Spektrum 2/2015 Diagnose Borreliose - page 11

CHRISTINA ARI ¦ 
AKUTMITTEL LEDUM U. BORRELIA / KONSTITUTIONSARZNEIEN
SPEKTRUM DER HOMÖOPATHIE
DIAGNOSE: 
BORRELIOSE
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als die passenden Arzneien zu erkennen, die nötig waren, die
Konstitution und dadurch die Abwehrkräfte der kleinen Patien-
tin nachhaltig zu stärken.
FALLBEISPIEL 2: Mädchen, 4 Jahre, Lymphadenosis cutis
benigna (B. Bäfverstedt), ein Borrelien-
Lymphom.
Lara kommt zum ersten Mal in meine Praxis, ihr rechtes Ohr ist
seit zwei Wochen rötlich-blau verfärbt und geschwollen, es tut
jedoch nicht weh. Sie hat Schmerzen in den Gelenken ihrer
unteren Extremitäten und auch entlang der Schienbeinkanten.
Und seit einiger Zeit auch weniger Appetit. Klinisch handelt es
sich um eine Lymphadenosis cutis benigna (B. Bäfverstedt), ein
Borrelien-Lymphom.
Kommentar:
Solche Pseudolymphome entstehen meist reaktiv
während der Frühphase einer Borrelieninfektion (Stadium I
oder II) im Bereich des Zeckenstichs. Es finden sich weiche,
wulstige, auch knötchenförmige oder gruppiert angeordnete
Schwellungen der Haut mit blauroter Färbung. Die Schwellun-
gen werden durch Lymphozyten in der Haut verursacht. Typi-
scherweise findet man diese am Ohrläppchen, im Nacken, in
den Achseln, an den Brustwarzen und im Genitalbereich. Solch
eine Hautläsion kann das Zentrum eines Erythema chronicum
migrans darstellen.
Akutbehandlung:
Bei Lara lag also eine Borrelieninfektion ent-
weder im 1. oder im 2. Stadium vor. Typische Veränderungen im
Sinne eines Erythema migrans waren zu diesem Zeitpunkt nicht
vorhanden und auch vorher nie beobachtet worden. Für eine
eingehende Erstordination gab es keine Zeit, Behandlungsbedarf
war jedoch dringend gegeben. Die Mutter des Kindes lehnte
eine antibiotische Behandlung strikt ab, weshalb sie auch meine
homöopathische Praxis aufsuchte. Ich verordnete primär Ledum
D 12 als eine in meiner Praxis bewährte Medikation bei Borreli-
eninfekten im Anfangsstadium, 3 Mal täglich eine Gabe, sowie
je einmal Borrelia C 200 an den ersten 3 Tagen. Außerdem be-
stand ich auf einer Blutabnahme zur genaueren Analyse.
Verschreibung:
Ledum D 12 und Borrelia C 200
Verlauf und ausführliche Fallaufnahme:
Drei Wochen nach
Beginn der Behandlung kam Lara wieder, diesmal sollte genug
Zeit für eine eingehende Anamnese sein. Das Mädchen war
jetzt leicht erkältet, das Ohr noch immer blaurot, bei Berührung
nun auch schmerzhaft, und die Gelenke waren unverändert. Im
Blutbefund fanden sich erhöhte Borrelienantikörper vom Typ
IgG. IgM-AK waren nicht erhöht, was rückblickend für eine
nicht mehr ganz frische Infektion spricht.
ANAMNESE
Laras Situation:
Sie ist ein ruhiges, seit Kurzem eher ernsthaftes
Mädchen, sie ist sozial und teilt gern mit ihren Freunden im Kin-
dergarten. Die Trennung der Eltern vor anderthalb Jahren hat sie
schlimm mitgenommen, sie liebt ihren Vater und vermisst ihn
sehr. Er war gewalttätig gegenüber der Mutter gewesen und
deshalb von der Polizei mehrmals verwiesen worden. Es gibt
auch eine anderthalb Jahre jüngere Schwester, ein Luftikus, der
alles leicht zu fallen scheint, und das macht ihr zu schaffen. Die
Mutter bezeichnet Lara als „hellwach und kreativ“.
