Die Transformation des Wahnsinns und das Gift der Nachtschattengewächse: ein Fall von Doryphora (Kartoffelkäfer)

von Martin Begin
 

Nach drei gut dokumentierten Fällen von Doryphora, die sich alle zufriedenstellend entwickelt hatten, gab es zwei erfreuliche Ergebnisse: Es war klar, dass es gemeinsame Elemente bei verschiedenen Mitgliedern der gleichen Familie gab, und dass die Fälle in Beziehung zu der bekannten Dynamik der Quelle in ihrer natürlichen Umgebung standen.

 

In der Familie der Käfer (Coleoptera) haben die Familienmitglieder eine harte äußere Schutzschicht und einen verletzlichen inneren Körper, was ihre Dualität widerspiegelt, mit Betonung auf dunkel und hell bei den Glühwürmchen. Im Hinblick auf das Thema Metamorphose - für die Reifung sowie für die Spezies als Ganzes in ihrem Ökosystem - haben wir hier einen Leitfaden für die Verordnung von Käfer-Mitteln.

Wir wollen uns jetzt auf Doryphora decemlineata, den Colorado-Kartoffelkäfer konzentrieren; außerdem möchte ich auf meine vollständige Darstellung der Käfer-Familie in meinem Artikel in Homeopathic Links (Winter 2010, Bd. 23,S. 1-5) hinweisen, auf die ich mich hier beziehe.

Ich werde hier einen Doryphora-Fall vorstellen, der die zentrale Dynamik dieses Käfers umfasst, ich werde einige Gemeinsamkeiten mit anderen Käfer-Fällen zeigen, und wie das mit den Käfern im Allgemeinen verglichen werden kann.
 

Eine 27-jährige Ingenieurin kam zu mir mit beginnender Psoriasis; sie hatte einen etwa 2,5 cm großen quadratischen Flecken am Schienbein, der sich abschuppte und eine lila-rote, wunde Hautstelle zurück ließ. Besser an der Sonne.

Sie leidet schon länger unter Asthma, das durch Allergien oder Ängste ausgelöst wird; sie muss keuchen und bekommt ein Engegefühl in der Brust, die Kehle verschließt sich; schlimmer nach Laufen oder Spinning. Ihre Nase verstopft sich, sie bekommt Halsschmerzen und geschwollene Augen. Diese Reaktion wird von Katzen, Staub und Pollen ausgelöst und ist schlimmer im Herbst. Als Kind hatte sie chronische Bronchitis, Lungenentzündung und Haarausfall.

Vor sechs Jahren hatte sie seltsame Panikanfälle; sie fühlte sich von hohen Tönen überflutet, Gesichter starrten sie an, Krallen griffen nach ihr, die an ihr zerrten und sie lähmten. Sie hatte schreckliche Angst, und ihre Nerven lagen blank.

Sie träumt von Kindern oder von sich selbst, wie sie springt, und dann fliegen oder schweben kann.

In der Grundschule war sie sehr sensibel für die Ängste der anderen Kinder, und in ihrer Mittelschule gab es „böse Schlägerkinder und Mannsweiber“. Sie war ruhig und hielt sich im Hintergrund, geriet aber schließlich doch in das übliche Teenager-Drama hinein.
Sie interessierte sich sehr für Kunst und präsentierte sich von ihrer kreativen Seite. Das ermöglichte ihr außerdem, dem Mobbing und den Schlägereien zu entgehen.

Im Studium trank sie zu viel und wäre fast gescheitert; sie lebte von Reis, Krabben und Bier, und bekam Haarausfall. Sie spürte die Unausgewogenheit von Kunst und Wissenschaft, wobei ihr die letztere zu abstrakt und langweilig war. Sie machte alles, was sie wollte, und nichts, was sie hasste, aber jetzt hängt sie in ihrem Job fest. Sie musste ihre künstlerischen Ambitionen aufgeben, um eine Arbeit zu tun, die ihre Künstler-Eltern für sicherer hielten.

Wenn sie tut, was ihre Freunde wollen, anstatt das, was sie will, fühlt sie sich schuldig. Seit sie Geld verdient, kümmert sie sich mehr um ihre Familie, die sehr zu kämpfen hat, versucht aber auch mal „nein“ zu sagen, weil sie weiß, dass die Fähigkeit, nein zu sagen, zum  Erwachsenwerden gehört. Als sie 8 Jahre alt war, und ihre Eltern sich trennten, begannen ihre Mutter und ihre Freunde, um Geld zu betteln, und sie hatte das Gefühl, sie im Stich gelassen zu haben.

