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SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE

Olga Fatula

 ¦ Nephila

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SPINNEN UND SKORPIONE

Kindern meinen gesamten Besitz überlassen, für mich ist nichts

mehr übrig. Sie wissen das nicht zu schätzen, sie nehmen es als

selbstverständlich hin. Ich gebe alles her, aber bitte entbindet

mich von meiner Verantwortung! Sie benutzen meinen Ver-

stand: ,Du bist so klug, also löse unsere Probleme. Wir nehmen

dich in Anspruch, doch wir werden uns nicht bedanken, weil

du uns das schuldig bist.’ Ich habe ein weiches Herz, und sie

nutzen das aus; sie manipulieren mich und schlagen ihren Profit

daraus. Ich werde allmählich sabotiert.

Ich bin nicht selbstsicher; ich sammele Wissen an, aber ich ver-

geude mein Leben. Wissen wird mich vor Armut retten. In den

letzten zehn Jahren ist mein Gehalt nie erhöht worden. Es ist

ein Hungerlohn, sie schätzen mich nicht.

Ich tue, was andere nicht können. Ich erfinde steuerfreie Mo-

delle, und ich bin stolz darauf. Mein Chef tut so, als würde er

das nicht bemerken, und er manipuliert mich, damit ich viel

Arbeit für ein erbärmliches Gehalt leiste.

Es ist, als würde ich einen Marathon laufen, nach rechts oder

links springen, mich ablenken, mir etwas schnappen, etwas

Interessantes lernen und dabei vergessen, was ich mit meinen

Beinen machen und wie ich laufen muss. Ich bin ein Kurzstre-

ckenläufer, ein Sprinter; das ist eine Art Schutzmechanismus,

mein inneres Muster.“

Überleben, Zustände, Charakteristisches:

„Ich muss im

Dschungel überleben, allein mit Bäumen und gefährlichen Tie-

ren. Ich habe Arme und Beine, aber keine Überlebenskraft. Die

Gefahr kommt von oben: Es könnte jederzeit urplötzlich etwas

heruntergesprungen kommen und mich verschlingen.

Tod ist die Befreiung von Schuld und Pflichten, ein Ausweg aus

der Sackgasse.

Ich habe mich selbst zum Opfer stilisiert, wofür mir jede Ausrede

recht war. Leere, Depression, mein Leben geht an mir vorbei.

Ich bin in der Hölle; mein Körper ist noch da, aber meine Seele

ist unter der Erde. Ich denke manchmal an Selbstmord, aber

auf unübliche Weise.

(Sein größtes Hobby ist die Musik. Sein Lieblingsstück stammt

aus einem Actionfilm über Gefechtsübungen, wo große Entfer-

nungen in kurzer Zeit überwunden und gefährliche Stellen um-

gangen werden. Die Soldaten nutzen Stärke und Krafttechniken,

um sich nicht fangen zu lassen. Er hat eine Reihe von Klängen

aufgenommen, die Stärke und Furchtlosigkeit, Schnelligkeit,

Szenen unter Wasser und am Fallschirm untermalen. Er singt

und spielt Violine und Gitarre. Er hat sich in Kampfkünsten

versucht, allein und aus Büchern.)

Meinen Vater haben meine Interessen nicht gekümmert. Er hat

mir nichts gegeben außer etwas zu essen. Ich habe einen Weg

erfunden, mich selbst zu erziehen, indem ich beobachtet habe,

was andere tun.

Mein Traum ist es, Superkräfte zu haben, weil ich so zart gebaut

bin. Man kann andere mit Emotionen bezwingen. Als Kind hatte

ich blöde Streitereien mit meinen Spielkameraden, ich habe sie

gehänselt. Ich hatte vor allen Angst. Ich war ein Opfer, das aber

immer noch um sich getreten hat.

Ich habe einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, ich will alles fair

zugehen lassen und ins Gleichgewicht bringen. Die Justiz hat mich

enttäuscht. Mir ist klar, dass ich ein Spiel spiele, in dem man täu-

schen, mitspielen, Listen anwenden muss. Man muss wachsam sein

und sich nach ihrer Bösartigkeit richten – der Bessere ist, wer besser

zu blenden vermag. Ich denke manchmal, dass ich eine einfluss-

reiche Person bin und die Welt genauer wahrnehme als andere.

(Er mag Wasser, Schattierungen von schimmerndem Licht und

das Alleinsein. Die Sonne ist wichtig: „ein strahlendes buntes

Kaleidoskop“.)

Ich habe Angst, mein ganzes Geld zu verschenken und hungern

zu müssen. Der Körper kann hungern, doch der Geist braucht

Nahrung.“

Ängste:

gescholten, gedemütigt, nicht akzeptiert zu werden;

vor Hunden. „Spinnen sind giftig, doch ich kann sie verstehen.“

Gaunerkomödien:

„Humor befreit. Ich hatte immer viel Hu-

mor, jetzt weniger. Die Menschen verstehen mich nicht; wenn

ich einen Witz reiße, glauben sie, ich hätte ein leichtes Leben.

Jetzt bemitleide ich mich selbst. Hohn und Spott, das ist die

normale Art zu leben.“

Träume:

Er steht am Bahnsteig und schafft es nicht, auf einen

fahrenden Zug aufzuspringen. – Er fliegt nach oben mithilfe

einer Energie, die aus seinen Füßen und Händen kommt, bleibt

in der Luft und prüft von oben, ob mit seinen Angehörigen

alles in Ordnung ist.

Speisen:

Verlangen nach Eis mit Kaffee. Starkes Verlangen nach

Süßigkeiten. „Ich kann ohne Süßigkeiten nicht leben. Die Diät

habe ich abgebrochen.“ Verlangen nach Suppe („aber meine

Frau will keine kochen“). Starker Durst. Verlangen nach Tee,

außer Grüntee (löst Depression aus). Gibt warmen Getränken

den Vorzug vor Speisen. Abneigung gegen Hühnchen („davon

hat meine Frau mir zu viel gegeben“).

Körper:

niedriger Blutdruck, 90/60 mm am Morgen. Die Mus-

kelmasse nimmt nicht zu, schwache Libido. Ödem in den Bei-

nen, taube Gliedmaßen. Das rechte Bein ist kalt, „wie tot und

trocken, ich massiere es aus der Leere heraus“.

Frühere Erkrankungen:

Pankreatitis, Cholezystitis.

Bei Anstrengung scharfer Kopfschmerz, wie von einer Stein-

platte getroffen, und Schwindel; Verlangen, sich hinzulegen

und nichts zu tun. Kaffee, Tee bessern.

Erste Verschreibung:

Loxosceles reclusa C 200

FOLLOW-UPS: (ZUSAMMENFASSUNG)

Keine merklichen Veränderungen nach Loxosceles. Der Pati-

ent wiederholt im Grunde die Aussagen der ersten Anamnese

mit anderen Worten. Eine zweite ausführliche Anamnese wird

durchgeführt, die wichtigsten Aussagen sind wie folgt.

Balance:

„Ich kann noch keinen Gleichgewichtspunkt finden.

Es ist ein Balancieren. Man balanciert über ein Seil und hat

Angst abzustürzen, selbst wenn das Seil niedrig gespannt ist,

nur so hoch wie ein Tisch. Sie wollen eine Show, und ich will

eine Show. Ich mache den Leuten etwas vor, und sie machen

mir etwas vor.“