Frei und ungebunden zu sein ist sehr befreiend:
ein Fall von Kanadareiher (Ardea herodias)

 von Marion Cattley

 

Der 41-jährige Patient kommt zu mir in die Sprechstunde,
weil seine Schwester darauf bestanden hat.
Er leidet unter Zahnbeschwerden,
bei denen der Zahnarzt nicht helfen kann.


Marion Cattley (MC):
Erzählen Sie mir bitte, was mit Ihren Zähnen los ist…

Patient (P):
Meine Schwester sagte mir, dass Sie mir bestimmt helfen können. Eigentlich mache ich mir gar nicht so viele Gedanken. Ich denke, ich werde einfach eine Weile warten müssen und dann wird sich das Problem wieder von selbst lösen, dann wird wieder alles ganz normal sein. Ich durchlebe gerade eine Krise und man sagt mir, ich sei viel zu entspannt deswegen. Alle sagen, ich sollte etwas tun, aber ich sehe keine Notwendigkeit dafür.

Ich habe mich verändert und das, was mir früher wichtig war, hat an Bedeutung verloren. Ich bin ruhiger geworden und bin gern allein. Es ärgert mich, dass die Leute mich dazu bewegen wollen, aktiver zu sein, mich abzulenken. Mir geht es gut, wenn ich alleine bin; aber niemand will das hören. Im Moment ist es gut so, wie es ist. Ich möchte einfach in Ruhe gelassen werden. Ich möchte Zeit für mich haben und meinen Gedanken nachhängen können. Die Leute glauben immer, sie würden mir etwas Gutes tun.

Meine Schwester glaubt, dass ich einen Nervenzusammenbruch habe, weil ich wie weggetreten bin und auf nichts mehr anspreche – also, wenn das ein Nervenzusammenbruch sein soll, dann fühlt sich das richtig gut an. Ich habe mich als Mann verändert und meine Freunde erkennen mich nicht wieder – aber das ist ihr Problem, nicht meins. Ich weiß, dass es für alles, was im Leben passiert, einen Grund gibt. Im Moment weiß ich nur nicht so genau, was das für mich und mein Leben bedeutet. Vielleicht war ich schon immer ein Einzelgänger und wusste es nur nicht. Vielleicht hat mich das Leben selbst erstickt?

MC: Was ist mit Ihren Zähnen?

P: Ich habe Zahnschmerzen, das hatte ich noch nie. Ich kann nicht mehr richtig kauen. Mittlerweile vermeide ich es, mein Essen zu kauen und schlucke es einfach herunter. Das ist natürlich alles andere als ideal, weil ich davon manchmal Verdauungsbeschwerden bekomme.

MC:
Erzählen Sie mehr…

P: Das war es eigentlich schon – ich habe Zahnschmerzen und kann mein Essen nicht kauen. (lange Pause) Mehr kann ich nicht dazu sagen, es sind Zahnschmerzen, die dazu führen, dass ich mein Essen nicht mehr so gut kauen kann.

MC: Erzählen Sie mir bitte noch mehr über diesen Schmerz, der das Kauen unmöglich macht.

P: Es ist einfach ein Schmerz – es fühlt sich an, als hätte ich an dieser Stelle einen Zahn verloren - er ist nicht mehr da, aber die Stelle schmerzt, als wäre der Zahn noch da. Es fühlt sich fast so an, als würden meine Zähne in die verbleibende Lücke gezerrt und sie schmerzen, weil sie in diese Lücke gezogen wurden, um den fehlenden Zahn zu ersetzen. Meine Augen tränen auch, vor allem bei Wind. Ich habe das untersuchen lassen, aber auf dem Röntgenbild war nichts zu sehen. Ich habe ja eigentlich gar keine Zahnlücke, obwohl es sich so anfühlt.

MC: Wie fühlt sich das an, wenn die Zähne in die Lücke gedrängt werden und deswegen schmerzen? Weil sie die Lücke ausfüllen sollen?
P: Ich sage ja nicht, dass es tatsächlich so ist; ich sage nur, dass es so sein könnte.

MC: Das ist sehr gut, genau das möchte ich wissen. Ihre Beschreibung hilft mir sehr, machen Sie sich bitte keine Sorgen, erzählen Sie einfach weiter und folgen Sie Ihren Gedanken…  Ihre Zähne müssen die Lücke füllen und das verursacht Schmerzen….

P: Nein, es tut nur weh, mehr kann ich dazu nicht sagen.

MC: Was sagt Ihr Zahnarzt dazu?

P: Er sagt, dass es keinen Grund für die Schmerzen gibt. Die Röntgenaufnahmen sind in Ordnung, also kann mein Leben weitergehen und die Schmerzen auch. Er war nicht sonderlich hilfreich, aber zumindest habe ich ihn nicht an mir herumfummeln lassen.

MC: Stellen Sie sich bitte noch einmal vor, wie das ist, wenn Ihre Zähne in die Lücke geschoben werden und deswegen schmerzen….

P: Na, das ist doch das, was die Zahnärzte mit dir machen würden. Sie würden die Lücke nicht einfach so stehen lassen; sie würden dir eine Zahnspange machen – das heißt, wenn man ein Kind ist – um die Zähne geradezurücken, damit keine Lücke entsteht.

