Ich fühle mich unsicher und allein: zwei Fälle von Drimys winterii

von Sonja Obbink

Fall 1: eine 60-jährige Patientin mit Schlafstörungen

Frau X. kommt wegen ihrer Schlafprobleme in die Sprechstunde. Sie leidet unter Herzrasen und kann deswegen nicht schlafen. Sie ist erschöpft und fühlt sich ‚ausgebrannt‘. Sie möchte ausgeglichener werden und ihr Nervensystem stärken, weil sie seit ihrer Scheidung sehr nervös geworden ist.

Sie war mit einem Mann verheiratet, den sie als „Liebe meines Lebens“ beschreibt. Sie erzählt immer wieder, wie sehr sie ihn geliebt hat. Die Geburt der gemeinsamen Tochter verlief kompliziert. Das zweite Kind musste mit einem Kaiserschnitt entbunden werden. Das Kind war nicht vollständig entwickelt, und mehrfach behindert,weshalb es kurz nach der Geburt starb. Die Patientin ‚sah‘ ihr Baby während sie narkotisiert war – ein Hinweis auf die Empfindsamkeit dieser Frau. Sie ist ein hochsensibler Mensch.

Die Patientin hat lange Zeit mit Mann und Kind im Ausland gelebt. Ihr Ehemann hatte dort eine Beziehung zu einer anderen Frau, mit der er auch Kinder zeugte. Die Patientin konnte mit der Situation nicht leben und reichte die Scheidung ein – ein Schritt, der ihrem Naturell überhaupt nicht entsprach und ihr sehr schwer fiel. Sie liebte ihren Mann sehr. Jetzt muss sie alleine leben, eine Tochter zu haben hilft ihr dabei sehr, denn so muss sie eine Zukunft für sich und ihr Kind aufbauen. Die Trennung von ihrem Mann war sehr schmerzlich für sie, aber sie wollte ihrer Tochter zeigen, dass sie dieser Situation gewachsen war.

Noch immer empfindet die Patientin den Verlust ihres geliebten Mannes als sehr schmerzlich. An ihn zu denken oder seine Stimme am Telefon zu hören tut ihr weh. Ihre Schwäche ist die Bereitwilligkeit, mit der sie gibt, ohne etwas dafür zu verlangen. Sie ist sehr kreativ – sie singt, malt und schreibt Gedichte. Die hochsensible Frau, nimmt viele Schwingungen von anderen Menschen wahr. Außerdem reagiert sie empfindlich auf elektromagnetische Strahlung. Sie ist ständig auf der Hut vor einem Unglück, sie kann die Bedrohung förmlich in ihrem Körper spüren. Ihre Knochen fühlen sich an, als stünden sie ständig unter Strom.


Familie
Die Patientin stammt aus einer sehr religiösen Familie, beide Eltern studierten Theologie und arbeiteten als Pastoren. Sie hatte einen Bruder mit Down-Syndrom, der im Alter von 50 Jahren verstarb. Die Diagnose wurde gestellt, als die Mutter schwanger mit ihr war, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges: „Auf meine Wiege fielen die Bomben“. Sicherheit gab es nicht und die Eltern versteckten sich, um der Deportation zu entgehen. Da die Mutter in ständiger Angst lebte, ist die Patientin überzeugt, diese mit der Muttermilch aufgenommen zu haben. Der Vater verließ die Familie für eine andere Frau, als die Patientin 8 Jahre alt war. Die Mutter verkam zu einem „Wrack“ und litt an einer Borderline-Störung mit heftigen Stimmungsschwankungen – sie konnte liebevoll und nett sein, im nächsten Moment sehr aggressiv. Die Patientin fühlte sich dafür verantwortlich, das Leben ihrer Mutter in Ordnung zu halten und dafür zu arbeiten, von ihr geliebt zu werden: „Liebe muss man sich erarbeiten“. Sie übernahm die Verantwortung für Mutter und Bruder. Zu ihrer Schwiegermutter hatte sie eine enge Bindung, und erbte ein kleines Vermögen, mit dem sie nach der Scheidung finanziell über die Runden kam.

