brauche. Dann könnte ich meine Energie dorthin lenken.“

In der Krankenanamnese berichtet E.B., dass sie als Kind rezidivierende Mittelohrentzündungen hatte und sehr oft Antibiotika nehmen musste. Sie war ständig krank. Trotz Impfung hatte sie Windpocken, Masern, Mumps und Röteln gehabt.

Vor dem Unfall war sie Leistungsturnerin gewesen und hatte sich im Sport zweimal das Handgelenk gebrochen (einmal rechts und einmal links), sowie den linken Ellbogen und das rechte Knie.

„Ich bin sehr wettbewerbsorientiert, ich will immer gewinnen und im Recht sein. Ich liebe es, mich körperlich zu spüren, viel zu schwitzen … ich muss Sport treiben, mich auspowern, sonst werde ich unruhig und nervös.“

Familiengeschichte: multiple Krebserkrankungen; aufgrund der Indikationen war es sehr verlockend, Carcinosinum zu verschreiben, aber die Erzählung ihres Unfalls war zu eindrücklich gewesen. So eindrücklich, dass sie während des Gesprächs in Tränen ausbrach. Tränen, die sie nach eigenen Angaben nie vergießt. Auch die chronischen Rückenschmerzen und der Alltag der Patientin als Mutter zweier kleiner Töchter – viel Heben und Tragen – ließen mich weiter denken.

Hypericum kam in der Repertorisation ganz weit oben, vor allem bei den körperlichen Symptomen. Es deckte viele ihrer Verletzungen in Folge des Autounfalls ab: gequetschtes Steißbein, Kopfverletzung und Gedächtnisverlust. Es wird auch in folgenden Rubriken aufgeführt:

GEMÜT: Ruhelosigkeit

GEMÜT: scharf, bissig, mit spitzer Zunge

GEMÜT: Aktivität, geistige, erhöht

GEMÜT: Spotten, Sarkasmus, beißender Spott

GEMÜT: Gedankenandrang, einstürmende Gedanken, Gedankenfluss

Ich war der Meinung, E.B.s Gefühl, „ich kann meinen Rhythmus nicht finden“ und alles herauszulassen, bevor sie sich die Zeit nimmt zu überdenken, was sie überhaupt braucht, waren gute Indikationen für Hypericum. Auch ihre Verletzungen und aktuellen Schmerzen passten gut. Ich war mir nicht sicher, ob ein Mittel, das normalerweise für akute Situationen eingesetzt wird, auch Verletzungen heilen würde, die mehr als 15 Jahre zurückliegen. Ich entschloss mich trotzdem an dieser Stelle anzusetzen.

Verschreibung: Hypericum LM1 täglich.

Die erste Verschreibung fand Mitte Juni statt.

Follow-ups

Juli: „Ich fühle mich gut. Ich hatte Urlaub und habe meine Familie in Michigan besucht. Ich habe auf einer Luftmatratze geschlafen und mich wunderbar gefühlt. Das ist sehr ungewöhnlich. Das lange Sitzen auf Reisen ist normalerweise für meinen Rücken nicht gut. Es war gut ich habe mich großartig gefühlt, ich war ganz präsent. Ein oder zwei Mal kamen die Emotionen hoch, aber ich musste sie nicht herunterschlucken; es kam alles einfach raus. Als ich dann wieder zu Hause war, hatten wir gleich einen Familienurlaub. Das war nicht so gut, es kam viel hoch. Ich habe aufgehört, das Mittel zu nehmen und erst wieder angefangen, als wir zu Hause waren. Vieles kommt hoch, aber ich kann besser damit umgehen. Das ist toll. Ich habe nicht mehr diese chronischen Schmerzen. Es hat geholfen … die Schmerzen in meiner Hüfte sind weg; ich habe diese schießenden Schmerzen nicht mehr.“

Ihre Antwort auf meine Frage, wie es um ihre innere Ruhelosigkeit steht:

„Das ist ein wenig besser geworden. Die letzten beiden Tage war viel los, ich habe viel zu tun. Mein Herz rast nicht mehr so wie damals, als ich nicht wusste, was ich als nächstes tun sollte. Ich kann jetzt einen Schritt nach dem anderen machen, es dreht sich nicht mehr alles im Kopf. Ich mache mir noch Sorgen, bin aber pragmatischer geworden. Emotional fühle ich mich stabil.“