Sie fühlt sich zu instabilen Menschen hingezogen, und hält sich selbst für stabil, und sie sagt: „Ich berate sie, und dann sage ich ihnen, dass sie sich chic machen sollen oder dass sie erwachsen werden müssen.“ Im Moment ist ihr Job ist weniger anstrengend, so dass sie nebenbei ihre künstlerischen Ambitionen verfolgen kann, und Karriere, Geld und Vergnügen im Gleichgewicht sind. Einer ihrer Chefs ist süchtig und der andere ist ‚verrückt’. Sie benutzt oft Worte wie „wahnsinnig“ und „verrückt“, wenn sie die Menschen aus ihrem Umfeld beschreibt.

Wochenend-Exzesse wechseln sich ab mit Reinigungsprozeduren. Ihr wird schwindlig und kalt, wenn sie nichts isst; sie wurde fast ohnmächtig, als sie Vegetarierin war; sie ist etwas anämisch. Sie bekommt Kopfschmerzen durch Luftdruckveränderungen und Verspannung. Der sonnenarme Winter macht ihr energetisch zu schaffen. Durch Staub, Rauch und Stress bekommt sie leicht Fieberbläschen.

Hormonell ist sie stabil, solange sie die Pille nimmt; andernfalls zieht sich die Periode lange hin mit heftigen Krämpfen und prämenstruellem Syndrom. Sie hat Angst vor Schlangen, Tornados und Situationen, wo sie niemanden kennt. Sie spürt dann eine ablehnende Stimmung und schaltet ab; sie kann aber auch sehr lebendig sein, wenn sie sich engagiert und Spaß hat. Sie träumt davon, die Kontrolle zu verlieren.

Sie will ein Ziel verfolgen und bei der Stange bleiben, aber sie hat gelernt, alles hinzuwerfen, wenn es langweilig wird. Sie hatte 3 Jahre lang eine Beziehung zu einem jungen Mann; danach hatte sie kurze Intermezzi mit Männern, die „Spieler“ waren; sie zögerte nicht, einen von ihnen fallen zu lassen und zu sagen: „Der nächste bitte!“ Ihren faulen, unordentlichen Mitbewohner kann sie kaum ertragen.
 
Ergebnisse und Analyse:
Dieser Fall muss noch reifen, aber ich spüre, dass das Mittel zunächst eine deutliche Veränderung in Gang gesetzt hat; verschiedene Symptome haben sich „so ganz nebenbei“ gebessert. Die erste Konsultation lag etwa ein Jahr zurück. Nach 3 Follow-ups war die Psoriasis verschwunden, trat dann aber 6 Monate später erneut auf; deshalb kam sie wieder zu weiteren Konsultationen. Das Mittel wurde wiederholt, und die Psoriasis ging wieder stetig zurück; inzwischen ist sie fast verschwunden.

All die chaotischen, aggressiven, verrückten, dunklen und fordernden Energien um sie herum stellten eine Herausforderung dar, sich zu ändern; ihre Psoriasis kam wieder. Mit den o.g. Adjektiven lässt sich die Familie der Nachtschattengewächse gut beschreiben. Sie zeigt viele der gemeinsamen Merkmale der Käfer-Familie, sie muss die Ordnung und Stabilität mitten im Chaos der Solanaceae aufrecht erhalten.

Diese Dynamik zeigt sich beim Kartoffelkäfer im Hinblick auf seine Umgebung; er muss eine Resistenz gegen das Gift der Solanaceae entwickeln, da er sie zu seiner Ernährung und zum Überleben braucht. Bei den Glühwürmchen sehen wir ebenfalls eine Verbindung zu den Drogenabhängigen, aber mehr als Möglichkeit, als Konflikt zwischen Licht und Schatten im Patienten.

In einem Doryphora-Fall ist der Patient, obwohl er immer noch in den Hell-Dunkel-Konflikt verstrickt ist, eher ein Überlebender von Gift-Attacken und muss der Toxizität standhalten. „Das Sepsis-Delirium“ ist eine interessante und bekannte Rubrik, die auch im übertragenen Sinne zur Doryphora passt.

Dieselbe Dynamik zeigt sich in meinen beiden anderen Doryphora-Fällen auf ähnliche Weise. Die Aufgabe besteht darin, einen giftigen Einfluss in ein Gleichgewicht dunkler und heller Kräfte zu verwandeln, und letztlich mit chaotischen Energien zu deren Gunsten und im Einklang mit ihrem eigentlichem Auftrag umzugehen.