Die Patientin fühlt sich einsam. Sie zieht sich zurück und mauert sich ein. Dieses Verhaltensmuster wurde früh etabliert, denn sie musste den Vater ersetzen und sich um ihre Mutter kümmern. Sie gab sich sehr viel Mühe dabei, hatte aber immer das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Später hatte sie sich ihrem Mann gegenüber genauso gefühlt. Sie hatte sich ihm hingegeben, mit ihrer ganzen Liebe, sie „konnte ihn aber nicht halten“. Sie zieht sich zurück. Sie selbst beschreibt sich als Individualistin, fühlt sich aber nicht wohl dabei, weil sie eigentlich dazugehören möchte. Sie fühlt sich, als hätte man sie „entsorgt“.


Die große Sensibilität und Empfänglichkeit der Patientin geben Hinweise auf das Pflanzenreich. Es sind viele Eigenschaften der Kohlenstoffserie vorhanden: das Gefühl der Bedrohung, der Kampf zu überleben, die fehlende Sicherheit; die Persönlichkeitsstörung der Mutter; Liebe muss man sich verdienen. Phase 3 ist deutlich zu sehen, weil sie sich aufopfert für andere und sich nicht zugehörig fühlt; ganz gleich, was sie tut, es ist nie genug. Diese Eigenschaften führen uns zu den Magnoliidae, Phase 3 – die Canellales – und schließlich zu Drimys winterii.

Vorhergehende Arzneimittel
Natrium sulphuricum: Die Patientin fühlt sich immer noch mit ihrem Ex-Ehemann verbunden. Sie erzählt, wie sehr sie ihre große Liebe noch liebt. Sie kann nicht loslassen. Nach Einnahme des Mittels schläft sie zwei Nächte tief und fest. Dann kontaktiert sie eine mediale Heilerin, die ihr energetisch sehr hilft.
Holmium oxydatum: zurückgezogen, spirituell. Oxydatum: unehrlich, fühlt sich zur Seite geschoben, ausgenutzt, ein Opfer. Nach Einnahme des Mittels fühlt sich die Patientin freier.
Thulium oxydatum: vermisst ihren Mann und die Sonne; mutlos; fühlt sich verurteilt, es bereitet ihr Schmerzen. Nach Einnahme des Mittels fühlt sie sich leichter, als würde sie schweben.

Alle Mittel zeigen Wirkung, aber keines heilt tief und dauerhaft. Die Stimme der Patientin hat immer noch etwas Klagendes, wenn sie erzählt. Es gibt mir das Gefühl, noch nicht zum Kern des Falles vorgedrungen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt stellte Jan Scholten zum ersten Mal seine Theorie der Pflanzen vor. Als ich den Fall überarbeitete, fiel mir auf, dass der Ex-Mann der Patientin viele Gemeinsamkeiten mit ihrem Vater hatte. Sie fühlte sich in zwei Teile gespalten, verlassen, einsam und traurig. Sie mauerte sich ein und suchte Schutz hinter einem Wall. Gleichzeitig ist sie sehr bemüht dazuzugehören, was ihr aber nicht wirklich gelingt. Nach der Theorie der Pflanzen sind hier die Magnoliidae indiziert: Die Ursache ihrer Probleme liegen in ihrer Herkunftsfamilie.

Verschreibung: Drimys winterii

Follow-up

Am Tag nach der Einnahme des Mittels fühlt sich die Patientin zu 100% ruhig – in Körper, Seele und Geist. Sie nimmt das Mittel wöchentlich ein, es gibt ihr Kraft und ein tiefes Gefühl der Ausgeglichenheit. „Ich habe mit meiner Vergangenheit abgeschlossen!“ Sie hat so viel ausprobiert, um sich selbst zu helfen, der Weg war einer sehr langer gewesen und jetzt ist es ihr gelungen. Seit eineinhalb Jahren geht es ihr gut.

