Sie hat mich in mein Zimmer eingesperrt und nicht mehr heraus gelassen: ein Fall von Falco peregrinus

von Willa Muir



Der 6-jährige Fred wird von seiner Mutter wegen seiner Wutausbrüche vorgestellt.

Erscheinungsbild: süßes Gesicht, braune Augen und Haare, rote Lippen, guter Blickkontakt, aber zappelig.

Fred (F) erzählt, dass er gerne in die Schule geht, lustige Bücher mag und viele Freunde hat. Manchmal mag er die Schule nicht: Es ist langweilig dort, sie dauert ziemlich lange und er muss still sitzen.

Mutter (M): Er ist sehr reizbar und fahrig. Er kann nicht stillsitzen und zappelt ständig auf seinem Stuhl herum. Fred ist ein aufgeweckter Schüler, kann schon fließend lesen und ist seinen Mitschülern in der Rechtschreibung weit voraus. Er ist ein liebenswürdiger, sensibler Junge; sieht er ein anderes Kind weinen, bricht er selbst in Tränen aus. Fehlt ein anderes Kind, bemerkt er es sofort. Er misst sich gerne mit anderen im Wettstreit und will immer gewinnen. Obwohl sein großer Bruder Harry vier Jahre älter ist, kann Fred genauso schnell rennen wie er. Bis vor kurzem gingen die beiden gemeinsam zum Reiten. Beim Galoppieren war Fred besser als sein Bruder, der deswegen sehr verstimmt war. Aus Rücksicht gab Fred das Reiten auf, er sagt, dass es ihm nichts ausmache, nicht mehr auf einem Pferd zu reiten.

F:
Reiten ist genauso toll wie rennen; galoppieren macht mir am meisten Spaß. Am liebsten mache ich Springreiten, das fühlt sich an, als würde man in einem Flugzeug fliegen. Ich mag Flugzeuge und fliegen.

M: Fred macht alles am liebsten mit seinem Bruder Harry, auch abends, wenn er ins Bett geht, hat er am liebsten seinen Bruder dabei. Die beiden teilen sich ein Zimmer. Fred ist immer traurig, wenn Harry nicht da ist und wird erst wieder fröhlich, wenn sein Bruder wieder zuhause ist. Er ist nicht besonders eifersüchtig, er hängt sehr an seinen Geschwistern. Er ist sehr selbstbewusst und kommt leicht mit anderen Menschen ins Gespräch. Allerdings ist er nicht gern alleine, er möchte immer jemanden um sich haben, er braucht die Nähe seiner Familie.

M (
zum Thema Disziplin): Fred hat Wutanfälle; wenn ich ihn früher um etwas gebeten habe, wurde er nach der dritten Aufforderung wütend, heute regt er sich sofort auf. Wenn er seinen Willen nicht durchsetzen kann und ich ihn deswegen in sein Zimmer schicke, verwandelt er sich in ein schreiendes Energiebündel. Er schmeißt Dinge um und weiß nicht mehr wirklich, was er tut. Fünf Minuten später ist alles wieder in Ordnung und es tut ihm leid.

Seine Mutter ist traurig, dass er so destruktiv ist und Sachen kaputt macht.

Fred erzählt, wie es ist, wenn er wütend wird: „Es fühlt sich nervös an; es kribbelt, als ob mich jemand kitzeln würde, wie mit einem Staubwedel aus Federn. Wenn ich richtig wütend bin, trägt Mama mich nach oben. Das macht mich verrückt. Ich kann wirklich nicht damit aufhören. Es fühlt sich an, als ob ich sterben würde. Was, wenn sie mich fallen lässt? Ich könnte mich verletzen. Ich habe keine Luft mehr bekommen; sie hat mich so fest angepackt. Sie hat mich in mein Zimmer gebracht und nicht mehr hinaus gelassen. Ich war sehr aufgeregt, ich habe gezittert. Ich habe Angst, dass sie das wieder macht. Wenn sie mich hochhebt, fühlt es sich an, als würde man mich zwicken, oder als würde mich eine Baggerschaufel packen; oder es fühlt sich an, als ob mich jemand in den Bauch geschlagen hat. Ich werde dann ganz zappelig.