September: „Vier Wochen lang habe ich das Mittel jeden Tag eingenommen. Ich bin pro Woche ca. 15 Kilometer gelaufen, manchmal auch 20. Ich fühle mich großartig. Ich hatte das Gefühl, mit dem Mittel ein Plateau erreicht zu haben. … Mit den Schmerzen kann ich immer noch zu 100% besser umgehen als vorher. Im Moment habe ich ein wenig PMS… aber das Gefühl, morgens nicht mehr aufstehen zu wollen und abends mit Schmerzen ins Bett zu gehen – das habe ich nicht mehr. Ich habe es (das Mittel) immer gerne dabei. Meine Unruhe und Eile sind viel weniger geworden. Ich genieße es, morgens die Zeit für mich zu haben…. Ich bin nicht mehr so unausgeglichen. Ich habe beim Joggen jetzt keine Kopfhörer mehr auf; das ist therapeutisch. Vorher hatte ich Gedächtnislücken, habe Dinge vergessen. Das habe ich nicht mehr so oft. Ich trinke auch nicht mehr so viel Kaffee. Das Mittel hat mir geholfen, das zu tun, was ich tun musste. Ich habe gelernt, dass ich nicht noch mehr Energie brauche.

Seitdem nimmt sie Hypericum LM2. Es geht ihr immer noch gut.

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Foto: Wikimedia commons; Hypericum perforatum; RA Nonenmacher

Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Wut, Temperament, Unfall, Verletzungen, Gedächtnisverlust, Rückenschmerzen, Knochenbrüche, Verletzung, Sucht.

Mittel: Hypericum.

Originalartikel: Interhomeopathy.org

Hypericum hilft … auch Jahre später noch!

Von Kelly Callahan

E.B. ist eine schmale, dunkelhaarige Frau mit großen, braunen Augen, die aus dem eckigen Gesicht hervorstechen. Sie ist sehr humorvoll, schnell und bodenständig. Ich bin ihr schon öfters im Büro begegnet, außerdem treffen sich unsere Wege ab und zu in einem gemeinsamen Freundeskreis. Sie ist eine Stimmungskanone und ihre Freundinnen können sich oft vor Lachen kaum mehr halten.

In der Erstanamnese spricht sie zuallererst über ihr Temperament, sie kann aufbrausend und hitzig sein und äußert den Wunsch, die Dinge etwas langsamer anzugehen. „Es fällt mir schwer, mich zu fokussieren. Ich kann meinen Rhythmus nicht finden und weiß nicht so recht, was als nächstes kommt.“ Sie sagt, dass sich dies vor allem auf ihre Beziehungen auswirkt und auf die Menschen, die ihr nahe sind. „Es fällt mir schwer, um Hilfe zu bitten. Wenn ich am Ertrinken wäre, würde ich es vielleicht schaffen, aber ich würde die Tatsache hassen, dass sie mir einen Rettungsring zuwerfen müssen. Es fällt mir schwer, zuzugeben, dass ich etwas nicht alleine schaffe. Ich habe gerne alles unter Kontrolle. Für mich ist es eine Herausforderung, darüber nachzudenken.“

„Ich tobe und schimpfe dann, bin sauer und wütend. Oft gelingt es mir dann zu sagen: „OK, ich habe Stress“, aber der Schaden ist schon angerichtet. Innerlich fühle ich mich heiß, es sprudelt aus mir heraus und dann merke ich, dass das nicht das ist, was ich brauche. Wenn ich die Zeit finde, allein zu sein oder spazieren zu gehen, dann kann ich das mit mir selbst ausmachen. Aber ich finde nicht immer einen Ausweg. Einen Raum finden, Platz zum Atmen, oder was auch immer.“

E.B. wuchs im Mittleren Westen Amerikas mit einer Schwester und zwei Halbschwestern auf. Die beiden Halbschwestern sind zehn und zwölf Jahre älter als sie und E.s Mutter war erst 21 als sie Stiefmutter wurde. E.B. sagt, ihre Mutter sei noch nicht bereit gewesen für ihre Rolle und sie kann sich nicht an eine ruhige, liebevolle und fürsorgliche Mutter erinnern.

„Ich stehe ihnen (den Schwester) schon nahe, aber eher auf oberflächliche Art… sie sind ganz anders als ich. Sie konsumieren, haben schicke Häuser. Ich wollte das nicht. Ich habe keine Unterstützung oder Ermutigung für einen anderen Weg erfahren.“

