Lac maternum – süße, liebliche Muttermilch

Von Kees Dam

Der elfjährige Kevin kommt am 16. Januar 2001 zur Behandlung. Kurz zuvor wurde bei ihm ein Typ-1-Diabetes diagnostiziert. Er muss jetzt morgens 13 Insulineinheiten nehmen und sieben Einheiten am Abend. Seine Blutzuckerwerte misst er sieben Mal am Tag.

Zehn Tage vorher hatte er extremen Durst entwickelt, viel Gewicht verloren und musste nachts zum Wasser lassen auf die Toilette. Im Dezember 2000 hatten er und sein Bruder eine Grippeerkrankung mit hohem Fieber, Kopfschmerzen usw. gehabt. Sie waren insgesamt zehn Tage krank. Kevin hatte Magenschmerzen morgens beim Erwachen, Übelkeit und wollte nicht frühstücken. Einmal musste er sich nachts übergeben. Er hatte Stress in der Schule, weil seine Lehrerin, die er sehr mochte, krankgeschrieben wurde und er mit der neuen Lehrerin nicht gut klar kam. Er hatte Mitleid mit seiner alten Lehrerin und fragte seine Mutter immer und immer wieder, wann sie denn zurückkommen würde. Außerdem war er sehr wütend darüber, dass seine Lehrerin nun nicht mehr da war und war nicht mehr zu bändigen. Die neue Lehrerin beschimpfte er als Miss Piggy.

Wenn man ihm etwas verweigert, was er haben möchte, macht er Dinge kaputt, wirft mit Stühlen und benutzt Fäkalsprache.

Andererseits kann er sehr liebevoll und zärtlich sein, ein kleiner Engel.

(Homöopathische) Biografie

Kevin habe ich zum ersten Mal im Alter von zwölf Monaten behandelt. Er litt unter rezidivierenden Erkältungen und Bronchitiden mit Husten. Er war ein sehr braves Baby, liebte es zu kuscheln und wurde sechs Monate gestillt. Seine erste Bronchitis hatte er im Alter von sieben Wochen. Später hat er dann seine Trinkflasche und sich selbst auf den Boden geworfen, wenn sie leer war und wurde wütend. Das gleiche spielt sich ab, wenn er aus der Badewanne musste.

Er hat blondes, lockiges Haar, seine Sklera schimmert bläulich und in der ersten nachthälfte schläft er mit den Knien an die Brust herangezogen. Kevin kann nie genug zu essen bekommen und wird wütend wenn er Hunger hat. Er trinkt jeden Tag einen halben Liter Milch. Schlimmer zwischen 23 und 24 Uhr (Unruhe, Husten).

Schwangerschaft/Geburt

Die Mutter hatte während der Schwangerschaft eine Abneigung gegen Kaffee (deutet auf eine Kuhmilchallergie hin).

Die Geburt selbst war unproblematisch, aber zwei Stunden danach bekam die Mutter heftige Unterleibsschmerzen, verlor viel Blut und einen rasenden Puls. Es folgten viele Monate der Schwäche, Unwohlsein und chronischer Anämie, die nicht auf herkömmliche Behandlungen ansprach. Die Mutter hatte öfter ein schlechtes Gewissen, weil sie sich nicht so um ihr Baby kümmern konnte, wie sie das gerne getan hätte. Eine Gabe Ferrum metallicum brachte eine drastische Besserung.

1994 kommt Kevin wieder zur Behandlung. Er hat keine Atemwegsbeschwerden oder Otitiden mehr, aber ganz plötzlich hat er eine Sehschwäche bekommen: Weitsichtigkeit links 4+ und rechts 2+. Im Monat zuvor waren auch die Wutanfälle wieder da gewesen (wie damals als Kleinkind). Er ist wieder wütend, wirft mit Dingen, lässt sich nicht anfassen. Plötzlich ist dann aber auch alles wieder vorbei. Er hat Probleme mit dem Essen, er hat nie genug Zeit dafür, das Essen bleibt stehen bis es kalt wird und er bleibt nicht am Tisch sitzen. Er sagt, dass er das Essen nicht mag, kommt dann aber später wieder und isst mit Genuss. Das, was ihm an einem Tag schmeckt, lehnt er am anderen Tag ab. Er ist generell sehr launisch.

