Oxytocin in der Praxis: Die endlose Suche nach Mutterliebe

von Danièle Joulin und Deborah Collins


Meine homöopathische Ausbildung nach der  Methode von Dominique Senn ließ mich und meine damalige Studiengruppe erkennen, dass Syntocinon® heute geradezu zu einer Standard-Behandlung bei der Geburt und sogar bei Kaiserschnitten und Abtreibungen geworden ist, wo es intrauterin injiziert wird.

Die Bedeutung von Oxytocin in meiner Praxis wurde durch die übliche Frage offenbart: „Wann haben Ihre Beschwerden angefangen?“ Wenn die Antwort „von Geburt an“ oder „seit meiner ersten Lebenswoche“ war, hat Oxytocin oft eine Lösung aufgezeigt. Ich habe viele Beschwerden wie postpartale Depression (viel schwerer als der nur wenige Tage anhaltende „Baby-Blues“), Allergien, Gelenkschmerzen oder Rückenschmerzen, Verdauungsbeschwerden und natürlich alles im gynäkologischen Bereich damit behandelt.

Mein bester Fall war der einer Frau, die Abtreibung als Verhütungsmittel benutzte und fünfzehn Mal abgetrieben hatte. Sie hatte einen Zahnabszess, der nach der Einnahme Oxytocinum XM innerhalb von 24 Stunden verschwand.

Meine Sicht von Oxytocin, dem Hormon der Anhänglichkeit, ist, dass es auch zur Ablösung führen kann. Die Verschmelzung in der Mutter-Kind-Beziehung kann so stark sein, dass es keinen Platz mehr für den Vater gibt. Er fühlt sich von seiner Frau abgelehnt, die überhaupt keine Libido mehr hat. Ich bin darauf gekommen es das „Scheidungshormon“ zu nennen, nachdem ich in den letzten zwanzig Jahren viele solcher Fälle erlebt habe. Der zweite Aspekt dieser intensiven Mutter-Kind-Bindung ist die Verdauung: eine Mutter, die Angst hat, dass ihr Kind nicht genug zu trinken bekommt, oder die sich weigert zu essen.

Darüberhinaus habe ich festgestellt, dass sich bei Kindern, die länger als  sechs Monate voll gestillt wurden, ebenso wie bei ihren Müttern eine Erhöhung des Oxytocinspiegels einstellt, was wiederum die Entwöhnung erschwert. Es ist, als ob sich Mutter und Kind in einer Blase befinden, wo die Mutter dem Kind uneingeschränkt zur Verfügung steht.

In meiner Praxis hat Oxytocin dazu beigetragen, diese überwältigende und zu anspruchsvolle Bindung zu entwirren, aber ich habe immer ein weiteres Mitte als Folgemittel eingesetzt. Ich habe es als vermittelndes Zwischenmittel verwendet, ein Hilfsmittel, um eine flexiblere Bindung mit der Mutter zu finden, sogar bei Erwachsenen, noch lange nach dem Abstillen!

 

Forschung über Oxytocin und männliche Untreue

Oxytocin, das als „Kuschelhormon“ bekannt ist, hat, wie sich herausgestellt hat, eine bemerkenswerte Wirkung auf die Männer, die es einnehmen: es scheint, dass sie weniger Lust haben, eine außereheliche Beziehung zu beginnen. Oxytocin ist besonders für seine Rolle in der Beziehung zwischen Mutter und Kind bekannt und erzeugt ein Glücksgefühl, welches dem ähnelt, das Frauen mit ihrem Partner oder beim Orgasmus erleben. Bei Männern schafft dieses Hormon ein starkes Gefühl von emotionaler Bindung, das - so die Forschungsergebnisse - Untreue verhindert.

Israelische Forscher entdeckten im Jahr 2012 einen positiven Zusammenhang zwischen Oxytocin und dem Erfolg von neuen Partnerschaften. Der Oxytocinspiegel im Blut hat sich als zuverlässiger Indikator für die zukünftige Entwicklung von Beziehungen erwiesen.