 

Fall 2: eine Patientin mit Depressionen

Die 30-jährige Patientin kommt wegen chronischer Müdigkeit und Depressionen in die Sprechstunde. Sie schläft schlecht. Sie zieht sich aus der Außenwelt zurück, weil es sie immer mehr Kraft kostet, sich nach außen zu wenden:“Dieser Druck und dieser Stress.“ Sie empfindet ihr Leben als einzigen Kampf. Sich selbst sieht sie als Außenseiterin, eine, die beobachtet. Es fällt ihr schwer, Grenzen zu setzen und sie schämt sich, weil sie bisher nichts aus ihrem Leben gemacht hat. Die Patientin ist die Jüngste von vier Geschwistern, sie hat noch zwei Schwestern und einen Bruder. Eine ihrer Schwestern (die dritte in der Geschwisterfolge) leidet unter einer bipolaren Störung und Schizophrenie. Sie selbst hatte bereits eine psychotische Episode, in der sie Wahnvorstellungen hatte – sie glaubte, ihre Mutter vergiften zu müssen. In der Highschool hatte sich die Patientin nicht wohl gefühlt, damals litt sie unter Schlafstörungen und war hyperaktiv. Zu dieser Zeit hatten ihre Eltern der ältesten Schwester viel Aufmerksamkeit geschenkt und die Patientin hatte sich ausgeschlossen und vernachlässigt gefühlt. Sie verglich sich ständig mit ihrer Schwester und musste sich ihre eigene Identität schwer erkämpfen. In der Familie gibt es mehrere Fälle von Depression: Der Neffe der Patientin hat sich deswegen das Leben genommen und ihr Vater ist manisch-depressiv.

 

Vor Kurzem ist eine langjährige Beziehung in die Brüche gegangen. Die Patientin hat eine neue Arbeitsstelle und große Angst, dort etwas falsch zu machen. Die Situation löst viel Stress in ihr aus. Sie fühlt sich sehr müde und träge, liegt oft einfach nur im Bett und schaut fern. Sie leidet unter Stimmungsschwankungen: in den depressiven Phasen fühlt sie sich sehr einsam und sieht für ihr Leben keine Perspektive; sie kommt alleine nicht sehr gut zurecht. Ihre Wohnung ist chaotisch, sie selbst kann sich nicht gut strukturieren, hat ihr Leben nicht im Griff. Aus diesem Grund klammert sie sich an andere Menschen: Sie kann es nur schwer ertragen, wenn Freunde oder Partner auch mal etwas alleine unternehmen wollen. Während der Anamnese fällt mir auf, dass die Patientin ständig Halt sucht: Sie redet sehr viel, ist immer auf der Suche nach einer Lösung, die sie aber nicht findet.

Analyse
Folgende Faktoren deuten auf die Kohlenstoffserie hin: sich klein fühlen, abhängig, klammert sich an andere, allein.
Die Problematik hat ihren Ursprung in der Herkunftsfamilie: Kohlenstoffserie, Magnoliidae.

Verschreibung: Drimys winterii (Winterrinde).

Follow-up
Nach der Einnahme von Drimys fühlt sich die Patientin für kurze Zeit sehr müde, danach hat sie deutlich mehr Energie als zuvor. Sie kann wieder arbeiten gehen und findet dort die Unterstützung, die sie braucht. Sie kann sich besser konzentrieren und auch der Kontakt zu anderen Menschen geht ihr leichter von der Hand. Sie fühlt sich nicht mehr so ausgeschlossen, wenn jemand aus ihrem Freundeskreis einmal allein sein möchte. Zu ihrer schizophrenen Schwester hat sie auch wieder Kontakt und kann mit ihr kommunizieren, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Früher ist ihr das nicht gelungen. Sie hat wieder angefangen zu singen und zu tanzen; sie sieht lebendig und frisch aus. Müdigkeit und Depression sind wie weggefegt. Der Patientin geht es seit über einem Jahr gut.

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Fotos: Wikimedia - Drimys winteri (Winterrinde) © Eric Hunt
           Shutterstock - allein - © Denis Rozhnovsky

Kategorie: Fälle
Schlüsselwörter: Schlafstörung, Herzrasen, Erschöpfung, hoch sensibel, allein, Scheidung.
Mittel: Drimys winterii.

