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SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE

Jonathan Hardy

 ¦ Lac humanum: Lac lupinum

36

SUCHT ¦ 

ESSEN | HEROIN

wert und somit das Gefühl, richtig ernährt zu werden – nicht

nur physisch, sondern auch psychisch. Im ungesunden Zustand

empfindet der Mensch das Gegenteil: Er ist unbefriedigt, fühlt

sich leer und wertlos, ist sich seiner selbst nicht sicher und

erwartet zu versagen.

Solch eine tief sitzende Pathologie ist die beste Voraussetzung,

um süchtig zu werden – alles nur ein Versuch, der eigenen Rea-

lität zu entfliehen, um dieses tief verwurzelte innere Unbehagen

nicht fühlen zu müssen.

Emotionale Unreife:

Patienten, die ein Säugetiermittel brau-

chen, zeigen oft eine emotionale Unreife. Sie können sehr

empfindlich auf Tadel reagieren und verwenden Ausdrücke

wie „man behandelt mich wie ein kleines Kind“. Unter Stress

neigen sie zur emotionalen Regression, indem sie ein kindliches

Verhalten an den Tag legen und sich isolieren oder übermäßig

abhängig von anderen machen.

Sie können sich unzulänglich und inkompetent fühlen und un-

fähig, im Leben voranzukommen. In der Folge leiden sie unter

einem brüchigen Selbstwertgefühl und fühlen sich schnell kriti-

siert, herabgesetzt und von oben herab behandelt. Oft beklagen

sie sich, dass sie als Kind nie gelobt wurden; sie fühlten sich

abgelehnt und emotional allein gelassen.

Sie sind häufig gehemmt, schüchtern, erröten leicht, und ihr

Blick ist zu Boden gerichtet.

Beziehungen zu Eltern und Familie:

Ein weit verbreitetes

Thema in Säugetierfällen ist eine gestörte Beziehung zu einem

Elternteil, zu beiden Eltern oder zur ganzen Familie.

Die Patienten hatten als Kind oft eine schwache Mutterbindung,

fühlten sich „nicht richtig bemuttert“ oder mussten „für ihre

Mutter die Mutter spielen“.

Es können Probleme mit der Mutterbindung auftreten, und das

Wort „Bindung“ hört man in Säugetierfällen sehr häufig. Das

Fehlen einer tiefgehenden Beziehung zur Mutter drückt sich

nicht selten als eine Art Leere aus, die zumeist im Bauch verspürt

wird: ein Verlassenheitsgefühl, das körperlich in der Nabelregion

wahrgenommen wird.

Der Patient kann Angst vor einem Elternteil haben, das Gefühl,

dass seine Eltern „kalt“ waren oder dass er nie körperliche

Zuwendung in Gestalt von Berührungen erfahren hat.

Er sagt vielleicht, er habe sich nie als Teil der Familie gefühlt

oder er habe immer das Gefühl gehabt, adoptiert worden zu

sein. Er kann schon früh den starken Wunsch verspürt haben,

seine Familie zu verlassen, oder das Gefühl, „dass seine Familie

ohne ihn besser dran sei“.

Es kommt auch vor, dass diese Menschen ihren Mangel zu kom-

pensieren versuchen, indem sie sich an einen Elternteil klam-

mern. Andererseits hört man gelegentlich, dass die Eltern sich zu

stark an sie geklammert und sie mit ihrer Nähe erdrückt haben.

In allen Fällen wird deutlich, dass die gesamte Sphäre der Er-

ziehung und Fürsorge als nach irgendeiner Seite hin unausge-

wogen erlebt wurde.

Häufige Kindheitsberichte:

In Säugetierfällen hört man nicht

selten, dass die Kindheit unglücklich war, vor allem in Bezug

auf das Verhalten oder die geistige Gesundheit eines Elternteils

oder beider Eltern. Die Mutter kann in der Schwangerschaft

emotional gestört gewesen sein oder unter einer Wochenbett-

depression gelitten haben. Sie kann geisteskrank oder der Vater

Alkoholiker gewesen sein.

Häufig hört man, dass die Person den Mangel an angemessener

Fürsorge daheim durch eine starke Bindung an die Großmutter

kompensierte.

Fast immer hatte der Patient den Eindruck, eines seiner Ge-

schwister sei ihm vorgezogen worden.

Elternschaft:

Erwachsene, die ein Säugetiermittel brauchen,

haben oft sehr entschiedene Ansichten über die Elternschaft –

sie lieben ihre Kinder zu sehr. Sie können es übertreiben und sie

mit einer überfürsorglichen oder bedürftigen Haltung erdrücken.

Manchmal „bemuttern“ sie ihren Partner oder verlieren sich zu

sehr in der Mutterrolle.

In einigen Säugetierfällen jedoch manifestiert sich der Gegenpol:

Der Patient hat eine starke Abneigung gegen die Elternschaft.

FALLBEISPIEL 1: Frau, 40 Jahre, Hauptbeschwerden sind

Esssucht und Akne

Anamnese

Was ist das Problem, mit dem Sie zu mir kommen?

Ich habe zwei Hauptprobleme. Das eine ist meine Haut, und

das andere ist, dass ich keine Kontrolle über meine Essgewohn-

heiten habe.

Erzählen Sie mir bitte von Ihren Essgewohnheiten.

Ich habe einen ungeheuren Appetit. Ich würde das „Mund-

hunger“ nennen. Ständig muss ich etwas essen. Wenn ich zu

Hause bin, suche ich dauernd nach irgendeiner Kleinigkeit zu

essen. Vielleicht haben die Kinder ja irgendwelche Süßigkeiten

übrig gelassen? Ich muss einfach irgendetwas finden. Ich esse

die ganze Zeit. Für eine Frau habe ich, glaube ich, einen ziemlich

großen Appetit. Oft esse ich gar nicht so viel wie mein Mann,

aber ich esse viel mehr als andere Frauen, die ich kenne.

Gibt es eine Tages- oder Nachtzeit, zu der Sie besonders

hungrig sind?

Nein, eigentlich nicht. Das hängt davon ab, wie viel ich tagsüber

gegessen habe. Es gibt keine bestimmten Zeiten, zu denen ich

essen muss.

Haben Sie ein Verlangen nach bestimmten Speisen?

Nein. Eigentlich nicht.

Was passiert, wenn Sie nicht essen?

Ich werde ein bisschen reizbar, ich komme in „Hungerstim-

mung“, das weiß ich.

Können Sie diese Hungerstimmung beschreiben?

Ich bin einfach grantig. Kopfschmerzen bekomme ich nicht. Irgend-

wann ist dann der Punkt erreicht, wo ich denke, ich kann nichts

mehr tun, bis ich endlich etwas gegessen habe. Dann brauche ich

etwas zu essen. Das ist schon ein bisschen zwanghaft. Ich kann

einfach nichts tun, bis ich etwas gegessen habe. Manchmal bin

ich spät dran, ich muss die Kinder abholen und parke schon in der