Kürzlich sind deutsche Forscher der Universität Bonn noch einen Schritt weiter gegangen und haben entdeckt, dass Oxytocin nicht nur die emotionale Bindung zwischen Menschen stärkt, sondern auch verhindert, dass Männer außereheliche Beziehungen eingehen.

Fall: von Deborah Collins

Ein Mann in den Sechzigern kommt zur Behandlung wegen seines zunehmend schweren Hustens, der so schlimm geworden ist, dass er fürchtet, an dem  Husten zu sterben. Er wurde bereits früher homöopathisch behandelt und hat gut auf Staphisagria reagiert, was jedoch seinen Husten nicht tangierte.

Der rote Faden, der sich durch sein Leben zieht, scheint seine Beziehung - oder besser: die fehlende Beziehung - zu seiner Mutter zu sein. Obwohl er therapeutisch viel an diesem großen Mangel in seinem Leben gearbeitet hat, beeinflusste seine schwierige Mutterbeziehung weiterhin viele Aspekte seines Lebens, vor allem in Bezug auf Frauen. Er war viermal verheiratet und viermal geschieden. Jedes Mal glaubte er, endlich die bedingungslose Liebe, die ihm immer gefehlt hatte, gefunden zu haben, aber wenn ihm seine neue Partnerin das nicht bieten konnte, begann er sich woanders umzusehen.

Es scheint, dass seine Mutter überhaupt nicht bereit für eine Mutterschaft war, als sie mit ihm schwanger war. Sie trug schwer an den Problemen aus ihrer eigenen Kindheit, einschließlich einer harten Mutter, die ihre finanzielle Lage nicht mehr bewältigen konnte, als ihr Mann sie verließ. Sie erzählte viele verschiedene Versionen von seiner Geburt, darunter einen Kaiserschnitt, obwohl sie keinerlei Narben hat. Alles, was sie sagt, verstärkt nur das Gefühl meines Patienten, dass er zu viel für sie war und nie willkommen geheißen wurde. Tatsächlich wurde er in den ersten drei Lebensjahren so sehr vernachlässigt, dass sich schließlich eine ältere Nachbarin seiner annahm, und er die meiste Zeit seiner Jugend bei ihr verbrachte. Sie wurde viel mehr eine Mutter für ihn als seine leibliche Mutter.

Dieses „Unwillkommensein“, verbunden mit einer Neigung, sich keine Gelegenheit für die Liebe entgehen zu lassen, wies auf Oxytocinum hin.

Verordnung:  

Oxytocinum C 200, später 1M

Follow-up:

Der Husten verminderte sich fast sofort auf etwa 5% von dem, was er vorher gewesen war. Er konnte wieder lange Spaziergänge machen und hatte keine Angst mehr, dass er am Husten sterben würde. Noch wichtiger war jedoch die Beziehung zu seiner inzwischen verstorbenen Mutter. „Selbst an sie zu denken, hatte mich gewöhnlich mit Wut und Frust erfüllt. Ich konnte es nicht ertragen die Musik, die sie gemocht hatte, anzuhören - ich stellte das Radio ab, wenn sie erklang - aber jetzt höre ich sie mir extra an, und es erfüllt mich mit Wärme.“

Die Mutter-Kind-Beziehung, die während ihrer gemeinsamen Jahre gefehlt hatte, schien zu heilen. Es ist nie zu spät.

**********************************************************************************************

Dieser Artikel wurde auf www.interhomeopathy.org publiziert

Fotos: Fotolia - mutter_kind - © Lena S., Shutterstock - Teenager boy worried sitting on the floor with a hand on the head - © Antonio Guillem, 

Kategorie: Allgemein

Stichwörter: postnatale Depression, gynäkologische Probleme, Loslösung, symbiotische Mutter-Kind-Beziehung, Untreue, Entwöhnung

Mittel: Oxytocinum

 

Oxytocin in der Praxis: Die endlose Suche nach Mutterliebe

von Danièle Joulin und Deborah Collins


Meine homöopathische Ausbildung nach der  Methode von Dominique Senn ließ mich und meine damalige Studiengruppe erkennen, dass Syntocinon® heute geradezu zu einer Standard-Behandlung bei der Geburt und sogar bei Kaiserschnitten und Abtreibungen geworden ist, wo es intrauterin injiziert wird.