MC: Wie fühlt sich das an – ohne Lücke?

P: Irgendwie eng, kein Platz – man wird gezwungen irgendwo hin zu gehen, wo man eigentlich nicht hingehen will. Immer beschäftigt sein, keine Zeit zum Nachdenken haben, keine Zeit, sich selbst zu sein. Die Lücke hat schon etwas Gutes.

MC: Warum ist die Lücke gut?

P: Sie ist nur für sich selbst da und das ist gut so. Die Lücke steht alleine, hat Abstand zu den anderen und das fühlt sich gut an. Da ist Platz und es gibt keinen Grund, diesen Platz zu füllen. Sie steht getrennt von den anderen Zähnen und macht etwas deutlich, eine deutliche Ansage. Jeder kann es sehen. Sie sieht vielleicht nicht so gut aus, aber die Lücke schert sich nicht darum, ob sie passt oder nicht. Sie hat erfolgreich Widerstand geleistet und hat es nicht zugelassen, dass die anderen Zähne aufrücken und die Lücke schließen. Sie hat die Kraft, sich allem und jedem zu widersetzen. Sie weiß, was sie will. Sie ist glücklich und zufrieden, sehr individuell. Jeder merkt, dass sie etwas Besonderes ist, weil sie anders aussieht (der Patient macht eine lange Pause und schaut aus dem Fenster – er sitzt sehr still und starrt vor sich hin).

Hm, das ist wirklich eine erstaunliche Erfahrung…. Sie haben mich dazu gebracht, über mich selbst zu reden, was ich normalerweise nicht mache. Aber es fühlt sich gut an, etwas surreal, aber ich fühle mich sicher. Meine Zähne haben einen Moment lang auch aufgehört, weh zu tun. Ich fühle mich erleichtert.
Ihnen ist sicher schon aufgefallen, dass ich über mich selbst spreche, wenn ich von der Lücke erzähle. Ich wurde ja dazu gezwungen, mich den anderen anzuschließen. Es ist sehr schwierig für mich im Moment; meine Frau (sie ist Amerikanerin) ist wieder nach Amerika zurückgegangen und hat die Kinder mitgenommen, damit sie dort zur Schule gehen können. Das Merkwürdige dabei ist, dass das in Ordnung ist für mich. Die Trennung fühlt sich gut an, aber alle erwarten, dass ich meine Frau dafür hasse. Aber sie hat mir doch nichts getan. Warum sollte ich sie hassen? Sie hat Recht, es musste so kommen. Ich hatte ja nie Zeit ihr zuzuhören. Ich arbeite als Webdesigner, es ist eine hektische Welt, du bist allein da draußen und ich war immer nur abends da – selbst an den Wochenenden habe ich gearbeitet. Ich hatte zu viel zu tun, hatte nie Zeit nachzudenken, mich selbst zu sein, mich selbst kennenzulernen. Die ganze Sache hat mir einen Gefallen getan. Ich bin mir nicht sicher, ob ich etwas ändern muss, aber im Moment genügt es mir, allein zu sein mit mir selbst.

Alle denken, ich müsste absolut verzweifelt sein. Alle glauben, ich würde Drogen nehmen, weil ich so ruhig und gelassen bin. Meine Schwester sagt, ich sei wie weggetreten. Ich gehe jetzt anders an meine Arbeit heran. Ich lasse jetzt zu, dass sich die Dinge viel mehr entwickeln, das braucht Zeit und es ist in Ordnung – warum sollte ich hetzen? Es wird alles gut. Unsere Ehe, die Kinder – sie sind immer noch da, wir brauchen einfach nur Zeit, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Einfach da zu sein – das ist ein sehr kraftvoller Zustand, so etwas habe ich vorher noch nie empfunden.

Ich brauche Hilfe, um das für mich zu verarbeiten – dass sie jetzt in den USA sind. Und dass es für mich in Ordnung ist, so distanziert zu sein.

Ich weiß, um was es hier geht. Ich habe ein Gespür für diese Dinge, ich kenne mich selbst sehr gut. Es geht um mein Empfinden, meine Distanz, aber auch um meine Verbindung zu meiner Familie.

MC: Erzählen Sie mehr darüber…

P: Distanziert, losgelöst zu sein ist sehr befreiend. Ich habe Zeit nachzudenken. Meine Freunde wollen mir ständig Ratschläge geben, wissen aber eigentlich gar nicht, wie es mir geht. Ich stehe an der Seitenlinie und schaue zu, wie sich mein Leben vor mir entfaltet, ich warte ab und beobachte, bis ich weiß, was ich zu tun habe. Ohne Eile, ich lasse es einfach geschehen.

S., meine Frau, hat mir die Kinder nicht weggenommen. Seit fünf oder sechs Jahren hat sie versucht, mit mir zu reden und ich wollte nicht zuhören. Ich hatte nie Zeit. Sie hat Recht, sie musste das für sich tun. Ich hasse sie nicht, ich liebe sie, sie hat mir das nicht angetan. Ich muss sie deswegen nicht angreifen. Sie weiß, was für unsere Familie am besten ist und wartet darauf, dass ich auch so weit bin – ohne Druck. Sie ist der wunderbarste, gelassenste Mensch, den ich kenne, aber ich weiß nicht, wie ich eine Beziehung zu ihr aufbauen soll. Sie ist sehr sensibel, sehr einfühlsam; ich war nie so, glaube ich, aber jetzt – na ja, jetzt kann ich vieles spüren und beobachten, ich kann die Dinge sehen. Das habe ich vorher noch nie gemacht.