Die Wutausbrüche machen ihm kein schlechtes Gewissen: Er schaut einfach weg, man kommt nicht an ihn ran. Ein Beispiel: Er spielt mit seinem Bruder, der Bruder stellt sich im Spiel tot. Kevin springt mit voller Wucht auf ihn drauf und der Bruder hat geprellte Rippen. Kevins einzige Reaktion darauf war die Frage „Wann gibt’s Essen?“ und fängt an, genüsslich zu essen.

Über die Schule erzählt er nichts, wenn man ihn danach fragt, antwortet er mit: „Hab ich vergessen“. Das macht er vor allem dann gerne, wenn er in einen Vorfall in der Schule involviert war. Einmal hat er ein anderes Kind gebissen. Später sagte er, er sei so wütend gewesen, dass er nicht mehr wusste, was er tat.

Er hat Angst vor der Dunkelheit, träumt von Hexen, die ihn verfolgen und möchte nicht allein schlafen. Er nässt nachts noch ein. Er ist Linkshänder, recht gut in der Schule, aber auch ziemlich hyperaktiv.

Im Kindergarten hat er geweint, wenn die Mutter gegangen ist (drei Monate lang) und beim Wechsel in die weiterführende Schule war es genauso.

In den letzten paar Wochen konnte die Mutter nicht zur Arbeit gehen, weil er sich vor sie wirft, die Tür zuhält und sie nicht gehen lässt. Er singt gerne und viel und spielt öfter den Familienclown. Wenn er Eis ist tut ihm der Rücken weh.

Wieder bekommt er Tuberculinum und wieder reagiert er sehr gut darauf.

Sechs Jahre später kommt er nun wegen einer Diabeteserkrankung.

Analyse

Als ich Kevin 1990 im Alter von zwölf Monaten zum ersten Mal sah, gab ich ihm ein Mittel, welches damals noch nicht gut geprüft war, geschweige denn häufig verordnet wurde. Mittlerweile ist eines der am besten geprüften Mittel.

Das Mittel, welches ich Kevin zu diesem Zeitpunkt gab, war Lac maternum. Aus folgenden Gründen:

  • Seine Reaktion als Baby in Bezug auf Essen: er bekam nie genug und hatte Wutausbrüche, wenn die Flasche leer war (in unserer Arzneimittelprüfung gab es zahlreiche Träume von Essen).
  • Mögliche Bindungsstörung wegen der Krankheit der Mutter nach der Entbindung.
  • Beziehungsprobleme mit Mutterfiguren in der Schule.
  • Unempfindlichkeit/Hartherzigkeit
  • Diabetes, eine Krankheit, die mit Zucker/Essen zu tun hat. Alle Milchmittel sind wichtige Arzneien für diese Erkrankung.

Auch alle Milchprodukte wurden aus folgenden Gründen aus dem Speiseplan genommen:

  1. Wenn Lac maternum das richtige Mittel ist, besteht in jedem Fall eine Unverträglichkeit.
  2. Wenn wir uns die Rubrik für Diabetes ansehen, sind dort viele Milchderivate aufgeführt (Lac-ac, lac-c, lac-d, lac-v, Natrium lacticum), was möglicherweise bedeutet, dass es eine kausalen Zusammenhang zwischen Milch und Diabetes gibt.
  3. Die Mutter hatte während der Schwangerschaft eine Abneigung gegen Kaffee, was signifikant auf eine Kuhmilchallergie beim Kind hinweist.
  4. Ein kinesiologischer Test zeigte eine Unverträglichkeit gegen Kuhmilch.

Follow-up

12.03.01: Nach Lac maternum C200, Einzelgabe.

Einen Tag später konnte er seine Insulinmenge abends um eine Einheit reduzieren. Eine Woche später nahm er nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge (morgens und abends). Ab 07. Februar (also drei Wochen nach der ersten Gabe Lac maternum) musste er kein Insulin mehr spritzen. Er folgte weiter seinem individuellen Ernährungsplan und isst keine Kuhmilchprodukte.