Allgemein:
Warm; schwitzt leicht
Speisen: mag Pizza, Hamburger, Brathühnchen, Gewürze, Salami, Speck, Milch ++
Er ist sehr unordentlich.

(Tuberculinum?)

Gemüt
Hobbys: Spielt gerne Pool-Billard mit seinem Papa
Ängste: vor der Dunkelheit; vor einem lila-farbigen, schleimigen Monster, welches er im Fernsehen gesehen hat (er hat Angst, dass es ihn fressen könnte).
Fürchtet sich vor dem Schatten der Katze, die sich nachts in sein Zimmer schleicht und auf sein Bett springt.
Hatte auf dem Eiffelturm Höhenangst.
Hat Angst vor dem Alleinsein.

WM: Wovor hast du Angst, wenn niemand da ist?

Fred: Dass die Polizei kommt und mich holt. Ich will nicht, dass sie mich mitnehmen. Ich darf ja gar nicht alleine zuhause bleiben. Wenn ich alleine zuhause wäre, würde ich ins Gefängnis kommen.

WM:
Wie fühlt sich das an?

F: Traurig, dunkel und schrecklich; jemand hat mich einfach mitgenommen; sie würden mich in ein Gefängnis stecken – wie im Krieg - und einfach dort lassen.

WM:
Wie ist es im Gefängnis?

F: Es gibt viele Eisengitter und ein Vorhängeschloss, kein Licht. Ich hätte große Angst.

F: Einmal bin ich in einem Einkaufszentrum verlorengegangen. Ich habe dort fern geschaut und dann konnte ich meine Mama nicht mehr sehen, sie war weitergelaufen. Ich habe versucht, sie zu finden. Ich hatte große Angst, dass mich jemand in ein Geschäft sperren würde und ich nicht mehr weg kann.

M: Er liebt unsere Katze, ist aber immer traurig, wenn sie eine Maus, eine Ratte oder einen Vogel fängt.

Der Mutter wird erst klar, wie sehr sich ihr Sohn vor Bestrafung fürchtet, als er erzählt, wie sehr ihm das Eingesperrt-sein Angst macht. Einmal hatte sie ihn auf dem Fensterbrett stehend gefunden und sich Sorgen gemacht, dass er aus dem Fenster klettern würde.

Verschreibung: Falco peregrinus 1M.

Follow-ups

4 Wochen später: Fred geht es gut; er hat keine Wutanfälle mehr.

1 Jahr später:
M: Er ist ein richtiges Energiebündel; rennt herum und schubst dabei alles um, anschließend ist er völlig erschöpft.
Seit Fred einen gruseligen Film angeschaut hat, fürchtet er sich vor dunklen Monstern. Hat Albträume, er träumt, dass jemand kommt und ihn holt.

Beobachtung: Fred hat auffallend rote Lippen.
Er muss viel essen ++.

M:
Er ist ein guter Schauspieler und ein großartiger Schwimmer, er ist sogar im Schwimmverein. Er spielt sehr gerne Fußball. Er ist sehr anhänglich und verschmust und reagiert sehr sensibel auf die Gemütsverfassung seiner Geschwister – und auf meine. Er fühlt mit allen mit und ist traurig, wenn sie traurig sind.

Die Mutter erzählt, dass sie vier charakterstarke Kinder hat, aber Fred immer unbedingt der Anführer sein will. Er fängt nie Streit an, aber macht bei einer Prügelei auch schon mal gerne mit.
Seine Mutter bezeichnet ihn als ‚Tier‘; zuhause nennen sie ihn ‚Caveman – der aus der Höhle kam`.