Ein weiterer gemeinsamer Aspekt in allen 3 Fällen war die Überempfindlichkeit auf Allergene und Energien, Atemnot und Angst, die u.a. aus der Übersensibilität auf Gifte resultiert. In unserem Fall zeigte sich als kleiner, aber aussichtsreicher Erfolg, dass sie keinen Kater mehr bekam. In einem anderen Fall trank die Patientin fast bis zur Alkoholvergiftung und wollte dann eine Entgiftung durchführen, die dann auch zu viel für sie war.

Im dritten Fall hatte die Patientin Angst vor Allergenen und dunklen Energien; sie war auf der Suche nach Ordnung und Schutz. Sie knüpfte Verbindungen zu toten Verwandten, die darum kämpften, sich aus ihren Schattenseiten zu erheben. Sie selbst fühlte sich verletzlich, als sie sich von ihrer dunklen Seite löste, aber ihre Zaghaftigkeit wurde zu Mut, und sie konnte standhalten, wie im ersten Fall.

Alle drei Patienten zeigten: Sensibilität für Energien; Pflichtgefühl gegenüber sich selbst; sie sahen starrende und drohende Gesichter (vielleicht der hydrophobische Anteil des Mittels); Stabilität gegenüber Chaos; und Verlust der Unabhängigkeit, oder sie waren extrem selbständig, um ein instabiles Umfeld zu kompensieren. Einen besonders charakteristischen Aspekt aller drei Fälle fasst die Patientin im dritten Fall zusammen, als sie sagt: „Ich wünschte, ich wäre nicht in diese ganzen Verrücktheiten in meinem Leben hinein gezogen worden.“
Die gemeinsamen Käfer-Merkmale in allen 3 Fällen war die allgemeine Verbesserung durch Sonne und Wärme, schlimmer im Dunklen und Kalten, Herpesbläschen, die tuberkulöse Unzufriedenheit, Fleiß, Einfühlungsvermögen, Fliehen und Flucht, die Notwendigkeit, zu reifen oder eine Metamorphose zu durchlaufen, und die Dualität: dunkel - hell, Härte und Schutz – Weichheit und Verletzlichkeit, Intellektualismus und Kreativität. Darüber hinaus geht es darum, durch die Dunkelheit zu gehen, um zum Licht zu gelangen, und Gleichgewicht durch eine erfolgreiche Metamorphose zu erreichen, was wiederum eine Evolution in ihrer Umgebung möglich macht – so haben die Käfer seit Jahrtausenden überlebt.

Unsere Haupt-Doryphora-Patientin erfuhr durch einen interessanten Prozess Erleichterung. Es machte ihr keine Probleme mehr, „Nein!“ zu Familien-Almosen zu sagen. Den „Müll“, den ihre Familie und ihr Mitbewohner in ihre Wohnung eingeschleust hatten, hat sie entsorgt, zusammen mit ihrer eigenen äußeren und inneren Reinigung, wobei sie sich übergeben musste.

Sie hat beschlossen, dass sie eine normale Beziehung zu einen festen Freund aufbauen und nicht mehr verrückt und süchtig sein will, und sagt: „Wenn mich jemand beleidigt, oder es „funkt“ bei ihm nicht, bin ich fix und fertig. Zerstört, ausgelöscht, kaputt.“ Doch jetzt sind alle hinter ihr her, obwohl sie sich immer noch ein wenig wie eine Aussätzige fühlt mit ihrem  kleinen Psoriasis-Fleck, der übrig geblieben ist. Sie ist nicht mehr empfänglich für Klatsch.

Beim dritten Follow-up haben sich auch ihre Fieberbläschen und die drückenden Kopfschmerzen gebessert. Je mehr vernünftiger sie wurde, desto chaotischer wurden die Menschen, die bei ihr Rat suchten. Doch als sie die Beratung bei einem einstellte, kamen die anderen auch nicht mehr. Sie sagte: „Ich sage ihnen, dass sie verrückt sind und sich an jemand  anders wenden müssen, anstatt sich fertig zu machen.“

Es wurde ihr bewusst, wie viel Geld sie ausgibt, und sie stellt nun einen Haushaltsplan auf. Bis zum vierten Follow-up hatte sie sich entschieden, was sie in ihrem Job nicht wollte; sie wollte ihr Ingenieur-Diplom erhalten und sich Möglichkeiten eröffnen, die gut für sie waren. Bevor sie diese Entscheidungen traf, spürte sie eine gewisse Anspannung und litt wie früher unter Konzentrationsstörungen, aber sie ist mehr überzeugt von dem, was sie tut. Sie ist vorsichtiger mit jungen Männern, die nur unverbindliche Beziehungen suchen, und macht sich bewusst, dass sie sich vielleicht selbst unverbindlich verhält.
 