Er hatte einen Albtraum, in dem Leute ihm befahlen, die Haustüre zu öffnen. Er sagte ihnen, sie könnten nicht reinkommen, weil seine Mutter nicht da sei und die Leute drohten damit, ihn umzubringen. Weitere Träume: von Fahrrädern und einem Schönheitswettbewerb, an dem er teilnimmt.

In der Schule gibt es keine Probleme mehr, obwohl seine Lehrerin nicht wieder kam. Seine Mutter berichtet, dass er sich in den letzten Wochen verändert hat und verständnisvoller geworden sei. Früher konnte er so hartherzig und gefühllos sein, wenn etwas nicht nach seinem Willen ging. Ein Beispiel: Noch vor wenigen Wochen wollte er unbedingt an einem Samstag zum Frisör gehen, die Mutter musste dort anrufen. Der Frisör hatte schon zu und Kevin wurde wütend und beschimpfte seine Mutter aufs Übelste, obwohl diese ihm schon zu Anfang der Woche einen Besuch beim Frisör vorgeschlagen hatte.

Jetzt geht es besser und man kann mit ihm reden. Es dauert zwar eine Weile, aber man kann ihm erklären, dass er andere Menschen verletzt, wenn er sie beschimpft. Wenn man zu ihm durchkommt, kann man förmlich sehen, wie er sich verändert, sich entspannt und dann Dinge sagt wie: „Ja, ich weiß. Es ist nicht deine Schuld, dass der Frisör schon zu hat.“

Er möchte immer, dass die ganze Familie zusammen ist. Wenn die Mutter arbeiten geht, fragt er, wann sie wieder kommt. Er mag es nicht, wenn seine Mutter weint, er selbst weint nie.

Seit kurzem fällt der Mutter auf, dass er Mitleid mit anderen empfindet (hat er vorher nie), mit hungernden Kindern im Fernsehen fühlt er mit (hatte er immer weggelacht). Zum Valentinstag hat er seinen Eltern ein wunderschönes Herz gebastelt auf dem „Ich habe euch sehr lieb“ stand (bisher noch nie passiert).

Er legt viel Wert auf sein Aussehen: Er steht oft vor dem Spiegel oder übt Tanzeinlagen vor einem Schaufenster. Es macht ihm nichts aus, dabei beobachtet zu werden.

Am 19. Februar hatte er einmalig einen erhöhten Zuckerwert gehabt (19, 4-7 ist normal), aber er war an diesem Tag erkältet und der wert pendelte sich von alleine wieder ein.

Verschreibung: Lac maternum 10M

Follow-up am 27.04.01

Sofort nach der Mittelgabe waren die Erkältungssymptome weg, der Blutzucker normalisierte sich und auch seinem Knie ging es besser. In der ersten Woche nach Einnahme des Mittels wurde er jeden Tag aus dem Klassenzimmer geschickt, weil die Lehrerin keinen Kontakt zu ihm aufnehmen konnte.

Traum: Er konnte wegen seiner Verletzung am Knie nicht mehr als Torwart spielen und sie wollten jemand anderes im Tor haben. (Mittlerweile will er lieber Mittelfeldspieler sein).

Traum: In einem Süßigkeitengeschäft verteilt ein Mann Bonbons. Kevin nimmt eines davon, ohne daran zu denken, dass er nichts Süßes essen darf. Er bemerkt es zu spät, aber das Bonbon schmeckt zu süß und zu sauer, er mag es gar nicht.

Traum: Kevins Bruder jagt zusammen mit der Mutter eines Freundes hinter Kevin und seiner Mutter her.

Zweimal hat er sich heftig mit seinem Bruder gestritten, voller Hass und mit viel Fluchen.

Am 18.04. hatte er ein Tennismatch und stritt sich mit seinem Gegner. Er wurde so wütend, dass er sich weigerte weiterzuspielen und war nicht mehr zugänglich. Mit viel Überredung spielte er schließlich weiter und verlor am Ende. Er verweigerte seinem Gegner den Handschlag. Am selben Nachmittag hatte er ein weiteres Match, das aber ganz anders verlief, mit seinem Gegner versteht er sich jetzt blendend, dieses Mal werden sogar Hände geschüttelt.

