Suchterkrankungen – Cannabis und Bulimie

Von Frans Kusse

 

Eine Patientin, Jahrgang 1980.

Diagnose: Cannabis-Missbrauch, Bulimie und Adipositas.

Erster Eindruck: sehr offen, möchte gefallen.

Auf meine Frage, warum sie hier sei, antwortete sie: „Meine Beziehung, ich liebe zu viel.“ „Meine Mutter hat das gleiche Problem, sie hat Angst, jemanden zu verlieren.“ Die Mutter ist magersüchtig. Ihre Eltern ließen sich scheiden als sie neun Jahre alt war, danach lebte sie bei ihrer Mutter und deren neuem Freund. Sie fühlte sich sehr einsam, verlassen und traurig. Dann kam die Bulimie. Sie schrie sehr viel, aber was sie wirklich vermisste, war die Liebe. Materiell wurde sie von ihrer Mutter gut versorgt, bekam aber keine Liebe. Mit fünfzehn fand sie heraus, dass ihr Vater nicht ihr biologischer Vater war.

Aktuell lebt sie mit einem Mann zusammen, der Alkoholprobleme hat. „Ich habe versucht, ihn zu ändern, damit er mit dem Trinken aufhört und mir mehr Liebe zeigt…“ „Ich mag mein Aussehen nicht.“

Innerlich empfindet sie viel Wut, lässt sie aber nicht raus. Sie hat Angst, nicht mehr geliebt zu werden.

 

Verschreibung:

Magnesium sulphuricum C30, ein Kügelchen pro Woche.

 

Follow up:

Sechs Wochen später:

„Ich kann mein Aussehen und meinen Freund jetzt mehr akzeptieren. Ich habe keine so großen Probleme mit dem Essen mehr und auch mein Verlangen nach Cannabis ist weg. Nur die Beziehung zu meiner Mutter ist sehr angespannt.“

Zwei Monate später berichtet sie, dass die Beziehung zu ihrer Mutter besser geworden ist. Sie kann ihr gegenüber offen sein und die Mutter akzeptiert sie so, wie sie ist. Aber die Bulimie ist noch da. Ich suche weiter nach der Ursache und die Patientin erzählt mir, dass sie Liebe braucht, diese aber nicht annehmen kann. Sie neigt dazu, den Anderen zurückzuweisen.

 

Zweite Verschreibung:

Chocolate C30, ein Kügelchen alle zwei Wochen.

 

Follow up 2:

Zwölf Wochen später:

Als sie das Behandlungszimmer betritt strahlt sie vor Glück.

„Ich fühle mich viel besser, auch in Bezug auf mein Aussehen; ich kann Liebe viel besser annehmen. Heute Morgen habe ich meine Mutter zum ersten Mal in meinem Leben umarmt!“ Ohne Anstrengung hat sie innerhalb von vier Wochen sechs Kilogramm abgenommen.

 

Diskussion:

Die Gründe für die erste Verschreibung waren:

Das Thema Liebe, Aussehen und Beziehung: Sulphur

Furcht, den Anderen zu verlieren: Magnesium

Bei uns in Holland haben sich die Magnesiums als nützliche Mittel erwiesen, um die Wunden einer Scheidung zu heilen. Viele Kinder geschiedener Eltern haben Beziehungsprobleme. Sie haben Angst, den Anderen zu verlieren und können deshalb ihre Wut nicht ausdrücken.

Magnesium sulphuricum passte auf den emotionalen Zustand der Patientin während der Erstanamnese. Ihr ging es danach in vielerlei Hinsicht besser, nur die Bulimie und ihre Zurückweisung von Liebe und Zuneigung hatten sich nicht gebessert.

Das Thema Liebe und diese aber zurückzuweisen ist das Merkmal des Mittels Chocolate. Bei Rajan Sankaran werden folgende Symptome erwähnt:

Panik, wenn getrennt

Wahnidee –getrennt – Welt; von der – sei; er

Fliehen, versucht zu – Kindern zu fliehen; von ihren

Liebevoll, herzlich

In diesen Symptomen spiegelt sich der Wechsel zwischen Verlangen nach und Zurückweisen der Liebe wider. Dr. Tom Oosthuizen (Holland) beschreibt die Problematik zwischen Mutter und Kind wir folgt: Die Mutter kann ihrem Kind keine bedingungslose Liebe geben und auch das Kind kann sich nicht bedingungslos selbst lieben.

Chocolate ist eines der Hauptmittel für Bulimie.