Die obigen Follow-ups fanden etwa monatlich statt; danach kam sie nach 7 Monaten wieder und sagte, dass ihre Psoriasis seit 6 Monaten verschwunden sei. Als sie einiges Chaos erlebte, trat die Psoriasis erneut auf. Sie entdeckte, dass ihr Mitbewohner manisch-depressiv war und seine Medikamente nicht mehr nahm. Aber sie konnte gut damit umgehen, bezog eine klare Stellung, zog seine Mutter hinzu, und suchte sich eine andere Wohnung.
 
Sie begann eine neue Beziehung, aber ihr Freund, der unter dem Einfluss seines drogensüchtigen Chefs stand, wurde immer mehr drogenabhängig. Auch ihr Vater war drogensüchtig. Sie stellte ihrem Freund ein Ultimatum, und er hörte auf Drogen zu nehmen  und kündigte seinen Job. Es war interessant, dass er ihr das gleiche Gefühl gab, das sein Chef ihm gab: Instabilität. Sie war es nicht gewohnt, Dinge aufzuarbeiten, aber sie war bereit, es für ihn zu tun. Er forderte von ihr, nicht alles offen zu legen und zu besprechen, sondern ihm stattdessen lieber aus der Patsche zu helfen. Sie versuchte, einen Therapeuten zu finden, ließ es aber dann bleiben, weil sie dachte, dass es ohnehin nutzlos sei. Sie war noch immer anfällig für Stimmungsschwankungen, vor allem weil sie die Pille seit einem Monat abgesetzt hatte.
Zur gleichen Zeit wurden ihre Mutter und ihre Schwester immer anspruchsvoller und setzten sich in Szene. All das kam zusammen, und ihre Psoriasis trat wieder auf. Sie hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, wie in ihrem immer wiederkehrenden Traum von einem Schrott-Auto, das von selbst fuhr und in verschiedene Unfälle verwickelt wurde. Sie hatte auch einen  Traum, in dem sie „vergaß zu studieren“, aber sie schaffte es doch, indem sie in einem Buch nachlas und alle Antworten wusste.

Nachdem sie noch einige Gaben des Mittels erhalten hat, ist sie nun glücklich in ihrer neuen Wohnung, die einen Wintergarten für Gäste hat, und ihr den Raum gibt, den sie braucht. Ihr Freund ist auf Arbeitssuche, belastet sie aber nicht damit. Sie selbst sucht mit ihrem neuen Studienabschluss nach einer angemesseneren Arbeitsstelle. Und sie hat gemerkt, wie verrückt und perfektionistisch ihr Chef ist, und realisiert, dass sie früher auch so war; ihre eigene Dualität ist ihr bewusster geworden.

Sie fühlt sich entspannter, seit sie das Mittel genommen hat, und ist weniger empfindlich, auch was ihren Freund betrifft. Sie spürt, wann es um seine und nicht um ihre Themen geht, und fühlt sich nicht mehr abgelehnt. Sie kann bei ihm ganz Frau sein, ihre weibliche Seite ausleben, während sie in früheren Beziehungen oft die männliche Rolle übernahm und emotionslos Befehle ausgab. Ihre Schuppenflechte hat sich weiter gebessert und ist fast verschwunden. Sie hat keine Allergien, Erkältungen oder asthmaähnlichen Symptome mehr. Manchmal ist sie immer noch nervös, aber jetzt erkennt sie es und geht bewusster damit um.

Ich spüre, dass diese Frau noch weitere Besserungen erleben wird, wenn sie so weiter macht. Ich hoffe, dass diese Fälle zum Verständnis von Doryphora und ihrer 350.000 Verwandten beitragen werden.

 
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Marty Begin lebt und praktiziert in Toronto, Kanada.