Seit diesem Tag ist er ein anderes Kind, liebevoll, zugewandt und verständnisvoll; andere Kinder gehen auf ihn zu und suchen den Kontakt zu ihm. Er ist sehr charmant mit ihnen. Gestern kamen sogar zwei Mädchen zu ihm nach Hause und fragten, ob er mit ihnen spielen wolle. Das war noch nie passiert.

Follow-up am 02.07.01

Der Jähzorn zeigt sich wieder ganz leicht – immer wenn sein Verhalten schwankt, liegt der Blutzucker bei über 7.

Verschreibung: Lac maternum 50M

Follow-up am 01.09.01

Alles in bester Ordnung.

Epilog

Für ein endgültiges Fazit ist die Beobachtungszeit für diesen Fall noch nicht ausreichend. Der behandelnde Kinderarzt beschreibt dieses Phänomen als normal. 5% aller Fälle mit Typ-1-Diabetes gehen nach kurzer Zeit in Remission. Laut Fachliteratur kann das innerhalb der ersten 22 Monate passieren. Der Kinderarzt hat Kevin und seine Eltern davor gewarnt, dass der Diabetes mit Sicherheit wieder kommt. Kevin glaubt fest daran, dass er geheilt ist, er fühlt sich jedenfalls so.

Diese anfängliche Zeitspanne kann ein guter Einstiegspunkt für eine homöopathische Behandlung sein. Im Allgemeinen werden wir nicht ernst genommen, wenn wir sagen, wir können einen Diabetes behandeln. Aber wenn es uns gelingt zu zeigen, dass wir eine Remission einleiten und möglicherweise verlängern können, bewegen wir uns in dem von unseren allopathischen Kollegen gesteckten Rahmen und haben vielleicht größere Chancen, ihr Interesse zu wecken.

Astrologische Daten und Jung

Kevins astrologische Merkmale bestätigen meiner Meinung nach die Mittelwahl: der Mond im Aszendent (zwölftes Haus) im Zeichen des Krebses.

Der Mond steht für die Mutter, für Gefühl, Nahrung, Empfänglichkeit, Fürsorge (Das ‚Muriaticum‘ in der Homöopathie). Der Mond im Aszendent bedeutet, dass der Mond der dominante Planet im Geburtshoroskop ist.

Im Sternzeichen Krebs sind die Mondeigenschaften (gut und schlecht) intensiviert, weil die Merkmale des Krebses denen des Mondes so ähnlich sind. Sie ziehen sich bei emotionalem Stress zurück (Selbstmitleid). Sie sind leicht zu beeinflussen und die Familie ist ihnen wichtig.

Seine Sonne steht im Zeichen Waage neben Mars und Mars im Mondquadrant, deshalb die Wutausbrüche

In Bezug auf die Elemente, steckt er im Feuer (Mars) und im Wasser (Mond, Krebs) fest.

Der vorherrschende archetypische Komplex liegt in diesem Fall bei der Mutter (Mond, Nahrung, Bindung, Hexe, Erkrankung in Bezug auf die Nahrung: Diabetes).

Gedanken zum ‚perfekten‘ Simillimum

Kriterien für das perfekte Simillimum:

  1. Es muss individuell sein.
  2. Es muss die tiefste Ebene der Erkrankung reflektieren.
  3. Es muss zur richtigen Zeit gegeben werden und in einer Form, die vom Organismus verarbeitet werden kann.

Das perfekte Simillimum ist für jeden erreichbar, wir sehen es jeden Tag und jede Nacht vor uns – es ist das Leben selbst. In jedem von uns nimmt das Leben eine einzigartige Form an, die exakt alles widerspiegelt (durch Projektion), was ungelöst in uns schlummert. Jeden Tag und in jeder Situation werden wir mit unseren Projektionen konfrontiert, auch nachts in unseren Träumen. Das Leben selbst ist unser einzigartiges und perfektes Simillimum, in Urtinktur sozusagen. Die Homöopathie hilft dann, wenn wir in der Erstverschlimmerung stecken bleiben.

********************************

Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Lac maternum, Typ-1-Diabetes

Mittel: Lac maternum.