„Als ich 18 war, hatte ich einen Autounfall. Es war schlimm, an vieles kann ich mich nicht erinnern (sie fängt an zu weinen). Es ist hart manchmal. Ich glaube nicht, dass ich überhaupt alles weiß, sondern nur Bruchstücke. Manchmal kann ich mich an Ausschnitte erinnern, aber klar sehen kann ich es nicht. Das ist eine Nachwirkung… ich bin nach hinten aus dem Auto geflogen, es hat sich mehrmals überschlagen. Ich hatte mir den Kiefer gebrochen, die Schultern und die Rippen. Meine Lunge kollabierte, mein Becken war an vier verschiedenen Stellen gebrochen und mein Steißbein war zerquetscht. Eine Kopfverletzung hatte ich auch. Eine Schwellung, ich musste aber nicht operiert werden. Ich war drei oder vier Tage lang im künstlichen Koma. Keine inneren Verletzungen außer der kollabierten Lunge. Ich hatte Glück. Den Großteil meines letzten Jahres an der Schule habe ich verpasst, aber meine Noten waren gut genug. Meinen Schulabschluss habe ich trotzdem geschafft. Ich ging dann zwei Jahre auf das College. Im ersten Jahr war ich von den Schmerzmitteln abhängig. Meine Mama kam dann und hat mir geholfen von den Schmerztabletten loszukommen. Es war ein langer Weg, es dauerte Jahre.“

„Seitdem habe ich keine Schmerzmittel mehr genommen. Ich leide unter chronischen Rückenschmerzen. Manchmal schmerzt es so sehr, dass ich kaum aus dem Bett komme. Es ist sehr schmerzempfindlich. Die Geburt war sehr schmerzhaft. Seitdem habe ich nichts genommen. Ich komme mit Arnica und Ibuprofen klar… ich habe große Angst. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Medikamente nehmen würde, aber das war eine schlimme Zeit in meinem Leben. Es hat mir Angst gemacht, wie bei jedem anderen Junkie auch. Wenn du die Sucht einmal überwunden hast, dann ist es schrecklich daran zu denken, dass man diesen Weg noch einmal einschlagen könnte.“

Bei ihrer Mutter war vor kurzem Lungenkrebs diagnostiziert worden und sie weiß jetzt, dass ihre Mutter sterben wird. Sie erwähnt, dass ihre eigene Tochter alt genug ist, um sich erinnern zu können. Sie sagt: „aber ich habe keine Erinnerungen. Ich setze diese große, starke Fassade auf… das ist zwar nicht immer ehrlich, aber man muss ja irgendwie zurechtkommen. Es funktioniert für mich aber nicht. Ich will das nicht mehr machen.“

Als ich sie frage, ob sie schnell weint, antwortet sie: „Nie. Mit meiner Mutter und meinen Schwestern habe ich kein einziges Mal geweint. Ich werde wütend, das ist meine Krücke. Manchmal bin ich überwältigt und traurig: an diesen Tagen lasse ich das an meinem Mann, meinen Kindern und meiner Mutter aus. Ich kann nicht einfach sagen, dass ich ein wenig Zeit für mich brauche, dass ich einen schlechten Tag habe und einfach mal einen Spaziergang machen möchte. Nein, ich bin abends zur Schlafenszeit einfach schlecht gelaunt und mache allen das Leben schwer. Mein Mann hat viele Fehler, wie alle Menschen, aber er liebt mich und würde alles für mich tun. Er ist wie ein treuer Labrador. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft wir zusammen geweint haben. Ich wüsste zu gerne, welche Art der Unterstützung ich eigentlich von ihm brauche. Wissen, was ich brauche und nicht immer nur wissen, was ich nicht brauche. Dann könnte ich meine Energie dorthin lenken.“

In der Krankenanamnese berichtet E.B., dass sie als Kind rezidivierende Mittelohrentzündungen hatte und sehr oft Antibiotika nehmen musste. Sie war ständig krank. Trotz Impfung hatte sie Windpocken, Masern, Mumps und Röteln gehabt.

Vor dem Unfall war sie Leistungsturnerin gewesen und hatte sich im Sport zweimal das Handgelenk gebrochen (einmal rechts und einmal links), sowie den linken Ellbogen und das rechte Knie.

„Ich bin sehr wettbewerbsorientiert, ich will immer gewinnen und im Recht sein. Ich liebe es, mich körperlich zu spüren, viel zu schwitzen … ich muss Sport treiben, mich auspowern, sonst werde ich unruhig und nervös.“

Familiengeschichte: multiple Krebserkrankungen; aufgrund der Indikationen war es sehr verlockend, Carcinosinum zu verschreiben, aber die Erzählung ihres Unfalls war zu eindrücklich gewesen. So eindrücklich, dass sie während des Gesprächs in Tränen ausbrach. Tränen, die sie nach eigenen Angaben nie vergießt. Auch die chronischen Rückenschmerzen und der Alltag der Patientin als Mutter zweier kleiner Töchter – viel Heben und Tragen – ließen mich weiter denken.