Dieser Artikel wurde auf www.interhomeopathy.org publiziert.
Fotos:
shutterstock.com
© Marianne Mayer - Fotolia.com
 

Kategorie: Fälle
Schlüsselwörter: Solanaceae, Kartoffelkäfer, hell, dunkel, Metamorphose, Chaos, Dualität
Mittel: Doryphora decemlineata

Die Transformation des Wahnsinns und das Gift der Nachtschattengewächse: ein Fall von Doryphora (Kartoffelkäfer)

von Martin Begin
 

Nach drei gut dokumentierten Fällen von Doryphora, die sich alle zufriedenstellend entwickelt hatten, gab es zwei erfreuliche Ergebnisse: Es war klar, dass es gemeinsame Elemente bei verschiedenen Mitgliedern der gleichen Familie gab, und dass die Fälle in Beziehung zu der bekannten Dynamik der Quelle in ihrer natürlichen Umgebung standen.

 

In der Familie der Käfer (Coleoptera) haben die Familienmitglieder eine harte äußere Schutzschicht und einen verletzlichen inneren Körper, was ihre Dualität widerspiegelt, mit Betonung auf dunkel und hell bei den Glühwürmchen. Im Hinblick auf das Thema Metamorphose - für die Reifung sowie für die Spezies als Ganzes in ihrem Ökosystem - haben wir hier einen Leitfaden für die Verordnung von Käfer-Mitteln.

Wir wollen uns jetzt auf Doryphora decemlineata, den Colorado-Kartoffelkäfer konzentrieren; außerdem möchte ich auf meine vollständige Darstellung der Käfer-Familie in meinem Artikel in Homeopathic Links (Winter 2010, Bd. 23,S. 1-5) hinweisen, auf die ich mich hier beziehe.

Ich werde hier einen Doryphora-Fall vorstellen, der die zentrale Dynamik dieses Käfers umfasst, ich werde einige Gemeinsamkeiten mit anderen Käfer-Fällen zeigen, und wie das mit den Käfern im Allgemeinen verglichen werden kann.
 

Eine 27-jährige Ingenieurin kam zu mir mit beginnender Psoriasis; sie hatte einen etwa 2,5 cm großen quadratischen Flecken am Schienbein, der sich abschuppte und eine lila-rote, wunde Hautstelle zurück ließ. Besser an der Sonne.

Sie leidet schon länger unter Asthma, das durch Allergien oder Ängste ausgelöst wird; sie muss keuchen und bekommt ein Engegefühl in der Brust, die Kehle verschließt sich; schlimmer nach Laufen oder Spinning. Ihre Nase verstopft sich, sie bekommt Halsschmerzen und geschwollene Augen. Diese Reaktion wird von Katzen, Staub und Pollen ausgelöst und ist schlimmer im Herbst. Als Kind hatte sie chronische Bronchitis, Lungenentzündung und Haarausfall.

Vor sechs Jahren hatte sie seltsame Panikanfälle; sie fühlte sich von hohen Tönen überflutet, Gesichter starrten sie an, Krallen griffen nach ihr, die an ihr zerrten und sie lähmten. Sie hatte schreckliche Angst, und ihre Nerven lagen blank.

Sie träumt von Kindern oder von sich selbst, wie sie springt, und dann fliegen oder schweben kann.

In der Grundschule war sie sehr sensibel für die Ängste der anderen Kinder, und in ihrer Mittelschule gab es „böse Schlägerkinder und Mannsweiber“. Sie war ruhig und hielt sich im Hintergrund, geriet aber schließlich doch in das übliche Teenager-Drama hinein.
Sie interessierte sich sehr für Kunst und präsentierte sich von ihrer kreativen Seite. Das ermöglichte ihr außerdem, dem Mobbing und den Schlägereien zu entgehen.

Im Studium trank sie zu viel und wäre fast gescheitert; sie lebte von Reis, Krabben und Bier, und bekam Haarausfall. Sie spürte die Unausgewogenheit von Kunst und Wissenschaft, wobei ihr die letztere zu abstrakt und langweilig war. Sie machte alles, was sie wollte, und nichts, was sie hasste, aber jetzt hängt sie in ihrem Job fest. Sie musste ihre künstlerischen Ambitionen aufgeben, um eine Arbeit zu tun, die ihre Künstler-Eltern für sicherer hielten.

Wenn sie tut, was ihre Freunde wollen, anstatt das, was sie will, fühlt sie sich schuldig. Seit sie Geld verdient, kümmert sie sich mehr um ihre Familie, die sehr zu kämpfen hat, versucht aber auch mal „nein“ zu sagen, weil sie weiß, dass die Fähigkeit, nein zu sagen, zum  Erwachsenwerden gehört. Als sie 8 Jahre alt war, und ihre Eltern sich trennten, begannen ihre Mutter und ihre Freunde, um Geld zu betteln, und sie hatte das Gefühl, sie im Stich gelassen zu haben.