Originalartikel: Interhomeopathy.org

Lac maternum – süße, liebliche Muttermilch

Von Kees Dam

Der elfjährige Kevin kommt am 16. Januar 2001 zur Behandlung. Kurz zuvor wurde bei ihm ein Typ-1-Diabetes diagnostiziert. Er muss jetzt morgens 13 Insulineinheiten nehmen und sieben Einheiten am Abend. Seine Blutzuckerwerte misst er sieben Mal am Tag.

Zehn Tage vorher hatte er extremen Durst entwickelt, viel Gewicht verloren und musste nachts zum Wasser lassen auf die Toilette. Im Dezember 2000 hatten er und sein Bruder eine Grippeerkrankung mit hohem Fieber, Kopfschmerzen usw. gehabt. Sie waren insgesamt zehn Tage krank. Kevin hatte Magenschmerzen morgens beim Erwachen, Übelkeit und wollte nicht frühstücken. Einmal musste er sich nachts übergeben. Er hatte Stress in der Schule, weil seine Lehrerin, die er sehr mochte, krankgeschrieben wurde und er mit der neuen Lehrerin nicht gut klar kam. Er hatte Mitleid mit seiner alten Lehrerin und fragte seine Mutter immer und immer wieder, wann sie denn zurückkommen würde. Außerdem war er sehr wütend darüber, dass seine Lehrerin nun nicht mehr da war und war nicht mehr zu bändigen. Die neue Lehrerin beschimpfte er als Miss Piggy.

Wenn man ihm etwas verweigert, was er haben möchte, macht er Dinge kaputt, wirft mit Stühlen und benutzt Fäkalsprache.

Andererseits kann er sehr liebevoll und zärtlich sein, ein kleiner Engel.

(Homöopathische) Biografie

Kevin habe ich zum ersten Mal im Alter von zwölf Monaten behandelt. Er litt unter rezidivierenden Erkältungen und Bronchitiden mit Husten. Er war ein sehr braves Baby, liebte es zu kuscheln und wurde sechs Monate gestillt. Seine erste Bronchitis hatte er im Alter von sieben Wochen. Später hat er dann seine Trinkflasche und sich selbst auf den Boden geworfen, wenn sie leer war und wurde wütend. Das gleiche spielt sich ab, wenn er aus der Badewanne musste.

Er hat blondes, lockiges Haar, seine Sklera schimmert bläulich und in der ersten nachthälfte schläft er mit den Knien an die Brust herangezogen. Kevin kann nie genug zu essen bekommen und wird wütend wenn er Hunger hat. Er trinkt jeden Tag einen halben Liter Milch. Schlimmer zwischen 23 und 24 Uhr (Unruhe, Husten).

Schwangerschaft/Geburt

Die Mutter hatte während der Schwangerschaft eine Abneigung gegen Kaffee (deutet auf eine Kuhmilchallergie hin).

Die Geburt selbst war unproblematisch, aber zwei Stunden danach bekam die Mutter heftige Unterleibsschmerzen, verlor viel Blut und einen rasenden Puls. Es folgten viele Monate der Schwäche, Unwohlsein und chronischer Anämie, die nicht auf herkömmliche Behandlungen ansprach. Die Mutter hatte öfter ein schlechtes Gewissen, weil sie sich nicht so um ihr Baby kümmern konnte, wie sie das gerne getan hätte. Eine Gabe Ferrum metallicum brachte eine drastische Besserung.

1994 kommt Kevin wieder zur Behandlung. Er hat keine Atemwegsbeschwerden oder Otitiden mehr, aber ganz plötzlich hat er eine Sehschwäche bekommen: Weitsichtigkeit links 4+ und rechts 2+. Im Monat zuvor waren auch die Wutanfälle wieder da gewesen (wie damals als Kleinkind). Er ist wieder wütend, wirft mit Dingen, lässt sich nicht anfassen. Plötzlich ist dann aber auch alles wieder vorbei. Er hat Probleme mit dem Essen, er hat nie genug Zeit dafür, das Essen bleibt stehen bis es kalt wird und er bleibt nicht am Tisch sitzen. Er sagt, dass er das Essen nicht mag, kommt dann aber später wieder und isst mit Genuss. Das, was ihm an einem Tag schmeckt, lehnt er am anderen Tag ab. Er ist generell sehr launisch.