Verschreibung: Falco peregrinus 1M

18 Monate später:

M: Es ging ihm absolut gut, aber jetzt hat er wieder Wutanfälle gehabt und sich über seine Geschwister geärgert. Er wird richtig wütend, schmeißt mit Sachen um sich und tritt die Tür ein, obwohl er nicht die Absicht hat, jemanden zu verletzen. Er ist sehr hitzköpfig.

Fred wird in der Schule gemobbt und sagt, dass ihm seine Mutter nicht glaubt, dass es so ist. Der Junge, der ihn mobbt, ist ziemlich gemein zu ihm, tut aber immer sehr freundlich, wenn seine Mutter dabei ist. Fred macht sich Sorgen um seine Familie. Er hat Angst, dass seine Mutter ins Krankenhaus gehen muss.
Er ist sehr explosiv in seiner Wut und weint viel. Er glaubt, dass seine Mutter die anderen Kinder lieber hat als ihn.
Es gab einen Vorfall, als Freds Mutter während eines Kinobesuchs eine Blutung erlitt und ins Krankenhaus musste. Dann musste auch noch die Großmutter ins Krankenhaus. Die Mutter pflegt die Großmutter zurzeit und ist deshalb viel unterwegs. Fred spürt, dass seine Mutter traurig ist und macht sich deshalb Sorgen.

Verschreibung: Falco peregrinus 1M.

Follow-up 2 Monate später:
M:
Er hatte eine leichte Erstverschlimmerung in den zwei Tagen nach der Einnahme des Mittels und dann wurde er ruhiger. Er ist nicht mehr so wütend, er ist wieder er selbst.


Analyse

Furcht vor dem Eingesperrt-sein
Das zentrale Thema von Falco peregrinus ist die große Furcht vor dem Eingesperrt-sein, gekoppelt mit einem großen Verlangen zu fliehen.
Auch in diesem Fallbeispiel war das Thema Eingesperrt-sein in Verbindung mit Angst und der verzweifelte Versuch, dem zu entkommen, deutlich zu sehen. Falco-p. fürchtet sich vor der Dunkelheit; interessant ist anzumerken, dass Falkner ihre Greifvögel mit Kappen abrichten (Dunkelheit/Einsperren).

Obwohl Fred das jüngste von vier Geschwistern ist, will er der Beste und der Anführer sein. Seine Gemütssymptome – Wutanfälle und Angst – werden durch seine Sorge um die Familie im Allgemeinen und durch die Angst um Mutter, Großmutter und Bruder im Besonderen ausgelöst.

Sorge um die Familie
Alle Vögel betreiben Brutpflege und sorgen sich um ihre Familie. Vogel-Patienten genießen die Freiheit der schnellen Bewegung – sie rennen gerne, reiten oder fahren Fahrrad. Im vorliegenden Fallbeispiel können wir das starke Mitgefühl des Jungen deutlich erkennen, der aus Rücksicht auf seinen Bruder auf den geliebten Reitsport verzichtet, obwohl er sich beim schnellen Galopp besonders wohl fühlt. Der Junge besitzt einen starken Willen, kann aber seine eigene Freiheit und Freude aus Rücksicht auf die Familie einschränken.

Er hat einen schnellen Stoffwechsel, auch das ist typisch für Patienten, die ein Vogelmittel brauchen.

Anmerkung der Redaktion: Willa Muir merkt an, dass sie sich in diesem Fallbeispiel intuitiv für ein Vogelmittel entschieden hat. Anhand der Fallanalyse können wir erkennen, dass sie sich außerdem einen Überblick über die Kernthemen verschaffte - also ähnlich wie die meisten Vogel-Patienten das zugrundeliegende Muster mithilfe eines konzeptionellen Denkvermögens erfasste.