Sie fühlt sich zu instabilen Menschen hingezogen, und hält sich selbst für stabil, und sie sagt: „Ich berate sie, und dann sage ich ihnen, dass sie sich chic machen sollen oder dass sie erwachsen werden müssen.“ Im Moment ist ihr Job ist weniger anstrengend, so dass sie nebenbei ihre künstlerischen Ambitionen verfolgen kann, und Karriere, Geld und Vergnügen im Gleichgewicht sind. Einer ihrer Chefs ist süchtig und der andere ist ‚verrückt’. Sie benutzt oft Worte wie „wahnsinnig“ und „verrückt“, wenn sie die Menschen aus ihrem Umfeld beschreibt.

Wochenend-Exzesse wechseln sich ab mit Reinigungsprozeduren. Ihr wird schwindlig und kalt, wenn sie nichts isst; sie wurde fast ohnmächtig, als sie Vegetarierin war; sie ist etwas anämisch. Sie bekommt Kopfschmerzen durch Luftdruckveränderungen und Verspannung. Der sonnenarme Winter macht ihr energetisch zu schaffen. Durch Staub, Rauch und Stress bekommt sie leicht Fieberbläschen.

Hormonell ist sie stabil, solange sie die Pille nimmt; andernfalls zieht sich die Periode lange hin mit heftigen Krämpfen und prämenstruellem Syndrom. Sie hat Angst vor Schlangen, Tornados und Situationen, wo sie niemanden kennt. Sie spürt dann eine ablehnende Stimmung und schaltet ab; sie kann aber auch sehr lebendig sein, wenn sie sich engagiert und Spaß hat. Sie träumt davon, die Kontrolle zu verlieren.

Sie will ein Ziel verfolgen und bei der Stange bleiben, aber sie hat gelernt, alles hinzuwerfen, wenn es langweilig wird. Sie hatte 3 Jahre lang eine Beziehung zu einem jungen Mann; danach hatte sie kurze Intermezzi mit Männern, die „Spieler“ waren; sie zögerte nicht, einen von ihnen fallen zu lassen und zu sagen: „Der nächste bitte!“ Ihren faulen, unordentlichen Mitbewohner kann sie kaum ertragen.
 
Ergebnisse und Analyse:
Dieser Fall muss noch reifen, aber ich spüre, dass das Mittel zunächst eine deutliche Veränderung in Gang gesetzt hat; verschiedene Symptome haben sich „so ganz nebenbei“ gebessert. Die erste Konsultation lag etwa ein Jahr zurück. Nach 3 Follow-ups war die Psoriasis verschwunden, trat dann aber 6 Monate später erneut auf; deshalb kam sie wieder zu weiteren Konsultationen. Das Mittel wurde wiederholt, und die Psoriasis ging wieder stetig zurück; inzwischen ist sie fast verschwunden.

All die chaotischen, aggressiven, verrückten, dunklen und fordernden Energien um sie herum stellten eine Herausforderung dar, sich zu ändern; ihre Psoriasis kam wieder. Mit den o.g. Adjektiven lässt sich die Familie der Nachtschattengewächse gut beschreiben. Sie zeigt viele der gemeinsamen Merkmale der Käfer-Familie, sie muss die Ordnung und Stabilität mitten im Chaos der Solanaceae aufrecht erhalten.

Diese Dynamik zeigt sich beim Kartoffelkäfer im Hinblick auf seine Umgebung; er muss eine Resistenz gegen das Gift der Solanaceae entwickeln, da er sie zu seiner Ernährung und zum Überleben braucht. Bei den Glühwürmchen sehen wir ebenfalls eine Verbindung zu den Drogenabhängigen, aber mehr als Möglichkeit, als Konflikt zwischen Licht und Schatten im Patienten.

In einem Doryphora-Fall ist der Patient, obwohl er immer noch in den Hell-Dunkel-Konflikt verstrickt ist, eher ein Überlebender von Gift-Attacken und muss der Toxizität standhalten. „Das Sepsis-Delirium“ ist eine interessante und bekannte Rubrik, die auch im übertragenen Sinne zur Doryphora passt.

Dieselbe Dynamik zeigt sich in meinen beiden anderen Doryphora-Fällen auf ähnliche Weise. Die Aufgabe besteht darin, einen giftigen Einfluss in ein Gleichgewicht dunkler und heller Kräfte zu verwandeln, und letztlich mit chaotischen Energien zu deren Gunsten und im Einklang mit ihrem eigentlichem Auftrag umzugehen.