MC: Was heißt spüren, beobachten, sehen?

P: Ich warte ab. Ich habe Zeit, alle Zeit der Welt. Ich will einfach nur still dastehen und die Welt beobachten, die sich um mich herum dreht. Es gibt so viele Dinge, die ich nie zuvor gesehen habe, die Wunder dieser Welt und die wunderbare Natur um uns herum.

MC: Was sehen Sie?

P: Nur mich, alleine, ganz ruhig in einer Umgebung, in der ich entspannen kann – ich bewege mich nicht, bin völlig reglos, beobachte, spüre die Luft, atme die Luft, rieche die Luft, schaue in den Himmel und staune, weil es alles so wunderbar ist. Ich brauche nichts, denn ich habe alles – ich bin zufrieden. Ich kann stundenlang so verharren, aber wenn es dunkel wird gehe ich zu meiner Familie zurück. Am nächsten Tag komme ich wieder, ganz alleine, abgetrennt von der Welt. Ich spüre die Euphorie.

MC: Wo sind Sie?

P: Alleine am Fluss, ich stehe am Flussufer und angle. Es ist ein wunderschöner Tag, niemand ist da, es ist ganz ruhig, Stille und Ruhe. Ich habe Angst mich zu bewegen, weil der Zauber verschwinden könnte, aber ich kann mich lautlos bewegen, ganz ruhig, ohne einen Laut von mit zu geben, selbst das Wasser bleibt unberührt, nichts bewegt sich, es ist so ruhig und still. Ich bin eins mit dem Universum. Es ist ein Privileg, dies alles zu haben. S. hat mich zu ihr gebracht ohne es zu wissen. Es wäre so einfach gewesen, dem Rat meiner Freunde zu folgen und sie zu zerstören, als sie ging. Aber das wollte ich nicht. Sie ist einfach aus dem Nest geflogen und eines Tages werde ich ihr nachfliegen um mit ihr sein zu können.

Verschreibung: Ardea herodias, der Kanadareiher  

Follow-up
Fünf Wochen später: Der Patient hat seine Arbeitskollegen davon überzeugen können, eine Dependance der Firma in Amerika zu eröffnen. In drei Monaten wird er seiner Familie nach Amerika folgen. Seine Frau und Kinder hat er bereits dort besucht und die Familie freut sich sehr, dass er zu ihnen kommen wird. Er erzählt, dass er sich sehr verändert habe. Seine Frau sagt, er sei wieder der Mann, den sie geheiratet hat. Sie musste eine Entscheidung treffen, um zu sehen, ob er innehalten und nachdenken würde über sein Leben. Sie ging ein kalkuliertes Risiko ein und behielt Recht.

Acht Wochen später: Er genießt seine Zeit alleine noch immer. Die Familie ist gerade dabei in den USA ein Haus zu kaufen – durch das Grundstück führt ein Fluss, an den er sich zurückziehen, in Ruhe die Natur genießen und trotzdem seine Familie um sich haben kann. Er sehnt sich danach, nach der Arbeit nach Hause gehen zu können und seiner Familie von seinem Alltag zu erzählen. Mittlerweile ist ihm klar geworden, dass er nie richtig mit ihnen kommuniziert hat und wünscht sich diese Verbindung sehr.

Er weiß jetzt, was er tun muss, welche Richtung er einzuschlagen hat. Er hat kein Problem damit, immer wieder mal geschäftlich nach Großbritannien fliegen zu müssen. Er fliegt sehr gerne, im Flugzeug fühlt er sich im wahrsten Sinne des Wortes ‚beflügelt‘.

Der Patient hat einen Traum, den er als sehr ‚schön‘ beschreibt: „Ich laufe an einem Fluss entlang und habe das Bedürfnis, nichts zu stören. Alles ist ruhig, man kann eine Stecknadel fallen hören. Etwas weiter unten sehe ich einen Reiher, er steht auf der anderen Seite; sehr stolz, er strahlt Kraft aus, wie er da auf einem Bein steht. Er steht wie erstarrt da, völlig reglos. Es ist so ein großer Vogel und trotzdem ist er völlig im Gleichgewicht, schaut auf sein Spiegelbild im Wasser – beobachtet, wartet, geduldig…. So ruhig, so reglos, eins mit sich selbst. So fühle ich mich auch. Ich warte ab, bis das Leben sich vor mir entfaltet und ganz instinktiv weiß ich, was ich zu tun habe….

Übrigens: Meine Zahnschmerzen sind weg, auch meine Augen tränen nicht mehr so stark.

Ich liebe S. und die Kinder so sehr… ich habe sie gefunden.

Analyse
Die Analyse stützt sich auf Informationen aus Jonathan Shores Werk, Rajan Sankarans Schema 2006, den Goa-Vorlesungen in Indien 2006,
Seminaren mit B. und S. Joshi und der Prüfung von Jeremy Sherr.