Die Bedeutung von Oxytocin in meiner Praxis wurde durch die übliche Frage offenbart: „Wann haben Ihre Beschwerden angefangen?“ Wenn die Antwort „von Geburt an“ oder „seit meiner ersten Lebenswoche“ war, hat Oxytocin oft eine Lösung aufgezeigt. Ich habe viele Beschwerden wie postpartale Depression (viel schwerer als der nur wenige Tage anhaltende „Baby-Blues“), Allergien, Gelenkschmerzen oder Rückenschmerzen, Verdauungsbeschwerden und natürlich alles im gynäkologischen Bereich damit behandelt.

Mein bester Fall war der einer Frau, die Abtreibung als Verhütungsmittel benutzte und fünfzehn Mal abgetrieben hatte. Sie hatte einen Zahnabszess, der nach der Einnahme Oxytocinum XM innerhalb von 24 Stunden verschwand.

Meine Sicht von Oxytocin, dem Hormon der Anhänglichkeit, ist, dass es auch zur Ablösung führen kann. Die Verschmelzung in der Mutter-Kind-Beziehung kann so stark sein, dass es keinen Platz mehr für den Vater gibt. Er fühlt sich von seiner Frau abgelehnt, die überhaupt keine Libido mehr hat. Ich bin darauf gekommen es das „Scheidungshormon“ zu nennen, nachdem ich in den letzten zwanzig Jahren viele solcher Fälle erlebt habe. Der zweite Aspekt dieser intensiven Mutter-Kind-Bindung ist die Verdauung: eine Mutter, die Angst hat, dass ihr Kind nicht genug zu trinken bekommt, oder die sich weigert zu essen.

Darüberhinaus habe ich festgestellt, dass sich bei Kindern, die länger als  sechs Monate voll gestillt wurden, ebenso wie bei ihren Müttern eine Erhöhung des Oxytocinspiegels einstellt, was wiederum die Entwöhnung erschwert. Es ist, als ob sich Mutter und Kind in einer Blase befinden, wo die Mutter dem Kind uneingeschränkt zur Verfügung steht.

In meiner Praxis hat Oxytocin dazu beigetragen, diese überwältigende und zu anspruchsvolle Bindung zu entwirren, aber ich habe immer ein weiteres Mitte als Folgemittel eingesetzt. Ich habe es als vermittelndes Zwischenmittel verwendet, ein Hilfsmittel, um eine flexiblere Bindung mit der Mutter zu finden, sogar bei Erwachsenen, noch lange nach dem Abstillen!

 

Forschung über Oxytocin und männliche Untreue

Oxytocin, das als „Kuschelhormon“ bekannt ist, hat, wie sich herausgestellt hat, eine bemerkenswerte Wirkung auf die Männer, die es einnehmen: es scheint, dass sie weniger Lust haben, eine außereheliche Beziehung zu beginnen. Oxytocin ist besonders für seine Rolle in der Beziehung zwischen Mutter und Kind bekannt und erzeugt ein Glücksgefühl, welches dem ähnelt, das Frauen mit ihrem Partner oder beim Orgasmus erleben. Bei Männern schafft dieses Hormon ein starkes Gefühl von emotionaler Bindung, das - so die Forschungsergebnisse - Untreue verhindert.

Israelische Forscher entdeckten im Jahr 2012 einen positiven Zusammenhang zwischen Oxytocin und dem Erfolg von neuen Partnerschaften. Der Oxytocinspiegel im Blut hat sich als zuverlässiger Indikator für die zukünftige Entwicklung von Beziehungen erwiesen.

Kürzlich sind deutsche Forscher der Universität Bonn noch einen Schritt weiter gegangen und haben entdeckt, dass Oxytocin nicht nur die emotionale Bindung zwischen Menschen stärkt, sondern auch verhindert, dass Männer außereheliche Beziehungen eingehen.