Nach der Einnahme von Chocolate konnte die Patientin sich selbst besser annehmen und hatte nicht mehr das Bedürfnis, sich mit einem Ersatz (Essen; vor allem Schokolade) vollzustopfen.

Die dritte Ebene: die konstitutionelle Behandlung.

Es gibt keine Unterscheidung zwischen der Behandlung von Ursache und Trauma oder konstitutioneller Therapie, denn beides ist miteinander verbunden. Die Empfänglichkeit für eine bestimmte Form von Trauma ist den Konstitutionen ‚angeboren‘. Ein ‚Staphysagria‘-Mensch reagiert empfindlicher auf Beleidigungen als die meisten anderen Menschen. Vor allem das Reaktionsmuster auf Traumata ist in der jeweiligen Konstitution verankert. Ein ‚Staphysagria‘-Mensch neigt zum Beispiel dazu, Ärger und Verdruss hinunterzuschlucken, während der ‚Nux vomica‘-Mensch seinen Ärger zum Ausdruck bringt.

Im ersten Fallbeispiel dieser Reihe passte Cannabis nicht nur zur aktuellen Situation, die durch den Cannabismissbrauch verursacht wurde, sondern auch zu dem konstitutionell veranlagten Reaktionsmuster auf Stress: der Patient vermeidet Probleme, indem er sich in eine Fantasiewelt flüchtet.

Im vorliegenden Fallbeispiel haben wir gesehen, dass Magnesium sulphuricum dazu beitrug, das Trauma, die Folgen der Scheidung ihrer Eltern und den Mangel an Liebe zu heilen. Nach der Gabe dieses Mittels war die Angst, den Anderen zu verlieren und ‚zu viel zu lieben‘ verschwunden. Chocolate wirkte auf einer tieferen Ebene, also auf die Reaktion der Patientin in Bezug auf die Liebe und Zurückweisung der Mutter.

Im nächsten Fallbeispiel einer Suchterkrankung ist das eigentliche Problem in der konstitutionellen Veranlagung zu finden. Das Trauma ist nicht deutlich zu erkennen und die Sucht hat viel mehr etwas mit der Persönlichkeit des Patienten zu tun.

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Kategorie: Mittel

Schlüsselwörter: Cannabis, Bulimie, Chocolate, Magnesium sulphuricum

Suchterkrankungen – Cannabis und Bulimie

Von Frans Kusse

 

Eine Patientin, Jahrgang 1980.

Diagnose: Cannabis-Missbrauch, Bulimie und Adipositas.

Erster Eindruck: sehr offen, möchte gefallen.

Auf meine Frage, warum sie hier sei, antwortete sie: „Meine Beziehung, ich liebe zu viel.“ „Meine Mutter hat das gleiche Problem, sie hat Angst, jemanden zu verlieren.“ Die Mutter ist magersüchtig. Ihre Eltern ließen sich scheiden als sie neun Jahre alt war, danach lebte sie bei ihrer Mutter und deren neuem Freund. Sie fühlte sich sehr einsam, verlassen und traurig. Dann kam die Bulimie. Sie schrie sehr viel, aber was sie wirklich vermisste, war die Liebe. Materiell wurde sie von ihrer Mutter gut versorgt, bekam aber keine Liebe. Mit fünfzehn fand sie heraus, dass ihr Vater nicht ihr biologischer Vater war.

Aktuell lebt sie mit einem Mann zusammen, der Alkoholprobleme hat. „Ich habe versucht, ihn zu ändern, damit er mit dem Trinken aufhört und mir mehr Liebe zeigt…“ „Ich mag mein Aussehen nicht.“

Innerlich empfindet sie viel Wut, lässt sie aber nicht raus. Sie hat Angst, nicht mehr geliebt zu werden.

 

Verschreibung:

Magnesium sulphuricum C30, ein Kügelchen pro Woche.

 

Follow up:

Sechs Wochen später:

„Ich kann mein Aussehen und meinen Freund jetzt mehr akzeptieren. Ich habe keine so großen Probleme mit dem Essen mehr und auch mein Verlangen nach Cannabis ist weg. Nur die Beziehung zu meiner Mutter ist sehr angespannt.“

Zwei Monate später berichtet sie, dass die Beziehung zu ihrer Mutter besser geworden ist. Sie kann ihr gegenüber offen sein und die Mutter akzeptiert sie so, wie sie ist. Aber die Bulimie ist noch da. Ich suche weiter nach der Ursache und die Patientin erzählt mir, dass sie Liebe braucht, diese aber nicht annehmen kann. Sie neigt dazu, den Anderen zurückzuweisen.