Ich fühle mich unsicher und allein: zwei Fälle von Drimys winterii

von Sonja Obbink

Fall 1: eine 60-jährige Patientin mit Schlafstörungen

Frau X. kommt wegen ihrer Schlafprobleme in die Sprechstunde. Sie leidet unter Herzrasen und kann deswegen nicht schlafen. Sie ist erschöpft und fühlt sich ‚ausgebrannt‘. Sie möchte ausgeglichener werden und ihr Nervensystem stärken, weil sie seit ihrer Scheidung sehr nervös geworden ist.

Sie war mit einem Mann verheiratet, den sie als „Liebe meines Lebens“ beschreibt. Sie erzählt immer wieder, wie sehr sie ihn geliebt hat. Die Geburt der gemeinsamen Tochter verlief kompliziert. Das zweite Kind musste mit einem Kaiserschnitt entbunden werden. Das Kind war nicht vollständig entwickelt, und mehrfach behindert,weshalb es kurz nach der Geburt starb. Die Patientin ‚sah‘ ihr Baby während sie narkotisiert war – ein Hinweis auf die Empfindsamkeit dieser Frau. Sie ist ein hochsensibler Mensch.

Die Patientin hat lange Zeit mit Mann und Kind im Ausland gelebt. Ihr Ehemann hatte dort eine Beziehung zu einer anderen Frau, mit der er auch Kinder zeugte. Die Patientin konnte mit der Situation nicht leben und reichte die Scheidung ein – ein Schritt, der ihrem Naturell überhaupt nicht entsprach und ihr sehr schwer fiel. Sie liebte ihren Mann sehr. Jetzt muss sie alleine leben, eine Tochter zu haben hilft ihr dabei sehr, denn so muss sie eine Zukunft für sich und ihr Kind aufbauen. Die Trennung von ihrem Mann war sehr schmerzlich für sie, aber sie wollte ihrer Tochter zeigen, dass sie dieser Situation gewachsen war.

Noch immer empfindet die Patientin den Verlust ihres geliebten Mannes als sehr schmerzlich. An ihn zu denken oder seine Stimme am Telefon zu hören tut ihr weh. Ihre Schwäche ist die Bereitwilligkeit, mit der sie gibt, ohne etwas dafür zu verlangen. Sie ist sehr kreativ – sie singt, malt und schreibt Gedichte. Die hochsensible Frau, nimmt viele Schwingungen von anderen Menschen wahr. Außerdem reagiert sie empfindlich auf elektromagnetische Strahlung. Sie ist ständig auf der Hut vor einem Unglück, sie kann die Bedrohung förmlich in ihrem Körper spüren. Ihre Knochen fühlen sich an, als stünden sie ständig unter Strom.


Familie
Die Patientin stammt aus einer sehr religiösen Familie, beide Eltern studierten Theologie und arbeiteten als Pastoren. Sie hatte einen Bruder mit Down-Syndrom, der im Alter von 50 Jahren verstarb. Die Diagnose wurde gestellt, als die Mutter schwanger mit ihr war, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges: „Auf meine Wiege fielen die Bomben“. Sicherheit gab es nicht und die Eltern versteckten sich, um der Deportation zu entgehen. Da die Mutter in ständiger Angst lebte, ist die Patientin überzeugt, diese mit der Muttermilch aufgenommen zu haben. Der Vater verließ die Familie für eine andere Frau, als die Patientin 8 Jahre alt war. Die Mutter verkam zu einem „Wrack“ und litt an einer Borderline-Störung mit heftigen Stimmungsschwankungen – sie konnte liebevoll und nett sein, im nächsten Moment sehr aggressiv. Die Patientin fühlte sich dafür verantwortlich, das Leben ihrer Mutter in Ordnung zu halten und dafür zu arbeiten, von ihr geliebt zu werden: „Liebe muss man sich erarbeiten“. Sie übernahm die Verantwortung für Mutter und Bruder. Zu ihrer Schwiegermutter hatte sie eine enge Bindung, und erbte ein kleines Vermögen, mit dem sie nach der Scheidung finanziell über die Runden kam.