Themen des Falles

Allgemeine Vogel-Themen: Loslösen, Objektivität, intuitives Wissen, konzeptionelles Denkvermögen (Überblick); spirituelles Bewusstsein,
Empathie, Beziehung, Freiheit, Reisen.

Essenz des Falles
Verbindung im Gegensatz zu Unabhängigkeit und Loslösen
Geduld; abwartend im Gegensatz zu zielstrebig
Ruhig im Gegensatz zu überwältigt
Etwas Verborgenes, Aktivität unter der Oberfläche; sehen im Gegensatz zu gesehen werden
Hals- und Kopfbeschwerden auf der körperlichen Ebene.

Ardea – die Perspektive des Reihers

Während der Prüfung fühlten sich die Prüfer Freunden, Familie und der Welt gegenüber sehr distanziert. Sie wollten frei sein, um ihren eigenen Weg gehen zu können und empfanden eine große innere Ruhe, wenn ihnen dies gewährt wurde. Eigene Vorstellungen in Bezug auf ihre Arbeit und ihre Ziele wurden vehement verteidigt. Hindernisse im Weg führten zu Frust und Reizbarkeit. Die Meinung anderer ist nicht wichtig, es gibt kein Bedürfnis zu kommunizieren.
Sie betrachten das Leben aus einer anderen Perspektive, der Intellekt strukturiert sich entlang eigenen Konzepten und Ideen, mit einer dynamischen Verlagerung der Schwerpunkte.

Die Fallaufnahme wurde nach der Empfindungsmethode geführt, aber folgende Rubriken sind ebenfalls vertreten:

Zähne: Verschoben, Gefühl als hätten sich die Zähne. Lage; geändert; als hätte sich die

Hals, innerer:
Zusammenschnürung, Ersticken

Augen: Tränenfluss, ständig; Tränen, scharf, salzig,  brennend, Hitze allgemein

Gemüt: Gedanken versunken, in; gedankenverloren. Alleinsein; Gefühl, allein zu sein; Furcht, Meinung anderer, vor der; Stress, überwältigt von; Geduld; abgesondert; Gefühl wie; fleißig; Manie, Arbeitswut

Kanadareiher (Ardea herodias)

Der Kanadareiher gehört zu den Schreitvögeln und ist in Nordamerika heimisch. Auf der Jagd steht er völlig reglos im Wasser und wartet, bis ein Fisch vorbeischwimmt. Zum Fang stürzt er sich blitzschnell ins Wasser. Der Reiher schreitet im flachen Wasser, ohne dass sich das Wasser kräuselt oder Schlamm aufgewirbelt wird. Das Mittel wurde von Jonathan Shore geprüft.

Der Gemütszustand des Mittels wird von Peter Fraser in seinem Buch ‚Vögel in der Homöopathie‘ sehr treffend beschrieben.

Das Empfinden der Ruhe und des Losgelöst-seins wurde von den Prüfern als überwältigendes Merkmal dieses Mittels genannt und vielfach klinisch bestätigt. Die Themen Stille, Losgelöst-sein und eine Empfindung des Schwebens und der Meditation finden wir bei vielen Vogelmitteln, aber nur bei den Reihern handelt es sich hierbei um die zentrale Empfindung. Es herrscht eine außerordentliche Stille, es muss nichts gesagt werden. Diese stille, kontemplative Grundstimmung führt dazu, dass diese Menschen die Rolle eines Beobachters spielen, sie nehmen nicht am Leben teil. Die Erwartung, dass etwas passieren wird ist da, aber aufgrund ihres distanzierten Wesens können diese Menschen warten, bis die Zeit dafür reif ist. Weil sie verstehen, dass alles in einem eigenen Tempo geschieht, können sie abwarten bis tatsächlich etwas passiert.

Dieses Distanzempfinden wird besonders in den Beziehungen zu Menschen deutlich, die einem Ardea-Patienten nahestehen. Selbst geliebten Menschen gegenüber empfinden sie eine gewisse Distanz, was aber nicht heißt, dass sie keine tiefen Gefühle hegen können oder überhaupt nicht in der Lage sind zu lieben. Der Reiher hat die nötige Distanz um eine Situation so wahrzunehmen, wie sie wirklich ist, er erkennt den tieferen Sinn des Lebens.

Jonathan Shore hat außerdem den euphorischen Aspekt des Mittels herausgearbeitet, die beflügelnden, glücklichen Gefühle, aber auch die tief gehende Traurigkeit.

Mythologie
Der Kanadareiher symbolisiert das Gleichgewicht zwischen der maskulinen und femininen Energie. Er bewegt sich im Einklang mit seiner Intuition, seinem intuitiven Wissen und seiner Anmut.