Falco peregrinus

Zentrales Thema
Dominanz, Stolz, Demütigung.
Furcht vor dem Eingesperrt-sein, gefangen zu werden, Furcht vor Institutionalisierung.
Der Wunsch nach Freiheit äußert sich in der Form von Widerstand gegen die Dominanz eines anderen Menschen; Widerstand gegen Unterwerfung.
Missbrauch und Verlassenheit.
Schützt die Kinder und sorgt sich um die Familie – Angst um die Kinder und Verlangen, aus der Familie zu fliehen.
Wut über alles, was als Einengung empfunden wird. Kalt, hart, gleichgültig, gefühllos.
Willensstärke und Entschlossenheit, oder Mangel an Willensstärke, Machtlosigkeit.
Intensiv, stark und direkt.
Resignation, Lähmung, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit.
Fühlt sich einsam; ohne Familie, Unterstützung, ohne Arbeit.
Schreckliche Bilder von Erde und Wasser, von Verschmutzung; trostlose Landschaften.
Behindertes Kind.
Gibt die eigene Freiheit auf um Anerkennung zu bekommen. Gefällig, will anderen gefallen. Legt viel Wert auf die gute Meinung anderer Menschen. Möchte fehlerlos sein.

Geschwindigkeit

Sucht, Alkohol

Mythologie
Ein Bote aus einer anderen Welt, ein Fremder in der unseren. Den Indianern Nordamerikas zufolge ist der Falke ein Bote, der uns mit der Geisterwelt verbindet.
Die alten Ägypter glaubten, dass der Falke am Morgen die Sonne bringt und abends wieder wegzieht.

Quellen
Jonathan Shore ‚Vögel – Homöopathische Mittel aus dem Vigelreich‘
Peter Fraser ‚Vögel in der Homöopathie‘
Synthesis
Vermeulen ‚Konkordanz‘

**************************************
Foto: Shutterstock: Suzanne Tucker, shutterstock.com 143478901 Chris Hill

Kategorie: Fälle
Schlüsselwörter: Eingesperrt-sein, gefangen, eingeschlossen, fliehen, Freiheit, Geschwindigkeit, schnelle Bewegung, Mitgefühl, Geschwister, Sorge, Wut, Resignation
Mittel: Falco peregrinus

Sie hat mich in mein Zimmer eingesperrt und nicht mehr heraus gelassen: ein Fall von Falco peregrinus

von Willa Muir



Der 6-jährige Fred wird von seiner Mutter wegen seiner Wutausbrüche vorgestellt.

Erscheinungsbild: süßes Gesicht, braune Augen und Haare, rote Lippen, guter Blickkontakt, aber zappelig.

Fred (F) erzählt, dass er gerne in die Schule geht, lustige Bücher mag und viele Freunde hat. Manchmal mag er die Schule nicht: Es ist langweilig dort, sie dauert ziemlich lange und er muss still sitzen.

Mutter (M): Er ist sehr reizbar und fahrig. Er kann nicht stillsitzen und zappelt ständig auf seinem Stuhl herum. Fred ist ein aufgeweckter Schüler, kann schon fließend lesen und ist seinen Mitschülern in der Rechtschreibung weit voraus. Er ist ein liebenswürdiger, sensibler Junge; sieht er ein anderes Kind weinen, bricht er selbst in Tränen aus. Fehlt ein anderes Kind, bemerkt er es sofort. Er misst sich gerne mit anderen im Wettstreit und will immer gewinnen. Obwohl sein großer Bruder Harry vier Jahre älter ist, kann Fred genauso schnell rennen wie er. Bis vor kurzem gingen die beiden gemeinsam zum Reiten. Beim Galoppieren war Fred besser als sein Bruder, der deswegen sehr verstimmt war. Aus Rücksicht gab Fred das Reiten auf, er sagt, dass es ihm nichts ausmache, nicht mehr auf einem Pferd zu reiten.

F:
Reiten ist genauso toll wie rennen; galoppieren macht mir am meisten Spaß. Am liebsten mache ich Springreiten, das fühlt sich an, als würde man in einem Flugzeug fliegen. Ich mag Flugzeuge und fliegen.