Die Wutausbrüche machen ihm kein schlechtes Gewissen: Er schaut einfach weg, man kommt nicht an ihn ran. Ein Beispiel: Er spielt mit seinem Bruder, der Bruder stellt sich im Spiel tot. Kevin springt mit voller Wucht auf ihn drauf und der Bruder hat geprellte Rippen. Kevins einzige Reaktion darauf war die Frage „Wann gibt’s Essen?“ und fängt an, genüsslich zu essen.

Über die Schule erzählt er nichts, wenn man ihn danach fragt, antwortet er mit: „Hab ich vergessen“. Das macht er vor allem dann gerne, wenn er in einen Vorfall in der Schule involviert war. Einmal hat er ein anderes Kind gebissen. Später sagte er, er sei so wütend gewesen, dass er nicht mehr wusste, was er tat.

Er hat Angst vor der Dunkelheit, träumt von Hexen, die ihn verfolgen und möchte nicht allein schlafen. Er nässt nachts noch ein. Er ist Linkshänder, recht gut in der Schule, aber auch ziemlich hyperaktiv.

Im Kindergarten hat er geweint, wenn die Mutter gegangen ist (drei Monate lang) und beim Wechsel in die weiterführende Schule war es genauso.

In den letzten paar Wochen konnte die Mutter nicht zur Arbeit gehen, weil er sich vor sie wirft, die Tür zuhält und sie nicht gehen lässt. Er singt gerne und viel und spielt öfter den Familienclown. Wenn er Eis ist tut ihm der Rücken weh.

Wieder bekommt er Tuberculinum und wieder reagiert er sehr gut darauf.

Sechs Jahre später kommt er nun wegen einer Diabeteserkrankung.

Analyse

Als ich Kevin 1990 im Alter von zwölf Monaten zum ersten Mal sah, gab ich ihm ein Mittel, welches damals noch nicht gut geprüft war, geschweige denn häufig verordnet wurde. Mittlerweile ist eines der am besten geprüften Mittel.

Das Mittel, welches ich Kevin zu diesem Zeitpunkt gab, war Lac maternum. Aus folgenden Gründen:

  • Seine Reaktion als Baby in Bezug auf Essen: er bekam nie genug und hatte Wutausbrüche, wenn die Flasche leer war (in unserer Arzneimittelprüfung gab es zahlreiche Träume von Essen).
  • Mögliche Bindungsstörung wegen der Krankheit der Mutter nach der Entbindung.
  • Beziehungsprobleme mit Mutterfiguren in der Schule.
  • Unempfindlichkeit/Hartherzigkeit
  • Diabetes, eine Krankheit, die mit Zucker/Essen zu tun hat. Alle Milchmittel sind wichtige Arzneien für diese Erkrankung.

Auch alle Milchprodukte wurden aus folgenden Gründen aus dem Speiseplan genommen:

  1. Wenn Lac maternum das richtige Mittel ist, besteht in jedem Fall eine Unverträglichkeit.
  2. Wenn wir uns die Rubrik für Diabetes ansehen, sind dort viele Milchderivate aufgeführt (Lac-ac, lac-c, lac-d, lac-v, Natrium lacticum), was möglicherweise bedeutet, dass es eine kausalen Zusammenhang zwischen Milch und Diabetes gibt.
  3. Die Mutter hatte während der Schwangerschaft eine Abneigung gegen Kaffee, was signifikant auf eine Kuhmilchallergie beim Kind hinweist.
  4. Ein kinesiologischer Test zeigte eine Unverträglichkeit gegen Kuhmilch.

Follow-up

12.03.01: Nach Lac maternum C200, Einzelgabe.

Einen Tag später konnte er seine Insulinmenge abends um eine Einheit reduzieren. Eine Woche später nahm er nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge (morgens und abends). Ab 07. Februar (also drei Wochen nach der ersten Gabe Lac maternum) musste er kein Insulin mehr spritzen. Er folgte weiter seinem individuellen Ernährungsplan und isst keine Kuhmilchprodukte.