Fotos: Shutterstock: Young pensive man in nature background_45550666© Luna vandoorne
Kategorien: Fälle
Stichwort:

losgelöst, Ablösung, getrennt, Verbindung, befreiend, ruhig, Stille, Kontemplation, Reflektion, Geduld, Zeit zum Nachdenken, Einzelgänger
Mittel: Ardea herodias



 

Frei und ungebunden zu sein ist sehr befreiend:
ein Fall von Kanadareiher (Ardea herodias)

 von Marion Cattley

 

Der 41-jährige Patient kommt zu mir in die Sprechstunde,
weil seine Schwester darauf bestanden hat.
Er leidet unter Zahnbeschwerden,
bei denen der Zahnarzt nicht helfen kann.


Marion Cattley (MC):
Erzählen Sie mir bitte, was mit Ihren Zähnen los ist…

Patient (P):
Meine Schwester sagte mir, dass Sie mir bestimmt helfen können. Eigentlich mache ich mir gar nicht so viele Gedanken. Ich denke, ich werde einfach eine Weile warten müssen und dann wird sich das Problem wieder von selbst lösen, dann wird wieder alles ganz normal sein. Ich durchlebe gerade eine Krise und man sagt mir, ich sei viel zu entspannt deswegen. Alle sagen, ich sollte etwas tun, aber ich sehe keine Notwendigkeit dafür.

Ich habe mich verändert und das, was mir früher wichtig war, hat an Bedeutung verloren. Ich bin ruhiger geworden und bin gern allein. Es ärgert mich, dass die Leute mich dazu bewegen wollen, aktiver zu sein, mich abzulenken. Mir geht es gut, wenn ich alleine bin; aber niemand will das hören. Im Moment ist es gut so, wie es ist. Ich möchte einfach in Ruhe gelassen werden. Ich möchte Zeit für mich haben und meinen Gedanken nachhängen können. Die Leute glauben immer, sie würden mir etwas Gutes tun.

Meine Schwester glaubt, dass ich einen Nervenzusammenbruch habe, weil ich wie weggetreten bin und auf nichts mehr anspreche – also, wenn das ein Nervenzusammenbruch sein soll, dann fühlt sich das richtig gut an. Ich habe mich als Mann verändert und meine Freunde erkennen mich nicht wieder – aber das ist ihr Problem, nicht meins. Ich weiß, dass es für alles, was im Leben passiert, einen Grund gibt. Im Moment weiß ich nur nicht so genau, was das für mich und mein Leben bedeutet. Vielleicht war ich schon immer ein Einzelgänger und wusste es nur nicht. Vielleicht hat mich das Leben selbst erstickt?

MC: Was ist mit Ihren Zähnen?

P: Ich habe Zahnschmerzen, das hatte ich noch nie. Ich kann nicht mehr richtig kauen. Mittlerweile vermeide ich es, mein Essen zu kauen und schlucke es einfach herunter. Das ist natürlich alles andere als ideal, weil ich davon manchmal Verdauungsbeschwerden bekomme.

MC:
Erzählen Sie mehr…

P: Das war es eigentlich schon – ich habe Zahnschmerzen und kann mein Essen nicht kauen. (lange Pause) Mehr kann ich nicht dazu sagen, es sind Zahnschmerzen, die dazu führen, dass ich mein Essen nicht mehr so gut kauen kann.

MC: Erzählen Sie mir bitte noch mehr über diesen Schmerz, der das Kauen unmöglich macht.

P: Es ist einfach ein Schmerz – es fühlt sich an, als hätte ich an dieser Stelle einen Zahn verloren - er ist nicht mehr da, aber die Stelle schmerzt, als wäre der Zahn noch da. Es fühlt sich fast so an, als würden meine Zähne in die verbleibende Lücke gezerrt und sie schmerzen, weil sie in diese Lücke gezogen wurden, um den fehlenden Zahn zu ersetzen. Meine Augen tränen auch, vor allem bei Wind. Ich habe das untersuchen lassen, aber auf dem Röntgenbild war nichts zu sehen. Ich habe ja eigentlich gar keine Zahnlücke, obwohl es sich so anfühlt.

MC: Wie fühlt sich das an, wenn die Zähne in die Lücke gedrängt werden und deswegen schmerzen? Weil sie die Lücke ausfüllen sollen?
P: Ich sage ja nicht, dass es tatsächlich so ist; ich sage nur, dass es so sein könnte.

MC: Das ist sehr gut, genau das möchte ich wissen. Ihre Beschreibung hilft mir sehr, machen Sie sich bitte keine Sorgen, erzählen Sie einfach weiter und folgen Sie Ihren Gedanken…  Ihre Zähne müssen die Lücke füllen und das verursacht Schmerzen….

P: Nein, es tut nur weh, mehr kann ich dazu nicht sagen.

MC: Was sagt Ihr Zahnarzt dazu?

P: Er sagt, dass es keinen Grund für die Schmerzen gibt. Die Röntgenaufnahmen sind in Ordnung, also kann mein Leben weitergehen und die Schmerzen auch. Er war nicht sonderlich hilfreich, aber zumindest habe ich ihn nicht an mir herumfummeln lassen.

MC: Stellen Sie sich bitte noch einmal vor, wie das ist, wenn Ihre Zähne in die Lücke geschoben werden und deswegen schmerzen….

P: Na, das ist doch das, was die Zahnärzte mit dir machen würden. Sie würden die Lücke nicht einfach so stehen lassen; sie würden dir eine Zahnspange machen – das heißt, wenn man ein Kind ist – um die Zähne geradezurücken, damit keine Lücke entsteht.