Fall: von Deborah Collins

Ein Mann in den Sechzigern kommt zur Behandlung wegen seines zunehmend schweren Hustens, der so schlimm geworden ist, dass er fürchtet, an dem  Husten zu sterben. Er wurde bereits früher homöopathisch behandelt und hat gut auf Staphisagria reagiert, was jedoch seinen Husten nicht tangierte.

Der rote Faden, der sich durch sein Leben zieht, scheint seine Beziehung - oder besser: die fehlende Beziehung - zu seiner Mutter zu sein. Obwohl er therapeutisch viel an diesem großen Mangel in seinem Leben gearbeitet hat, beeinflusste seine schwierige Mutterbeziehung weiterhin viele Aspekte seines Lebens, vor allem in Bezug auf Frauen. Er war viermal verheiratet und viermal geschieden. Jedes Mal glaubte er, endlich die bedingungslose Liebe, die ihm immer gefehlt hatte, gefunden zu haben, aber wenn ihm seine neue Partnerin das nicht bieten konnte, begann er sich woanders umzusehen.

Es scheint, dass seine Mutter überhaupt nicht bereit für eine Mutterschaft war, als sie mit ihm schwanger war. Sie trug schwer an den Problemen aus ihrer eigenen Kindheit, einschließlich einer harten Mutter, die ihre finanzielle Lage nicht mehr bewältigen konnte, als ihr Mann sie verließ. Sie erzählte viele verschiedene Versionen von seiner Geburt, darunter einen Kaiserschnitt, obwohl sie keinerlei Narben hat. Alles, was sie sagt, verstärkt nur das Gefühl meines Patienten, dass er zu viel für sie war und nie willkommen geheißen wurde. Tatsächlich wurde er in den ersten drei Lebensjahren so sehr vernachlässigt, dass sich schließlich eine ältere Nachbarin seiner annahm, und er die meiste Zeit seiner Jugend bei ihr verbrachte. Sie wurde viel mehr eine Mutter für ihn als seine leibliche Mutter.

Dieses „Unwillkommensein“, verbunden mit einer Neigung, sich keine Gelegenheit für die Liebe entgehen zu lassen, wies auf Oxytocinum hin.

Verordnung:  

Oxytocinum C 200, später 1M

Follow-up:

Der Husten verminderte sich fast sofort auf etwa 5% von dem, was er vorher gewesen war. Er konnte wieder lange Spaziergänge machen und hatte keine Angst mehr, dass er am Husten sterben würde. Noch wichtiger war jedoch die Beziehung zu seiner inzwischen verstorbenen Mutter. „Selbst an sie zu denken, hatte mich gewöhnlich mit Wut und Frust erfüllt. Ich konnte es nicht ertragen die Musik, die sie gemocht hatte, anzuhören - ich stellte das Radio ab, wenn sie erklang - aber jetzt höre ich sie mir extra an, und es erfüllt mich mit Wärme.“

Die Mutter-Kind-Beziehung, die während ihrer gemeinsamen Jahre gefehlt hatte, schien zu heilen. Es ist nie zu spät.

**********************************************************************************************

Dieser Artikel wurde auf www.interhomeopathy.org publiziert

Fotos: Fotolia - mutter_kind - © Lena S., Shutterstock - Teenager boy worried sitting on the floor with a hand on the head - © Antonio Guillem, 

Kategorie: Allgemein

Stichwörter: postnatale Depression, gynäkologische Probleme, Loslösung, symbiotische Mutter-Kind-Beziehung, Untreue, Entwöhnung

Mittel: Oxytocinum

 





Kommentare






Top-Kommentare

Neueste Kommentare zuerst anzeigen
Hinrich Noormann

vor 10 Monaten
Tief getroffen, denn ich sehe mich in diesem Artikel. weiterlesen ...
1 Person findet das hilfreich. Finden Sie das hilfreich?
Ja
 
Nein


Aktuelle Artikel aus der Homöopathie

zurück zurück zur Übersicht