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SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE

Jürgen Weiland

 ¦ Amethyst

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STEINE

¦

MINERALISCHE KOMPLEXARZNEIEN

Eine erste schmerzhafte Begegnung mit dem Amethyst als ho-

möopathische Arznei hatte ich vor 10 Jahren. Gemeinsam mit

Anne Schadde habe ich damals an der Homeopathy School

International

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in Boulder/Colorado ein Kinderseminar gegeben.

Bei anregenden Gesprächen beim Abendessen tauschten wir

uns damals über unsere Erfahrungen mit den neuen Arznei-

mittelprüfungen aus. In diesem Zusammenhang berichtete

die Schulleiterin Barbara Seideneck von einer an der Schule

durchgeführten Amethyst-Arzneimittelprüfung. Sie hob auch

gleich dessen mythologische Verbindung zum Wein hervor, was

mich sehr aufhorchen ließ. Denn etwa zeitgleich zu der ameri-

kanischen Amethyst-Prüfung hatte ich meine Studie von Vitis

vinifera

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, der Weinrebe, veröffentlicht. Schon die Herkunft des

Namens amethystos, dem Rausche entgegenwirkend, enthält

ja bereits eindeutige Hinweise auf die Verbindung des violetten

Minerals zum Rotwein, von dem der Heilstein angeblich seine

Farbe haben soll. Barbaras Bericht von ihrer Arzneimittelprüfung

hat mich damals sehr fasziniert und ich wollte auf tieferer Ebene

verstehen, was die Heilwirkung des potenzierten Amethysts

sein würde.

Schmerzliche Erfahrung vom eingeschlossen Sein:

Von der

praktischen Anwendung des Amethysts am Patienten konnte

Barbara uns damals noch nicht viel berichten. Getreu Hahne-

manns Motto, dass die an sich selbst beobachten Verände-

rungen die vorzüglichsten

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sind, beschloss ich das Mittel beim

Originalhersteller Helios

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zu bestellen und, um es besser ken-

nenzulernen, im Selbstversuch zu testen. Ich nahm die C 30

an drei aufeinanderfolgenden Tagen und schon im Laufe des

dritten Tages entwickelte ich einen mir zuvor unbekannten, un-

glaublich schmerzhaften Nagelbettumlauf (Panaritium) an der

rechten Großzehe.

Das Nagelbett war bläulich-violett verfärbt und ich konnte schon

bald den eingeschlossenen Eiter durchschimmern sehen. Dieser

schmerzhafte Zustand, der mit eingeschlossenem Gewebe ein-

herging, blieb mir etliche Tage erhalten. Ich wollte den Prozess

nicht mit einer antidotierenden Arznei wie z. B. Hepar sulfuris

unterbrechen und wollte zunächst abwarten und weiter beob-

achten. Mit Hilfe von Fußbädern und Salben hat sich dann lang-

sam das Gewebe geöffnet und der Eiter konnte sich entleeren.

Damals war mir noch nicht bewusst, wie sehr die Themen von

eingeschlossen Sein, Einschluss (von Wasser, Gewebe, Abson-

derungen) nicht nur auf lokaler, sondern auch auf allgemeiner

Ebene mit den Steinen zu tun haben. Mit großem Respekt habe

ich nach dieser Erfahrung meine Arzneifläschchen erst einmal

wieder zurück in den Schrank gestellt.

FALLBEISPIEL 1: Patientin, ca. 35 Jahre alt, PMS

Es dauerte dann nicht sehr lange, bis mich eine Familie auf-

suchte, deren Hauptbeschwerden und zentralen Themen schon

bald zu den ersten Verordnungen des Amethysts führten. Die

Mutter kam damals zuerst in die Behandlung. Sie litt unter

einem ausprägten prämenstruellen Syndrom (PMS).

AUSZÜGE AUS DER ERSTANAMNESE

Bericht der Patientin:

„Vor der Periode bin ich sehr reizbar.

Ich ziehe mich dann am liebsten nur noch zurück. Es ist wie

ein in sich Zusammenfallen. Dadurch entstehen viele Selbstvor-

würfe. Ich bin dann total unnachgiebig. Sitze nur noch starr auf

dem Sofa. Bin total abgekapselt, von allen verlassen, hilflos. Ich

nehme dann auch ungern Hilfe an. Mir fehlt in dem Moment

die Verbindung zu den Kindern. Bin ganz leer und möchte ganz

weg sein. Ich fühle mich dann klein, allein, verlassen und vom

Schicksal gestraft. Ungerecht behandelt, aber nicht genügend

beachtet. Will mich nur noch verkriechen, schlafen. Bin dann

total antriebslos. Ich bin dann ganz in mir selbst, die Grenze

bin ich selbst. Es ist ganz starr, ich hänge da richtig drin. Fühle

mich wie gefesselt. Etwas will gar nicht loslassen. Keiner darf

diese Grenze in dem Moment überschreiten, das wäre wie ein

Übergriff. Ich bin isoliert und einsam, da ist auch Sehnsucht

nach Nähe, aber bei jedem Annäherungsversuch fahre ich aus

der Haut. Körperliche Nähe ist dann zuviel. Ich möchte alles und

jeden ausschließen. Ich will nicht nach außen. Fühle mich aber

dann wie ohnmächtig, tot, wie eingefroren.“

Schlüsselwörter und Empfindungen der Patientin,

extrahiert aus den Aufzeichnungen der Erstanamnese:

Rückzug

Perfektionismus

Unnachgiebigkeit

Völlig abgekapselt

In sich zusammenfallen

Selbstvorwürfe

Von allen verlassen

Verharren (in der Situation)

Keine Verbindung (zu den Kindern)

Da ist was dazwischen

Ganz in mir selbst

Verkeilt, verklemmt

Grenze

Hierher und kein Schritt weiter

Nicht auf jemanden zugehen

Ausschließen

Alleine entscheiden, will nicht, dass andere mir was auf-

drängen

Ohnmächtig, eingefroren

Wie tot

Rubriken / Repertorisation (Complete Version 2013)

Gemüt; Reizbarkeit; Menses; vor / mind; IRRITABILITY; menses;

before (71)

Gemüt; Gesellschaft; Abneigung gegen / mind; COMPANY;

aversion to (384)

Gemüt; Reizbarkeit; Ehemann, gegenüber / mind; IRRITABILITY;

husband, towards (20)

Analyse und Fallverständnis:

Die Worte und Empfindungen

der Patientin ließen mich an eine Arznei aus dem Mineralreich

denken. Überrascht war ich, dass im Ergebnis gleich drei Steine

auftauchten: Adamas (Diamant), Türkis (ein grüner Kristall mit