MC: Wie fühlt sich das an – ohne Lücke?

P: Irgendwie eng, kein Platz – man wird gezwungen irgendwo hin zu gehen, wo man eigentlich nicht hingehen will. Immer beschäftigt sein, keine Zeit zum Nachdenken haben, keine Zeit, sich selbst zu sein. Die Lücke hat schon etwas Gutes.

MC: Warum ist die Lücke gut?

P: Sie ist nur für sich selbst da und das ist gut so. Die Lücke steht alleine, hat Abstand zu den anderen und das fühlt sich gut an. Da ist Platz und es gibt keinen Grund, diesen Platz zu füllen. Sie steht getrennt von den anderen Zähnen und macht etwas deutlich, eine deutliche Ansage. Jeder kann es sehen. Sie sieht vielleicht nicht so gut aus, aber die Lücke schert sich nicht darum, ob sie passt oder nicht. Sie hat erfolgreich Widerstand geleistet und hat es nicht zugelassen, dass die anderen Zähne aufrücken und die Lücke schließen. Sie hat die Kraft, sich allem und jedem zu widersetzen. Sie weiß, was sie will. Sie ist glücklich und zufrieden, sehr individuell. Jeder merkt, dass sie etwas Besonderes ist, weil sie anders aussieht (der Patient macht eine lange Pause und schaut aus dem Fenster – er sitzt sehr still und starrt vor sich hin).

Hm, das ist wirklich eine erstaunliche Erfahrung…. Sie haben mich dazu gebracht, über mich selbst zu reden, was ich normalerweise nicht mache. Aber es fühlt sich gut an, etwas surreal, aber ich fühle mich sicher. Meine Zähne haben einen Moment lang auch aufgehört, weh zu tun. Ich fühle mich erleichtert.
Ihnen ist sicher schon aufgefallen, dass ich über mich selbst spreche, wenn ich von der Lücke erzähle. Ich wurde ja dazu gezwungen, mich den anderen anzuschließen. Es ist sehr schwierig für mich im Moment; meine Frau (sie ist Amerikanerin) ist wieder nach Amerika zurückgegangen und hat die Kinder mitgenommen, damit sie dort zur Schule gehen können. Das Merkwürdige dabei ist, dass das in Ordnung ist für mich. Die Trennung fühlt sich gut an, aber alle erwarten, dass ich meine Frau dafür hasse. Aber sie hat mir doch nichts getan. Warum sollte ich sie hassen? Sie hat Recht, es musste so kommen. Ich hatte ja nie Zeit ihr zuzuhören. Ich arbeite als Webdesigner, es ist eine hektische Welt, du bist allein da draußen und ich war immer nur abends da – selbst an den Wochenenden habe ich gearbeitet. Ich hatte zu viel zu tun, hatte nie Zeit nachzudenken, mich selbst zu sein, mich selbst kennenzulernen. Die ganze Sache hat mir einen Gefallen getan. Ich bin mir nicht sicher, ob ich etwas ändern muss, aber im Moment genügt es mir, allein zu sein mit mir selbst.

Alle denken, ich müsste absolut verzweifelt sein. Alle glauben, ich würde Drogen nehmen, weil ich so ruhig und gelassen bin. Meine Schwester sagt, ich sei wie weggetreten. Ich gehe jetzt anders an meine Arbeit heran. Ich lasse jetzt zu, dass sich die Dinge viel mehr entwickeln, das braucht Zeit und es ist in Ordnung – warum sollte ich hetzen? Es wird alles gut. Unsere Ehe, die Kinder – sie sind immer noch da, wir brauchen einfach nur Zeit, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Einfach da zu sein – das ist ein sehr kraftvoller Zustand, so etwas habe ich vorher noch nie empfunden.

Ich brauche Hilfe, um das für mich zu verarbeiten – dass sie jetzt in den USA sind. Und dass es für mich in Ordnung ist, so distanziert zu sein.

Ich weiß, um was es hier geht. Ich habe ein Gespür für diese Dinge, ich kenne mich selbst sehr gut. Es geht um mein Empfinden, meine Distanz, aber auch um meine Verbindung zu meiner Familie.

MC: Erzählen Sie mehr darüber…

P: Distanziert, losgelöst zu sein ist sehr befreiend. Ich habe Zeit nachzudenken. Meine Freunde wollen mir ständig Ratschläge geben, wissen aber eigentlich gar nicht, wie es mir geht. Ich stehe an der Seitenlinie und schaue zu, wie sich mein Leben vor mir entfaltet, ich warte ab und beobachte, bis ich weiß, was ich zu tun habe. Ohne Eile, ich lasse es einfach geschehen.

S., meine Frau, hat mir die Kinder nicht weggenommen. Seit fünf oder sechs Jahren hat sie versucht, mit mir zu reden und ich wollte nicht zuhören. Ich hatte nie Zeit. Sie hat Recht, sie musste das für sich tun. Ich hasse sie nicht, ich liebe sie, sie hat mir das nicht angetan. Ich muss sie deswegen nicht angreifen. Sie weiß, was für unsere Familie am besten ist und wartet darauf, dass ich auch so weit bin – ohne Druck. Sie ist der wunderbarste, gelassenste Mensch, den ich kenne, aber ich weiß nicht, wie ich eine Beziehung zu ihr aufbauen soll. Sie ist sehr sensibel, sehr einfühlsam; ich war nie so, glaube ich, aber jetzt – na ja, jetzt kann ich vieles spüren und beobachten, ich kann die Dinge sehen. Das habe ich vorher noch nie gemacht.