Die Patientin fühlt sich einsam. Sie zieht sich zurück und mauert sich ein. Dieses Verhaltensmuster wurde früh etabliert, denn sie musste den Vater ersetzen und sich um ihre Mutter kümmern. Sie gab sich sehr viel Mühe dabei, hatte aber immer das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Später hatte sie sich ihrem Mann gegenüber genauso gefühlt. Sie hatte sich ihm hingegeben, mit ihrer ganzen Liebe, sie „konnte ihn aber nicht halten“. Sie zieht sich zurück. Sie selbst beschreibt sich als Individualistin, fühlt sich aber nicht wohl dabei, weil sie eigentlich dazugehören möchte. Sie fühlt sich, als hätte man sie „entsorgt“.


Die große Sensibilität und Empfänglichkeit der Patientin geben Hinweise auf das Pflanzenreich. Es sind viele Eigenschaften der Kohlenstoffserie vorhanden: das Gefühl der Bedrohung, der Kampf zu überleben, die fehlende Sicherheit; die Persönlichkeitsstörung der Mutter; Liebe muss man sich verdienen. Phase 3 ist deutlich zu sehen, weil sie sich aufopfert für andere und sich nicht zugehörig fühlt; ganz gleich, was sie tut, es ist nie genug. Diese Eigenschaften führen uns zu den Magnoliidae, Phase 3 – die Canellales – und schließlich zu Drimys winterii.

Vorhergehende Arzneimittel
Natrium sulphuricum: Die Patientin fühlt sich immer noch mit ihrem Ex-Ehemann verbunden. Sie erzählt, wie sehr sie ihre große Liebe noch liebt. Sie kann nicht loslassen. Nach Einnahme des Mittels schläft sie zwei Nächte tief und fest. Dann kontaktiert sie eine mediale Heilerin, die ihr energetisch sehr hilft.
Holmium oxydatum: zurückgezogen, spirituell. Oxydatum: unehrlich, fühlt sich zur Seite geschoben, ausgenutzt, ein Opfer. Nach Einnahme des Mittels fühlt sich die Patientin freier.
Thulium oxydatum: vermisst ihren Mann und die Sonne; mutlos; fühlt sich verurteilt, es bereitet ihr Schmerzen. Nach Einnahme des Mittels fühlt sie sich leichter, als würde sie schweben.

Alle Mittel zeigen Wirkung, aber keines heilt tief und dauerhaft. Die Stimme der Patientin hat immer noch etwas Klagendes, wenn sie erzählt. Es gibt mir das Gefühl, noch nicht zum Kern des Falles vorgedrungen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt stellte Jan Scholten zum ersten Mal seine Theorie der Pflanzen vor. Als ich den Fall überarbeitete, fiel mir auf, dass der Ex-Mann der Patientin viele Gemeinsamkeiten mit ihrem Vater hatte. Sie fühlte sich in zwei Teile gespalten, verlassen, einsam und traurig. Sie mauerte sich ein und suchte Schutz hinter einem Wall. Gleichzeitig ist sie sehr bemüht dazuzugehören, was ihr aber nicht wirklich gelingt. Nach der Theorie der Pflanzen sind hier die Magnoliidae indiziert: Die Ursache ihrer Probleme liegen in ihrer Herkunftsfamilie.

Verschreibung: Drimys winterii

Follow-up

Am Tag nach der Einnahme des Mittels fühlt sich die Patientin zu 100% ruhig – in Körper, Seele und Geist. Sie nimmt das Mittel wöchentlich ein, es gibt ihr Kraft und ein tiefes Gefühl der Ausgeglichenheit. „Ich habe mit meiner Vergangenheit abgeschlossen!“ Sie hat so viel ausprobiert, um sich selbst zu helfen, der Weg war einer sehr langer gewesen und jetzt ist es ihr gelungen. Seit eineinhalb Jahren geht es ihr gut.