Er hatte einen Albtraum, in dem Leute ihm befahlen, die Haustüre zu öffnen. Er sagte ihnen, sie könnten nicht reinkommen, weil seine Mutter nicht da sei und die Leute drohten damit, ihn umzubringen. Weitere Träume: von Fahrrädern und einem Schönheitswettbewerb, an dem er teilnimmt.

In der Schule gibt es keine Probleme mehr, obwohl seine Lehrerin nicht wieder kam. Seine Mutter berichtet, dass er sich in den letzten Wochen verändert hat und verständnisvoller geworden sei. Früher konnte er so hartherzig und gefühllos sein, wenn etwas nicht nach seinem Willen ging. Ein Beispiel: Noch vor wenigen Wochen wollte er unbedingt an einem Samstag zum Frisör gehen, die Mutter musste dort anrufen. Der Frisör hatte schon zu und Kevin wurde wütend und beschimpfte seine Mutter aufs Übelste, obwohl diese ihm schon zu Anfang der Woche einen Besuch beim Frisör vorgeschlagen hatte.

Jetzt geht es besser und man kann mit ihm reden. Es dauert zwar eine Weile, aber man kann ihm erklären, dass er andere Menschen verletzt, wenn er sie beschimpft. Wenn man zu ihm durchkommt, kann man förmlich sehen, wie er sich verändert, sich entspannt und dann Dinge sagt wie: „Ja, ich weiß. Es ist nicht deine Schuld, dass der Frisör schon zu hat.“

Er möchte immer, dass die ganze Familie zusammen ist. Wenn die Mutter arbeiten geht, fragt er, wann sie wieder kommt. Er mag es nicht, wenn seine Mutter weint, er selbst weint nie.

Seit kurzem fällt der Mutter auf, dass er Mitleid mit anderen empfindet (hat er vorher nie), mit hungernden Kindern im Fernsehen fühlt er mit (hatte er immer weggelacht). Zum Valentinstag hat er seinen Eltern ein wunderschönes Herz gebastelt auf dem „Ich habe euch sehr lieb“ stand (bisher noch nie passiert).

Er legt viel Wert auf sein Aussehen: Er steht oft vor dem Spiegel oder übt Tanzeinlagen vor einem Schaufenster. Es macht ihm nichts aus, dabei beobachtet zu werden.

Am 19. Februar hatte er einmalig einen erhöhten Zuckerwert gehabt (19, 4-7 ist normal), aber er war an diesem Tag erkältet und der wert pendelte sich von alleine wieder ein.

Verschreibung: Lac maternum 10M

Follow-up am 27.04.01

Sofort nach der Mittelgabe waren die Erkältungssymptome weg, der Blutzucker normalisierte sich und auch seinem Knie ging es besser. In der ersten Woche nach Einnahme des Mittels wurde er jeden Tag aus dem Klassenzimmer geschickt, weil die Lehrerin keinen Kontakt zu ihm aufnehmen konnte.

Traum: Er konnte wegen seiner Verletzung am Knie nicht mehr als Torwart spielen und sie wollten jemand anderes im Tor haben. (Mittlerweile will er lieber Mittelfeldspieler sein).

Traum: In einem Süßigkeitengeschäft verteilt ein Mann Bonbons. Kevin nimmt eines davon, ohne daran zu denken, dass er nichts Süßes essen darf. Er bemerkt es zu spät, aber das Bonbon schmeckt zu süß und zu sauer, er mag es gar nicht.

Traum: Kevins Bruder jagt zusammen mit der Mutter eines Freundes hinter Kevin und seiner Mutter her.

Zweimal hat er sich heftig mit seinem Bruder gestritten, voller Hass und mit viel Fluchen.

Am 18.04. hatte er ein Tennismatch und stritt sich mit seinem Gegner. Er wurde so wütend, dass er sich weigerte weiterzuspielen und war nicht mehr zugänglich. Mit viel Überredung spielte er schließlich weiter und verlor am Ende. Er verweigerte seinem Gegner den Handschlag. Am selben Nachmittag hatte er ein weiteres Match, das aber ganz anders verlief, mit seinem Gegner versteht er sich jetzt blendend, dieses Mal werden sogar Hände geschüttelt.