M: Fred macht alles am liebsten mit seinem Bruder Harry, auch abends, wenn er ins Bett geht, hat er am liebsten seinen Bruder dabei. Die beiden teilen sich ein Zimmer. Fred ist immer traurig, wenn Harry nicht da ist und wird erst wieder fröhlich, wenn sein Bruder wieder zuhause ist. Er ist nicht besonders eifersüchtig, er hängt sehr an seinen Geschwistern. Er ist sehr selbstbewusst und kommt leicht mit anderen Menschen ins Gespräch. Allerdings ist er nicht gern alleine, er möchte immer jemanden um sich haben, er braucht die Nähe seiner Familie.

M (
zum Thema Disziplin): Fred hat Wutanfälle; wenn ich ihn früher um etwas gebeten habe, wurde er nach der dritten Aufforderung wütend, heute regt er sich sofort auf. Wenn er seinen Willen nicht durchsetzen kann und ich ihn deswegen in sein Zimmer schicke, verwandelt er sich in ein schreiendes Energiebündel. Er schmeißt Dinge um und weiß nicht mehr wirklich, was er tut. Fünf Minuten später ist alles wieder in Ordnung und es tut ihm leid.

Seine Mutter ist traurig, dass er so destruktiv ist und Sachen kaputt macht.

Fred erzählt, wie es ist, wenn er wütend wird: „Es fühlt sich nervös an; es kribbelt, als ob mich jemand kitzeln würde, wie mit einem Staubwedel aus Federn. Wenn ich richtig wütend bin, trägt Mama mich nach oben. Das macht mich verrückt. Ich kann wirklich nicht damit aufhören. Es fühlt sich an, als ob ich sterben würde. Was, wenn sie mich fallen lässt? Ich könnte mich verletzen. Ich habe keine Luft mehr bekommen; sie hat mich so fest angepackt. Sie hat mich in mein Zimmer gebracht und nicht mehr hinaus gelassen. Ich war sehr aufgeregt, ich habe gezittert. Ich habe Angst, dass sie das wieder macht. Wenn sie mich hochhebt, fühlt es sich an, als würde man mich zwicken, oder als würde mich eine Baggerschaufel packen; oder es fühlt sich an, als ob mich jemand in den Bauch geschlagen hat. Ich werde dann ganz zappelig.


Allgemein:
Warm; schwitzt leicht
Speisen: mag Pizza, Hamburger, Brathühnchen, Gewürze, Salami, Speck, Milch ++
Er ist sehr unordentlich.

(Tuberculinum?)

Gemüt
Hobbys: Spielt gerne Pool-Billard mit seinem Papa
Ängste: vor der Dunkelheit; vor einem lila-farbigen, schleimigen Monster, welches er im Fernsehen gesehen hat (er hat Angst, dass es ihn fressen könnte).
Fürchtet sich vor dem Schatten der Katze, die sich nachts in sein Zimmer schleicht und auf sein Bett springt.
Hatte auf dem Eiffelturm Höhenangst.
Hat Angst vor dem Alleinsein.

WM: Wovor hast du Angst, wenn niemand da ist?

Fred: Dass die Polizei kommt und mich holt. Ich will nicht, dass sie mich mitnehmen. Ich darf ja gar nicht alleine zuhause bleiben. Wenn ich alleine zuhause wäre, würde ich ins Gefängnis kommen.

WM:
Wie fühlt sich das an?

F: Traurig, dunkel und schrecklich; jemand hat mich einfach mitgenommen; sie würden mich in ein Gefängnis stecken – wie im Krieg - und einfach dort lassen.

WM:
Wie ist es im Gefängnis?

F: Es gibt viele Eisengitter und ein Vorhängeschloss, kein Licht. Ich hätte große Angst.

F: Einmal bin ich in einem Einkaufszentrum verlorengegangen. Ich habe dort fern geschaut und dann konnte ich meine Mama nicht mehr sehen, sie war weitergelaufen. Ich habe versucht, sie zu finden. Ich hatte große Angst, dass mich jemand in ein Geschäft sperren würde und ich nicht mehr weg kann.