MC: Was heißt spüren, beobachten, sehen?

P: Ich warte ab. Ich habe Zeit, alle Zeit der Welt. Ich will einfach nur still dastehen und die Welt beobachten, die sich um mich herum dreht. Es gibt so viele Dinge, die ich nie zuvor gesehen habe, die Wunder dieser Welt und die wunderbare Natur um uns herum.

MC: Was sehen Sie?

P: Nur mich, alleine, ganz ruhig in einer Umgebung, in der ich entspannen kann – ich bewege mich nicht, bin völlig reglos, beobachte, spüre die Luft, atme die Luft, rieche die Luft, schaue in den Himmel und staune, weil es alles so wunderbar ist. Ich brauche nichts, denn ich habe alles – ich bin zufrieden. Ich kann stundenlang so verharren, aber wenn es dunkel wird gehe ich zu meiner Familie zurück. Am nächsten Tag komme ich wieder, ganz alleine, abgetrennt von der Welt. Ich spüre die Euphorie.

MC: Wo sind Sie?

P: Alleine am Fluss, ich stehe am Flussufer und angle. Es ist ein wunderschöner Tag, niemand ist da, es ist ganz ruhig, Stille und Ruhe. Ich habe Angst mich zu bewegen, weil der Zauber verschwinden könnte, aber ich kann mich lautlos bewegen, ganz ruhig, ohne einen Laut von mit zu geben, selbst das Wasser bleibt unberührt, nichts bewegt sich, es ist so ruhig und still. Ich bin eins mit dem Universum. Es ist ein Privileg, dies alles zu haben. S. hat mich zu ihr gebracht ohne es zu wissen. Es wäre so einfach gewesen, dem Rat meiner Freunde zu folgen und sie zu zerstören, als sie ging. Aber das wollte ich nicht. Sie ist einfach aus dem Nest geflogen und eines Tages werde ich ihr nachfliegen um mit ihr sein zu können.

Verschreibung: Ardea herodias, der Kanadareiher  

Follow-up
Fünf Wochen später: Der Patient hat seine Arbeitskollegen davon überzeugen können, eine Dependance der Firma in Amerika zu eröffnen. In drei Monaten wird er seiner Familie nach Amerika folgen. Seine Frau und Kinder hat er bereits dort besucht und die Familie freut sich sehr, dass er zu ihnen kommen wird. Er erzählt, dass er sich sehr verändert habe. Seine Frau sagt, er sei wieder der Mann, den sie geheiratet hat. Sie musste eine Entscheidung treffen, um zu sehen, ob er innehalten und nachdenken würde über sein Leben. Sie ging ein kalkuliertes Risiko ein und behielt Recht.

Acht Wochen später: Er genießt seine Zeit alleine noch immer. Die Familie ist gerade dabei in den USA ein Haus zu kaufen – durch das Grundstück führt ein Fluss, an den er sich zurückziehen, in Ruhe die Natur genießen und trotzdem seine Familie um sich haben kann. Er sehnt sich danach, nach der Arbeit nach Hause gehen zu können und seiner Familie von seinem Alltag zu erzählen. Mittlerweile ist ihm klar geworden, dass er nie richtig mit ihnen kommuniziert hat und wünscht sich diese Verbindung sehr.

Er weiß jetzt, was er tun muss, welche Richtung er einzuschlagen hat. Er hat kein Problem damit, immer wieder mal geschäftlich nach Großbritannien fliegen zu müssen. Er fliegt sehr gerne, im Flugzeug fühlt er sich im wahrsten Sinne des Wortes ‚beflügelt‘.

Der Patient hat einen Traum, den er als sehr ‚schön‘ beschreibt: „Ich laufe an einem Fluss entlang und habe das Bedürfnis, nichts zu stören. Alles ist ruhig, man kann eine Stecknadel fallen hören. Etwas weiter unten sehe ich einen Reiher, er steht auf der anderen Seite; sehr stolz, er strahlt Kraft aus, wie er da auf einem Bein steht. Er steht wie erstarrt da, völlig reglos. Es ist so ein großer Vogel und trotzdem ist er völlig im Gleichgewicht, schaut auf sein Spiegelbild im Wasser – beobachtet, wartet, geduldig…. So ruhig, so reglos, eins mit sich selbst. So fühle ich mich auch. Ich warte ab, bis das Leben sich vor mir entfaltet und ganz instinktiv weiß ich, was ich zu tun habe….

Übrigens: Meine Zahnschmerzen sind weg, auch meine Augen tränen nicht mehr so stark.

Ich liebe S. und die Kinder so sehr… ich habe sie gefunden.