Familienanamnese:
In der Schwangerschaft wurde die Mutter
durch die Aussage ihres Gynäkologen: „Der Fötus ist zu klein“,
schwer verunsichert. Die Geburt in der 41. SS-Woche dauerte 21
Stunden, die Eröffnungsphase war verzögert, der APGAR betrug
8/9/9. Das Kind hatte anfänglich einen Schiefhals, der physiothe-
rapeutisch gut behandelt wurde. Motorisch und sprachlich gab
es eine rasche Entwicklung, Lara war anfangs recht aufgeweckt
und trotzig und zog es vor, wenn nötig, allein zu weinen. Bereits
vor der Trennung ihrer Eltern neigte sie zu Hyperventilationen
und Pseudokruppanfällen. Eine atopische Dermatitis am Gesäß
trat ein Jahr nach der Trennung der Eltern auf und wurde mit
Fettsalben behandelt, worauf sie wieder verschwand. Im letzten
Jahr kam es auch vermehrt zu Kopf- und Gelenksschmerzen.
Lara war generell anfällig für Erkältungskrankheiten und dabei
meist verschleimt. Ihr bevorzugtes Nahrungsmittel waren Pom-
mes und sie hatte Angst vor Gewitter.
Da das Lymphom und die Gelenkschmerzen bisher unverändert
waren und sich ihre Infektanfälligkeit gleichermaßen zusätz-
lich, und nicht anstatt, erneut bemerkbar machte, setzte ich
Ledum ab und verordnete Tuberkulinum Koch C 200 an drei
Tagen je eine Gabe, gefolgt von täglichen Gaben Silicea LM 3.
Verschreibung:
Tuberkulinum Koch C 200 und Silicea LM 3
Verlauf:
Bereits fünf Tage später fieberte Lara bis 40 Grad, die
Mutter gab eigenständig einige Gaben von Belladonna C 30
und setzte anschließend mit Silicea fort. Es folgten ein heftiger
Schnupfen und Husten sowie eine akute Otitis media rechts,
wo sich auch das Lymphom befand. Das Ohr war sowohl au-
ßen als auch innen massiv geschwollen, livid verfärbt und äu-
ßerst berührungsempfindlich. Mit Apis C 30 kam es zu einer
raschen und überzeugenden Abheilung. Das Mädchen fühlte
sich schnell gesund, wirkte eigenartig wild und frech hinterher,
vielleicht sogar etwas überdreht. Das Lymphom am rechten
Ohr war im Zuge des akuten Geschehens einfach verschwun-
den! Im Weiteren jammerte sie wieder öfter über Gelenks-
schmerzen, die sich bei Bewegung besserten, und hatte Durst
auf große Mengen kaltes Wasser. Ich wiederholte eine Gabe
Tuberkulinum C 200 und verordnete Calcium phosphoricum
C 30 zweimal wöchentlich.
Verschreibung:
Tuberkulinum C 200 und Calcium phosphori-
cum C 30
Follow-up:
Nach weiteren vier Wochen trat einmalig der be-
kannte nächtliche Krupphusten auf, der akut mit Aconitum
besänftigt werden konnte. Die Gelenksschmerzen waren ver-
schwunden. Es gelang ihr nun, sich gegenüber der Schwester
bestimmter zu verhalten, sie konnte ihren Platz besser behaup-
ten. Sie begann jedoch wieder vermehrt ihrem Vater hinterher-
zuweinen, was mich veranlasste, Silicea erneut den Vorzug ge-
genüber Calcium phosphoricum zu geben. In Folge kehrte die
Neurodermitis zurück, um anschließend langsam abzuheilen. Si-
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