M: Er liebt unsere Katze, ist aber immer traurig, wenn sie eine Maus, eine Ratte oder einen Vogel fängt.

Der Mutter wird erst klar, wie sehr sich ihr Sohn vor Bestrafung fürchtet, als er erzählt, wie sehr ihm das Eingesperrt-sein Angst macht. Einmal hatte sie ihn auf dem Fensterbrett stehend gefunden und sich Sorgen gemacht, dass er aus dem Fenster klettern würde.

Verschreibung: Falco peregrinus 1M.

Follow-ups

4 Wochen später: Fred geht es gut; er hat keine Wutanfälle mehr.

1 Jahr später:
M: Er ist ein richtiges Energiebündel; rennt herum und schubst dabei alles um, anschließend ist er völlig erschöpft.
Seit Fred einen gruseligen Film angeschaut hat, fürchtet er sich vor dunklen Monstern. Hat Albträume, er träumt, dass jemand kommt und ihn holt.

Beobachtung: Fred hat auffallend rote Lippen.
Er muss viel essen ++.

M:
Er ist ein guter Schauspieler und ein großartiger Schwimmer, er ist sogar im Schwimmverein. Er spielt sehr gerne Fußball. Er ist sehr anhänglich und verschmust und reagiert sehr sensibel auf die Gemütsverfassung seiner Geschwister – und auf meine. Er fühlt mit allen mit und ist traurig, wenn sie traurig sind.

Die Mutter erzählt, dass sie vier charakterstarke Kinder hat, aber Fred immer unbedingt der Anführer sein will. Er fängt nie Streit an, aber macht bei einer Prügelei auch schon mal gerne mit.
Seine Mutter bezeichnet ihn als ‚Tier‘; zuhause nennen sie ihn ‚Caveman – der aus der Höhle kam`.

Verschreibung: Falco peregrinus 1M

18 Monate später:

M: Es ging ihm absolut gut, aber jetzt hat er wieder Wutanfälle gehabt und sich über seine Geschwister geärgert. Er wird richtig wütend, schmeißt mit Sachen um sich und tritt die Tür ein, obwohl er nicht die Absicht hat, jemanden zu verletzen. Er ist sehr hitzköpfig.

Fred wird in der Schule gemobbt und sagt, dass ihm seine Mutter nicht glaubt, dass es so ist. Der Junge, der ihn mobbt, ist ziemlich gemein zu ihm, tut aber immer sehr freundlich, wenn seine Mutter dabei ist. Fred macht sich Sorgen um seine Familie. Er hat Angst, dass seine Mutter ins Krankenhaus gehen muss.
Er ist sehr explosiv in seiner Wut und weint viel. Er glaubt, dass seine Mutter die anderen Kinder lieber hat als ihn.
Es gab einen Vorfall, als Freds Mutter während eines Kinobesuchs eine Blutung erlitt und ins Krankenhaus musste. Dann musste auch noch die Großmutter ins Krankenhaus. Die Mutter pflegt die Großmutter zurzeit und ist deshalb viel unterwegs. Fred spürt, dass seine Mutter traurig ist und macht sich deshalb Sorgen.

Verschreibung: Falco peregrinus 1M.

Follow-up 2 Monate später:
M:
Er hatte eine leichte Erstverschlimmerung in den zwei Tagen nach der Einnahme des Mittels und dann wurde er ruhiger. Er ist nicht mehr so wütend, er ist wieder er selbst.


Analyse

Furcht vor dem Eingesperrt-sein
Das zentrale Thema von Falco peregrinus ist die große Furcht vor dem Eingesperrt-sein, gekoppelt mit einem großen Verlangen zu fliehen.
Auch in diesem Fallbeispiel war das Thema Eingesperrt-sein in Verbindung mit Angst und der verzweifelte Versuch, dem zu entkommen, deutlich zu sehen. Falco-p. fürchtet sich vor der Dunkelheit; interessant ist anzumerken, dass Falkner ihre Greifvögel mit Kappen abrichten (Dunkelheit/Einsperren).