 

Zweite Verschreibung:

Chocolate C30, ein Kügelchen alle zwei Wochen.

 

Follow up 2:

Zwölf Wochen später:

Als sie das Behandlungszimmer betritt strahlt sie vor Glück.

„Ich fühle mich viel besser, auch in Bezug auf mein Aussehen; ich kann Liebe viel besser annehmen. Heute Morgen habe ich meine Mutter zum ersten Mal in meinem Leben umarmt!“ Ohne Anstrengung hat sie innerhalb von vier Wochen sechs Kilogramm abgenommen.

 

Diskussion:

Die Gründe für die erste Verschreibung waren:

Das Thema Liebe, Aussehen und Beziehung: Sulphur

Furcht, den Anderen zu verlieren: Magnesium

Bei uns in Holland haben sich die Magnesiums als nützliche Mittel erwiesen, um die Wunden einer Scheidung zu heilen. Viele Kinder geschiedener Eltern haben Beziehungsprobleme. Sie haben Angst, den Anderen zu verlieren und können deshalb ihre Wut nicht ausdrücken.

Magnesium sulphuricum passte auf den emotionalen Zustand der Patientin während der Erstanamnese. Ihr ging es danach in vielerlei Hinsicht besser, nur die Bulimie und ihre Zurückweisung von Liebe und Zuneigung hatten sich nicht gebessert.

Das Thema Liebe und diese aber zurückzuweisen ist das Merkmal des Mittels Chocolate. Bei Rajan Sankaran werden folgende Symptome erwähnt:

Panik, wenn getrennt

Wahnidee –getrennt – Welt; von der – sei; er

Fliehen, versucht zu – Kindern zu fliehen; von ihren

Liebevoll, herzlich

In diesen Symptomen spiegelt sich der Wechsel zwischen Verlangen nach und Zurückweisen der Liebe wider. Dr. Tom Oosthuizen (Holland) beschreibt die Problematik zwischen Mutter und Kind wir folgt: Die Mutter kann ihrem Kind keine bedingungslose Liebe geben und auch das Kind kann sich nicht bedingungslos selbst lieben.

Chocolate ist eines der Hauptmittel für Bulimie.

Nach der Einnahme von Chocolate konnte die Patientin sich selbst besser annehmen und hatte nicht mehr das Bedürfnis, sich mit einem Ersatz (Essen; vor allem Schokolade) vollzustopfen.

Die dritte Ebene: die konstitutionelle Behandlung.

Es gibt keine Unterscheidung zwischen der Behandlung von Ursache und Trauma oder konstitutioneller Therapie, denn beides ist miteinander verbunden. Die Empfänglichkeit für eine bestimmte Form von Trauma ist den Konstitutionen ‚angeboren‘. Ein ‚Staphysagria‘-Mensch reagiert empfindlicher auf Beleidigungen als die meisten anderen Menschen. Vor allem das Reaktionsmuster auf Traumata ist in der jeweiligen Konstitution verankert. Ein ‚Staphysagria‘-Mensch neigt zum Beispiel dazu, Ärger und Verdruss hinunterzuschlucken, während der ‚Nux vomica‘-Mensch seinen Ärger zum Ausdruck bringt.

Im ersten Fallbeispiel dieser Reihe passte Cannabis nicht nur zur aktuellen Situation, die durch den Cannabismissbrauch verursacht wurde, sondern auch zu dem konstitutionell veranlagten Reaktionsmuster auf Stress: der Patient vermeidet Probleme, indem er sich in eine Fantasiewelt flüchtet.

Im vorliegenden Fallbeispiel haben wir gesehen, dass Magnesium sulphuricum dazu beitrug, das Trauma, die Folgen der Scheidung ihrer Eltern und den Mangel an Liebe zu heilen. Nach der Gabe dieses Mittels war die Angst, den Anderen zu verlieren und ‚zu viel zu lieben‘ verschwunden. Chocolate wirkte auf einer tieferen Ebene, also auf die Reaktion der Patientin in Bezug auf die Liebe und Zurückweisung der Mutter.

Im nächsten Fallbeispiel einer Suchterkrankung ist das eigentliche Problem in der konstitutionellen Veranlagung zu finden. Das Trauma ist nicht deutlich zu erkennen und die Sucht hat viel mehr etwas mit der Persönlichkeit des Patienten zu tun.

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Kategorie: Mittel

Schlüsselwörter: Cannabis, Bulimie, Chocolate, Magnesium sulphuricum



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