Hypericum kam in der Repertorisation ganz weit oben, vor allem bei den körperlichen Symptomen. Es deckte viele ihrer Verletzungen in Folge des Autounfalls ab: gequetschtes Steißbein, Kopfverletzung und Gedächtnisverlust. Es wird auch in folgenden Rubriken aufgeführt:

GEMÜT: Ruhelosigkeit

GEMÜT: scharf, bissig, mit spitzer Zunge

GEMÜT: Aktivität, geistige, erhöht

GEMÜT: Spotten, Sarkasmus, beißender Spott

GEMÜT: Gedankenandrang, einstürmende Gedanken, Gedankenfluss

Ich war der Meinung, E.B.s Gefühl, „ich kann meinen Rhythmus nicht finden“ und alles herauszulassen, bevor sie sich die Zeit nimmt zu überdenken, was sie überhaupt braucht, waren gute Indikationen für Hypericum. Auch ihre Verletzungen und aktuellen Schmerzen passten gut. Ich war mir nicht sicher, ob ein Mittel, das normalerweise für akute Situationen eingesetzt wird, auch Verletzungen heilen würde, die mehr als 15 Jahre zurückliegen. Ich entschloss mich trotzdem an dieser Stelle anzusetzen.

Verschreibung: Hypericum LM1 täglich.

Die erste Verschreibung fand Mitte Juni statt.

Follow-ups

Juli: „Ich fühle mich gut. Ich hatte Urlaub und habe meine Familie in Michigan besucht. Ich habe auf einer Luftmatratze geschlafen und mich wunderbar gefühlt. Das ist sehr ungewöhnlich. Das lange Sitzen auf Reisen ist normalerweise für meinen Rücken nicht gut. Es war gut ich habe mich großartig gefühlt, ich war ganz präsent. Ein oder zwei Mal kamen die Emotionen hoch, aber ich musste sie nicht herunterschlucken; es kam alles einfach raus. Als ich dann wieder zu Hause war, hatten wir gleich einen Familienurlaub. Das war nicht so gut, es kam viel hoch. Ich habe aufgehört, das Mittel zu nehmen und erst wieder angefangen, als wir zu Hause waren. Vieles kommt hoch, aber ich kann besser damit umgehen. Das ist toll. Ich habe nicht mehr diese chronischen Schmerzen. Es hat geholfen … die Schmerzen in meiner Hüfte sind weg; ich habe diese schießenden Schmerzen nicht mehr.“

Ihre Antwort auf meine Frage, wie es um ihre innere Ruhelosigkeit steht:

„Das ist ein wenig besser geworden. Die letzten beiden Tage war viel los, ich habe viel zu tun. Mein Herz rast nicht mehr so wie damals, als ich nicht wusste, was ich als nächstes tun sollte. Ich kann jetzt einen Schritt nach dem anderen machen, es dreht sich nicht mehr alles im Kopf. Ich mache mir noch Sorgen, bin aber pragmatischer geworden. Emotional fühle ich mich stabil.“

September: „Vier Wochen lang habe ich das Mittel jeden Tag eingenommen. Ich bin pro Woche ca. 15 Kilometer gelaufen, manchmal auch 20. Ich fühle mich großartig. Ich hatte das Gefühl, mit dem Mittel ein Plateau erreicht zu haben. … Mit den Schmerzen kann ich immer noch zu 100% besser umgehen als vorher. Im Moment habe ich ein wenig PMS… aber das Gefühl, morgens nicht mehr aufstehen zu wollen und abends mit Schmerzen ins Bett zu gehen – das habe ich nicht mehr. Ich habe es (das Mittel) immer gerne dabei. Meine Unruhe und Eile sind viel weniger geworden. Ich genieße es, morgens die Zeit für mich zu haben…. Ich bin nicht mehr so unausgeglichen. Ich habe beim Joggen jetzt keine Kopfhörer mehr auf; das ist therapeutisch. Vorher hatte ich Gedächtnislücken, habe Dinge vergessen. Das habe ich nicht mehr so oft. Ich trinke auch nicht mehr so viel Kaffee. Das Mittel hat mir geholfen, das zu tun, was ich tun musste. Ich habe gelernt, dass ich nicht noch mehr Energie brauche.

Seitdem nimmt sie Hypericum LM2. Es geht ihr immer noch gut.

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Foto: Wikimedia commons; Hypericum perforatum; RA Nonenmacher

Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Wut, Temperament, Unfall, Verletzungen, Gedächtnisverlust, Rückenschmerzen, Knochenbrüche, Verletzung, Sucht.

Mittel: Hypericum.

Originalartikel: Interhomeopathy.org



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