Analyse
Die Analyse stützt sich auf Informationen aus Jonathan Shores Werk, Rajan Sankarans Schema 2006, den Goa-Vorlesungen in Indien 2006,
Seminaren mit B. und S. Joshi und der Prüfung von Jeremy Sherr.


Themen des Falles

Allgemeine Vogel-Themen: Loslösen, Objektivität, intuitives Wissen, konzeptionelles Denkvermögen (Überblick); spirituelles Bewusstsein,
Empathie, Beziehung, Freiheit, Reisen.

Essenz des Falles
Verbindung im Gegensatz zu Unabhängigkeit und Loslösen
Geduld; abwartend im Gegensatz zu zielstrebig
Ruhig im Gegensatz zu überwältigt
Etwas Verborgenes, Aktivität unter der Oberfläche; sehen im Gegensatz zu gesehen werden
Hals- und Kopfbeschwerden auf der körperlichen Ebene.

Ardea – die Perspektive des Reihers

Während der Prüfung fühlten sich die Prüfer Freunden, Familie und der Welt gegenüber sehr distanziert. Sie wollten frei sein, um ihren eigenen Weg gehen zu können und empfanden eine große innere Ruhe, wenn ihnen dies gewährt wurde. Eigene Vorstellungen in Bezug auf ihre Arbeit und ihre Ziele wurden vehement verteidigt. Hindernisse im Weg führten zu Frust und Reizbarkeit. Die Meinung anderer ist nicht wichtig, es gibt kein Bedürfnis zu kommunizieren.
Sie betrachten das Leben aus einer anderen Perspektive, der Intellekt strukturiert sich entlang eigenen Konzepten und Ideen, mit einer dynamischen Verlagerung der Schwerpunkte.

Die Fallaufnahme wurde nach der Empfindungsmethode geführt, aber folgende Rubriken sind ebenfalls vertreten:

Zähne: Verschoben, Gefühl als hätten sich die Zähne. Lage; geändert; als hätte sich die

Hals, innerer:
Zusammenschnürung, Ersticken

Augen: Tränenfluss, ständig; Tränen, scharf, salzig,  brennend, Hitze allgemein

Gemüt: Gedanken versunken, in; gedankenverloren. Alleinsein; Gefühl, allein zu sein; Furcht, Meinung anderer, vor der; Stress, überwältigt von; Geduld; abgesondert; Gefühl wie; fleißig; Manie, Arbeitswut

Kanadareiher (Ardea herodias)

Der Kanadareiher gehört zu den Schreitvögeln und ist in Nordamerika heimisch. Auf der Jagd steht er völlig reglos im Wasser und wartet, bis ein Fisch vorbeischwimmt. Zum Fang stürzt er sich blitzschnell ins Wasser. Der Reiher schreitet im flachen Wasser, ohne dass sich das Wasser kräuselt oder Schlamm aufgewirbelt wird. Das Mittel wurde von Jonathan Shore geprüft.

Der Gemütszustand des Mittels wird von Peter Fraser in seinem Buch ‚Vögel in der Homöopathie‘ sehr treffend beschrieben.

Das Empfinden der Ruhe und des Losgelöst-seins wurde von den Prüfern als überwältigendes Merkmal dieses Mittels genannt und vielfach klinisch bestätigt. Die Themen Stille, Losgelöst-sein und eine Empfindung des Schwebens und der Meditation finden wir bei vielen Vogelmitteln, aber nur bei den Reihern handelt es sich hierbei um die zentrale Empfindung. Es herrscht eine außerordentliche Stille, es muss nichts gesagt werden. Diese stille, kontemplative Grundstimmung führt dazu, dass diese Menschen die Rolle eines Beobachters spielen, sie nehmen nicht am Leben teil. Die Erwartung, dass etwas passieren wird ist da, aber aufgrund ihres distanzierten Wesens können diese Menschen warten, bis die Zeit dafür reif ist. Weil sie verstehen, dass alles in einem eigenen Tempo geschieht, können sie abwarten bis tatsächlich etwas passiert.

Dieses Distanzempfinden wird besonders in den Beziehungen zu Menschen deutlich, die einem Ardea-Patienten nahestehen. Selbst geliebten Menschen gegenüber empfinden sie eine gewisse Distanz, was aber nicht heißt, dass sie keine tiefen Gefühle hegen können oder überhaupt nicht in der Lage sind zu lieben. Der Reiher hat die nötige Distanz um eine Situation so wahrzunehmen, wie sie wirklich ist, er erkennt den tieferen Sinn des Lebens.

Jonathan Shore hat außerdem den euphorischen Aspekt des Mittels herausgearbeitet, die beflügelnden, glücklichen Gefühle, aber auch die tief gehende Traurigkeit.

Mythologie
Der Kanadareiher symbolisiert das Gleichgewicht zwischen der maskulinen und femininen Energie. Er bewegt sich im Einklang mit seiner Intuition, seinem intuitiven Wissen und seiner Anmut.

Fotos: Shutterstock: Young pensive man in nature background_45550666© Luna vandoorne
Kategorien: Fälle
Stichwort:

losgelöst, Ablösung, getrennt, Verbindung, befreiend, ruhig, Stille, Kontemplation, Reflektion, Geduld, Zeit zum Nachdenken, Einzelgänger
Mittel: Ardea herodias







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