 

Fall 2: eine Patientin mit Depressionen

Die 30-jährige Patientin kommt wegen chronischer Müdigkeit und Depressionen in die Sprechstunde. Sie schläft schlecht. Sie zieht sich aus der Außenwelt zurück, weil es sie immer mehr Kraft kostet, sich nach außen zu wenden:“Dieser Druck und dieser Stress.“ Sie empfindet ihr Leben als einzigen Kampf. Sich selbst sieht sie als Außenseiterin, eine, die beobachtet. Es fällt ihr schwer, Grenzen zu setzen und sie schämt sich, weil sie bisher nichts aus ihrem Leben gemacht hat. Die Patientin ist die Jüngste von vier Geschwistern, sie hat noch zwei Schwestern und einen Bruder. Eine ihrer Schwestern (die dritte in der Geschwisterfolge) leidet unter einer bipolaren Störung und Schizophrenie. Sie selbst hatte bereits eine psychotische Episode, in der sie Wahnvorstellungen hatte – sie glaubte, ihre Mutter vergiften zu müssen. In der Highschool hatte sich die Patientin nicht wohl gefühlt, damals litt sie unter Schlafstörungen und war hyperaktiv. Zu dieser Zeit hatten ihre Eltern der ältesten Schwester viel Aufmerksamkeit geschenkt und die Patientin hatte sich ausgeschlossen und vernachlässigt gefühlt. Sie verglich sich ständig mit ihrer Schwester und musste sich ihre eigene Identität schwer erkämpfen. In der Familie gibt es mehrere Fälle von Depression: Der Neffe der Patientin hat sich deswegen das Leben genommen und ihr Vater ist manisch-depressiv.

 

Vor Kurzem ist eine langjährige Beziehung in die Brüche gegangen. Die Patientin hat eine neue Arbeitsstelle und große Angst, dort etwas falsch zu machen. Die Situation löst viel Stress in ihr aus. Sie fühlt sich sehr müde und träge, liegt oft einfach nur im Bett und schaut fern. Sie leidet unter Stimmungsschwankungen: in den depressiven Phasen fühlt sie sich sehr einsam und sieht für ihr Leben keine Perspektive; sie kommt alleine nicht sehr gut zurecht. Ihre Wohnung ist chaotisch, sie selbst kann sich nicht gut strukturieren, hat ihr Leben nicht im Griff. Aus diesem Grund klammert sie sich an andere Menschen: Sie kann es nur schwer ertragen, wenn Freunde oder Partner auch mal etwas alleine unternehmen wollen. Während der Anamnese fällt mir auf, dass die Patientin ständig Halt sucht: Sie redet sehr viel, ist immer auf der Suche nach einer Lösung, die sie aber nicht findet.

Analyse
Folgende Faktoren deuten auf die Kohlenstoffserie hin: sich klein fühlen, abhängig, klammert sich an andere, allein.
Die Problematik hat ihren Ursprung in der Herkunftsfamilie: Kohlenstoffserie, Magnoliidae.

Verschreibung: Drimys winterii (Winterrinde).

Follow-up
Nach der Einnahme von Drimys fühlt sich die Patientin für kurze Zeit sehr müde, danach hat sie deutlich mehr Energie als zuvor. Sie kann wieder arbeiten gehen und findet dort die Unterstützung, die sie braucht. Sie kann sich besser konzentrieren und auch der Kontakt zu anderen Menschen geht ihr leichter von der Hand. Sie fühlt sich nicht mehr so ausgeschlossen, wenn jemand aus ihrem Freundeskreis einmal allein sein möchte. Zu ihrer schizophrenen Schwester hat sie auch wieder Kontakt und kann mit ihr kommunizieren, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Früher ist ihr das nicht gelungen. Sie hat wieder angefangen zu singen und zu tanzen; sie sieht lebendig und frisch aus. Müdigkeit und Depression sind wie weggefegt. Der Patientin geht es seit über einem Jahr gut.

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Fotos: Wikimedia - Drimys winteri (Winterrinde) © Eric Hunt
           Shutterstock - allein - © Denis Rozhnovsky

Kategorie: Fälle
Schlüsselwörter: Schlafstörung, Herzrasen, Erschöpfung, hoch sensibel, allein, Scheidung.
Mittel: Drimys winterii.





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