Obwohl Fred das jüngste von vier Geschwistern ist, will er der Beste und der Anführer sein. Seine Gemütssymptome – Wutanfälle und Angst – werden durch seine Sorge um die Familie im Allgemeinen und durch die Angst um Mutter, Großmutter und Bruder im Besonderen ausgelöst.

Sorge um die Familie
Alle Vögel betreiben Brutpflege und sorgen sich um ihre Familie. Vogel-Patienten genießen die Freiheit der schnellen Bewegung – sie rennen gerne, reiten oder fahren Fahrrad. Im vorliegenden Fallbeispiel können wir das starke Mitgefühl des Jungen deutlich erkennen, der aus Rücksicht auf seinen Bruder auf den geliebten Reitsport verzichtet, obwohl er sich beim schnellen Galopp besonders wohl fühlt. Der Junge besitzt einen starken Willen, kann aber seine eigene Freiheit und Freude aus Rücksicht auf die Familie einschränken.

Er hat einen schnellen Stoffwechsel, auch das ist typisch für Patienten, die ein Vogelmittel brauchen.

Anmerkung der Redaktion: Willa Muir merkt an, dass sie sich in diesem Fallbeispiel intuitiv für ein Vogelmittel entschieden hat. Anhand der Fallanalyse können wir erkennen, dass sie sich außerdem einen Überblick über die Kernthemen verschaffte - also ähnlich wie die meisten Vogel-Patienten das zugrundeliegende Muster mithilfe eines konzeptionellen Denkvermögens erfasste.

Falco peregrinus

Zentrales Thema
Dominanz, Stolz, Demütigung.
Furcht vor dem Eingesperrt-sein, gefangen zu werden, Furcht vor Institutionalisierung.
Der Wunsch nach Freiheit äußert sich in der Form von Widerstand gegen die Dominanz eines anderen Menschen; Widerstand gegen Unterwerfung.
Missbrauch und Verlassenheit.
Schützt die Kinder und sorgt sich um die Familie – Angst um die Kinder und Verlangen, aus der Familie zu fliehen.
Wut über alles, was als Einengung empfunden wird. Kalt, hart, gleichgültig, gefühllos.
Willensstärke und Entschlossenheit, oder Mangel an Willensstärke, Machtlosigkeit.
Intensiv, stark und direkt.
Resignation, Lähmung, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit.
Fühlt sich einsam; ohne Familie, Unterstützung, ohne Arbeit.
Schreckliche Bilder von Erde und Wasser, von Verschmutzung; trostlose Landschaften.
Behindertes Kind.
Gibt die eigene Freiheit auf um Anerkennung zu bekommen. Gefällig, will anderen gefallen. Legt viel Wert auf die gute Meinung anderer Menschen. Möchte fehlerlos sein.

Geschwindigkeit

Sucht, Alkohol

Mythologie
Ein Bote aus einer anderen Welt, ein Fremder in der unseren. Den Indianern Nordamerikas zufolge ist der Falke ein Bote, der uns mit der Geisterwelt verbindet.
Die alten Ägypter glaubten, dass der Falke am Morgen die Sonne bringt und abends wieder wegzieht.

Quellen
Jonathan Shore ‚Vögel – Homöopathische Mittel aus dem Vigelreich‘
Peter Fraser ‚Vögel in der Homöopathie‘
Synthesis
Vermeulen ‚Konkordanz‘

**************************************
Foto: Shutterstock: Suzanne Tucker, shutterstock.com 143478901 Chris Hill

Kategorie: Fälle
Schlüsselwörter: Eingesperrt-sein, gefangen, eingeschlossen, fliehen, Freiheit, Geschwindigkeit, schnelle Bewegung, Mitgefühl, Geschwister, Sorge, Wut, Resignation
Mittel: Falco peregrinus





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