Seit diesem Tag ist er ein anderes Kind, liebevoll, zugewandt und verständnisvoll; andere Kinder gehen auf ihn zu und suchen den Kontakt zu ihm. Er ist sehr charmant mit ihnen. Gestern kamen sogar zwei Mädchen zu ihm nach Hause und fragten, ob er mit ihnen spielen wolle. Das war noch nie passiert.

Follow-up am 02.07.01

Der Jähzorn zeigt sich wieder ganz leicht – immer wenn sein Verhalten schwankt, liegt der Blutzucker bei über 7.

Verschreibung: Lac maternum 50M

Follow-up am 01.09.01

Alles in bester Ordnung.

Epilog

Für ein endgültiges Fazit ist die Beobachtungszeit für diesen Fall noch nicht ausreichend. Der behandelnde Kinderarzt beschreibt dieses Phänomen als normal. 5% aller Fälle mit Typ-1-Diabetes gehen nach kurzer Zeit in Remission. Laut Fachliteratur kann das innerhalb der ersten 22 Monate passieren. Der Kinderarzt hat Kevin und seine Eltern davor gewarnt, dass der Diabetes mit Sicherheit wieder kommt. Kevin glaubt fest daran, dass er geheilt ist, er fühlt sich jedenfalls so.

Diese anfängliche Zeitspanne kann ein guter Einstiegspunkt für eine homöopathische Behandlung sein. Im Allgemeinen werden wir nicht ernst genommen, wenn wir sagen, wir können einen Diabetes behandeln. Aber wenn es uns gelingt zu zeigen, dass wir eine Remission einleiten und möglicherweise verlängern können, bewegen wir uns in dem von unseren allopathischen Kollegen gesteckten Rahmen und haben vielleicht größere Chancen, ihr Interesse zu wecken.

Astrologische Daten und Jung

Kevins astrologische Merkmale bestätigen meiner Meinung nach die Mittelwahl: der Mond im Aszendent (zwölftes Haus) im Zeichen des Krebses.

Der Mond steht für die Mutter, für Gefühl, Nahrung, Empfänglichkeit, Fürsorge (Das ‚Muriaticum‘ in der Homöopathie). Der Mond im Aszendent bedeutet, dass der Mond der dominante Planet im Geburtshoroskop ist.

Im Sternzeichen Krebs sind die Mondeigenschaften (gut und schlecht) intensiviert, weil die Merkmale des Krebses denen des Mondes so ähnlich sind. Sie ziehen sich bei emotionalem Stress zurück (Selbstmitleid). Sie sind leicht zu beeinflussen und die Familie ist ihnen wichtig.

Seine Sonne steht im Zeichen Waage neben Mars und Mars im Mondquadrant, deshalb die Wutausbrüche

In Bezug auf die Elemente, steckt er im Feuer (Mars) und im Wasser (Mond, Krebs) fest.

Der vorherrschende archetypische Komplex liegt in diesem Fall bei der Mutter (Mond, Nahrung, Bindung, Hexe, Erkrankung in Bezug auf die Nahrung: Diabetes).

Gedanken zum ‚perfekten‘ Simillimum

Kriterien für das perfekte Simillimum:

  1. Es muss individuell sein.
  2. Es muss die tiefste Ebene der Erkrankung reflektieren.
  3. Es muss zur richtigen Zeit gegeben werden und in einer Form, die vom Organismus verarbeitet werden kann.

Das perfekte Simillimum ist für jeden erreichbar, wir sehen es jeden Tag und jede Nacht vor uns – es ist das Leben selbst. In jedem von uns nimmt das Leben eine einzigartige Form an, die exakt alles widerspiegelt (durch Projektion), was ungelöst in uns schlummert. Jeden Tag und in jeder Situation werden wir mit unseren Projektionen konfrontiert, auch nachts in unseren Träumen. Das Leben selbst ist unser einzigartiges und perfektes Simillimum, in Urtinktur sozusagen. Die Homöopathie hilft dann, wenn wir in der Erstverschlimmerung stecken bleiben.

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Kategorie: Fälle

Schlüsselwörter: Lac maternum, Typ-1-Diabetes

Mittel: Lac maternum.

Originalartikel: Interhomeopathy.org



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