Im dritten Interview mit Heidi Brand definiert Rajan Sankaran zu Beginn seine Vorstellung vom „anderen Lied“, in dem das homöopathische Heilmittel des Patienten verborgen liegt. Er beschreibt noch einmal die Merkmale der drei Arzneimittel – Königreiche und sein Vorgehen bei der Anamnese. Dann kommt er zu seinem vorrangigen
Anliegen, seinem Konzept von einer Synergie in der Homöopathie, einem Zusammenwirken von klassischen und zeitgenössischen Methoden.
Er erzählt, wie er als einziger Sohn eines der großen Homöopathen Indiens schon als Kind Fälle des Vaters zu repertorisieren hatte. Ausgehend von seinem eigenen Werdegang erklärt er, wie wichtig die Kenntnis des Repertoriums, der Arzneimittellehre und das Studium der klassischen Texte sind. Nur auf dieser Basis können die Methoden der zeitgenössischen Homöopathie von Essenzen, Wahnideen oder Empfindungen solide aufbauen. Anders wird es niemals möglich, die Sicherheit in der Verschreibung und die Zuversicht bezüglich der Heilung zu erreichen, wie sie die alten homöopathischen Meister besaßen und wie er sie bei seinem eigenen Vater erlebt hat.
Synergie in der homöopathischen Arbeit bedeutet, dass rechte und linke Hirnhälfte zusammenarbeiten. Information kann aus vielen verschiedenen Quellen gesammelt und genutzt werden, so wird die Sicherheit in der Verschreibung erhöht. Sankaran macht noch einmal deutlich, wie essentiell für ihn das Erlernen von vorurteilsfreier Beobachtung und Genauigkeit der Erfahrung ist. Klinisches Training ist für die homöopathische Ausbildung aus seiner Sicht unverzichtbar.
Wie nebenher beantwortet Sankaran dabei auch die Frage, wie die Haltung des beobachtenden, nicht urteilenden Zeugen den Homöopathen selber verändert, erweitert und befreit.
Das Interview entstand anlässlich des Kongresses „Homöopathie bei psychischen Erkrankungen“ vom 8.-10. März 2013 in Bad Krozingen, DVD, ca. 1 Std. 15 min.
Rajan Sankaran
Rajan Sankaran (geboren 1960) ist der Sohn des bekannten indischen Homöopathen Pichian Sankaran. Nach dem Medizinstudium schloss er 1981 sein Homöopathiestudium in Mumbai (Bombay) am Homoeopathic Medical College ab und praktiziert seither in seiner großen Praxis in Mumbai.
Sankaran ist ein genialer Denker und hat die Entwicklung der zeitgenössischen Homöopathie wesentlich beeinflusst. Er hat ein eigenes nachvollziehbares System von der Anamnese bis zur Arzneimittelverordnung entwickelt. Ausgehend von den Hauptbeschwerden sucht er das zentrale Empfindungsmuster eines Menschen („Vital Sensation“), das alle Ebenen des Erlebens durchdringt und den direkten Zugang zur Heilmittelgruppe gibt. Sankaran hat diese zentrale Empfindung für viele Arzneimittelgruppen definiert. Auch damit hat er die Homöopathie aufs Neue revolutioniert.
Sankarans weltweite Seminartätigkeit ist sehr beliebt (u.a. in Europa, USA, Neuseeland, Südafrika, Russland und Japan).