Ein weiterer gemeinsamer Aspekt in allen 3 Fällen war die Überempfindlichkeit auf Allergene und Energien, Atemnot und Angst, die u.a. aus der Übersensibilität auf Gifte resultiert. In unserem Fall zeigte sich als kleiner, aber aussichtsreicher Erfolg, dass sie keinen Kater mehr bekam. In einem anderen Fall trank die Patientin fast bis zur Alkoholvergiftung und wollte dann eine Entgiftung durchführen, die dann auch zu viel für sie war.

Im dritten Fall hatte die Patientin Angst vor Allergenen und dunklen Energien; sie war auf der Suche nach Ordnung und Schutz. Sie knüpfte Verbindungen zu toten Verwandten, die darum kämpften, sich aus ihren Schattenseiten zu erheben. Sie selbst fühlte sich verletzlich, als sie sich von ihrer dunklen Seite löste, aber ihre Zaghaftigkeit wurde zu Mut, und sie konnte standhalten, wie im ersten Fall.

Alle drei Patienten zeigten: Sensibilität für Energien; Pflichtgefühl gegenüber sich selbst; sie sahen starrende und drohende Gesichter (vielleicht der hydrophobische Anteil des Mittels); Stabilität gegenüber Chaos; und Verlust der Unabhängigkeit, oder sie waren extrem selbständig, um ein instabiles Umfeld zu kompensieren. Einen besonders charakteristischen Aspekt aller drei Fälle fasst die Patientin im dritten Fall zusammen, als sie sagt: „Ich wünschte, ich wäre nicht in diese ganzen Verrücktheiten in meinem Leben hinein gezogen worden.“
Die gemeinsamen Käfer-Merkmale in allen 3 Fällen war die allgemeine Verbesserung durch Sonne und Wärme, schlimmer im Dunklen und Kalten, Herpesbläschen, die tuberkulöse Unzufriedenheit, Fleiß, Einfühlungsvermögen, Fliehen und Flucht, die Notwendigkeit, zu reifen oder eine Metamorphose zu durchlaufen, und die Dualität: dunkel - hell, Härte und Schutz – Weichheit und Verletzlichkeit, Intellektualismus und Kreativität. Darüber hinaus geht es darum, durch die Dunkelheit zu gehen, um zum Licht zu gelangen, und Gleichgewicht durch eine erfolgreiche Metamorphose zu erreichen, was wiederum eine Evolution in ihrer Umgebung möglich macht – so haben die Käfer seit Jahrtausenden überlebt.

Unsere Haupt-Doryphora-Patientin erfuhr durch einen interessanten Prozess Erleichterung. Es machte ihr keine Probleme mehr, „Nein!“ zu Familien-Almosen zu sagen. Den „Müll“, den ihre Familie und ihr Mitbewohner in ihre Wohnung eingeschleust hatten, hat sie entsorgt, zusammen mit ihrer eigenen äußeren und inneren Reinigung, wobei sie sich übergeben musste.

Sie hat beschlossen, dass sie eine normale Beziehung zu einen festen Freund aufbauen und nicht mehr verrückt und süchtig sein will, und sagt: „Wenn mich jemand beleidigt, oder es „funkt“ bei ihm nicht, bin ich fix und fertig. Zerstört, ausgelöscht, kaputt.“ Doch jetzt sind alle hinter ihr her, obwohl sie sich immer noch ein wenig wie eine Aussätzige fühlt mit ihrem  kleinen Psoriasis-Fleck, der übrig geblieben ist. Sie ist nicht mehr empfänglich für Klatsch.

Beim dritten Follow-up haben sich auch ihre Fieberbläschen und die drückenden Kopfschmerzen gebessert. Je mehr vernünftiger sie wurde, desto chaotischer wurden die Menschen, die bei ihr Rat suchten. Doch als sie die Beratung bei einem einstellte, kamen die anderen auch nicht mehr. Sie sagte: „Ich sage ihnen, dass sie verrückt sind und sich an jemand  anders wenden müssen, anstatt sich fertig zu machen.“

Es wurde ihr bewusst, wie viel Geld sie ausgibt, und sie stellt nun einen Haushaltsplan auf. Bis zum vierten Follow-up hatte sie sich entschieden, was sie in ihrem Job nicht wollte; sie wollte ihr Ingenieur-Diplom erhalten und sich Möglichkeiten eröffnen, die gut für sie waren. Bevor sie diese Entscheidungen traf, spürte sie eine gewisse Anspannung und litt wie früher unter Konzentrationsstörungen, aber sie ist mehr überzeugt von dem, was sie tut. Sie ist vorsichtiger mit jungen Männern, die nur unverbindliche Beziehungen suchen, und macht sich bewusst, dass sie sich vielleicht selbst unverbindlich verhält.
 
Die obigen Follow-ups fanden etwa monatlich statt; danach kam sie nach 7 Monaten wieder und sagte, dass ihre Psoriasis seit 6 Monaten verschwunden sei. Als sie einiges Chaos erlebte, trat die Psoriasis erneut auf. Sie entdeckte, dass ihr Mitbewohner manisch-depressiv war und seine Medikamente nicht mehr nahm. Aber sie konnte gut damit umgehen, bezog eine klare Stellung, zog seine Mutter hinzu, und suchte sich eine andere Wohnung.
 
Sie begann eine neue Beziehung, aber ihr Freund, der unter dem Einfluss seines drogensüchtigen Chefs stand, wurde immer mehr drogenabhängig. Auch ihr Vater war drogensüchtig. Sie stellte ihrem Freund ein Ultimatum, und er hörte auf Drogen zu nehmen  und kündigte seinen Job. Es war interessant, dass er ihr das gleiche Gefühl gab, das sein Chef ihm gab: Instabilität. Sie war es nicht gewohnt, Dinge aufzuarbeiten, aber sie war bereit, es für ihn zu tun. Er forderte von ihr, nicht alles offen zu legen und zu besprechen, sondern ihm stattdessen lieber aus der Patsche zu helfen. Sie versuchte, einen Therapeuten zu finden, ließ es aber dann bleiben, weil sie dachte, dass es ohnehin nutzlos sei. Sie war noch immer anfällig für Stimmungsschwankungen, vor allem weil sie die Pille seit einem Monat abgesetzt hatte.
Zur gleichen Zeit wurden ihre Mutter und ihre Schwester immer anspruchsvoller und setzten sich in Szene. All das kam zusammen, und ihre Psoriasis trat wieder auf. Sie hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, wie in ihrem immer wiederkehrenden Traum von einem Schrott-Auto, das von selbst fuhr und in verschiedene Unfälle verwickelt wurde. Sie hatte auch einen  Traum, in dem sie „vergaß zu studieren“, aber sie schaffte es doch, indem sie in einem Buch nachlas und alle Antworten wusste.

Nachdem sie noch einige Gaben des Mittels erhalten hat, ist sie nun glücklich in ihrer neuen Wohnung, die einen Wintergarten für Gäste hat, und ihr den Raum gibt, den sie braucht. Ihr Freund ist auf Arbeitssuche, belastet sie aber nicht damit. Sie selbst sucht mit ihrem neuen Studienabschluss nach einer angemesseneren Arbeitsstelle. Und sie hat gemerkt, wie verrückt und perfektionistisch ihr Chef ist, und realisiert, dass sie früher auch so war; ihre eigene Dualität ist ihr bewusster geworden.

Sie fühlt sich entspannter, seit sie das Mittel genommen hat, und ist weniger empfindlich, auch was ihren Freund betrifft. Sie spürt, wann es um seine und nicht um ihre Themen geht, und fühlt sich nicht mehr abgelehnt. Sie kann bei ihm ganz Frau sein, ihre weibliche Seite ausleben, während sie in früheren Beziehungen oft die männliche Rolle übernahm und emotionslos Befehle ausgab. Ihre Schuppenflechte hat sich weiter gebessert und ist fast verschwunden. Sie hat keine Allergien, Erkältungen oder asthmaähnlichen Symptome mehr. Manchmal ist sie immer noch nervös, aber jetzt erkennt sie es und geht bewusster damit um.

Ich spüre, dass diese Frau noch weitere Besserungen erleben wird, wenn sie so weiter macht. Ich hoffe, dass diese Fälle zum Verständnis von Doryphora und ihrer 350.000 Verwandten beitragen werden.

 
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Marty Begin lebt und praktiziert in Toronto, Kanada.

Dieser Artikel wurde auf www.interhomeopathy.org publiziert.
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Kategorie: Fälle
Schlüsselwörter: Solanaceae, Kartoffelkäfer, hell, dunkel, Metamorphose, Chaos, Dualität
Mittel: Doryphora decemlineata





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